ich möchte mal meine Erfahrungen mit Blutdrucksenkern hier festhalten:
Ende 2009 begann mein Hausarzt mich wegen hohem Blutdruck zu behandeln, der durch Zufall bemerkt wurde. Ich war zu dem Zeitpunkt 29 (188cm, 95kg) und dachte mir nicht viel dabei, Job war stressig und mein Vater nahm auch Tabletten gegen hohen Blutdruck, ohne erkennbare Probleme. Ich bekam einen ACE Hemmer, mit dem der Blutdruck OK war. Ich bemerkte von den Tabletten nichts und war gut zufrieden.
Etwa ein Jahr später begannen die Probleme, die ich überhaupt nicht auf die Tabletten zurückführte. Ich wurde plötzlich nachts wegen massiver Zahnschmerzen im Unterkiefer wach, für die mein Zahnarzt keinen beschädigten Zahn als Ursache finden konnte, in den nächsten Monaten ging es mir dann immer schlechter: Gesichtsschmerzen, Rückenschmerzen, weiter Zahnschmerzen, ständig den Mund trocken, immer müde, gefühlt erkältet und schwindelig, bis ich praktisch nicht mehr leben wollte und ständig nur noch schlief.
Mein Arzt wusste damit nichts anzufangen und konnte nie etwas finden, wenn ich mich über all die Beschwerden beschwerte. Irgendwann testete ich dann mal, ob es mir nicht vielleicht ohne die Blutdrucksenker besser geht. Es war wie ein Wunder, innerhalb von 3 Tagen waren alle Beschwerden weg, alle Schmerzen, alle Müdigkeit, ich merkte plötzlich wieder wie schön alles ist, alles roch und schmeckte wieder gut, alles toll. Ich war natürlich super glücklich die Ursache für meinen Zustand gefunden zu haben.
Leider konnte mein Arzt überhaupt nichts damit anfangen als ich ihm davon erzählte, und sagte ich soll doch bitte die Tabletten weiter nehmen, ich hätte ja schließlich hohen Blutdruck und das wäre wichtig. Von solchen Problemen hätte er noch nie gehört. Ich bestand darauf ein anderes Medikament zu bekommen und bekam ein Probierpackung eines AT-1 Antagonisten. Diesen nahm ich einige Tage ein, bekam davon aber wieder ähnliche Probleme. Ich hatte starke Schmerzen im Gesicht, im Kiefer, konnte kaum mehr schlafen, weil überall die Muskeln weh taten und es legte sich wieder ein Schleier über meine ganze Wahrnehmung, der mir jedes positive Gefühl nahm und sich anfühlte wie die absolute Hölle. Ich wollte so nicht mehr leben, ich bekam Panik und Heulanfälle vor Verzweifelung. Ich entschied die Tabletten abzusetzen und jetzt erst mal zu versuchen den Blutdruck mit ausgiebigen Sport zu senken.
Das tat ich ca. ein halbes Jahr, in dem es mir gut ging, mein Kopf war klar, ich war fit und wach, lediglich die Angst vor den Tabletten und dem Bluthochdruck begleitete mich von dort an. Ich machte täglich intensiv Sport und nahm etwa 15 Kilo ab, der Blutdruck wurde leider überhaupt nicht besser.
Ich erzählte meinem Hausarzt wieder davon und kam zu einem Kardiologen, der dann aber auch nichts machte, außer den hohen Blutdruck festzustellen und zu sagen, ich soll doch einfach die Tabletten weiter nehmen, obwohl ich ihm von den Problemen ausführlich erzählt hatte. Ich bestand wieder auf neuen Tabletten, die ich noch nicht hatte, und bekam einen Betablocker, der zuerst auch erstaunlich gut funktionierte. Einige Wochen kam ich damit klar, der Blutdruck war in einer Langzeitmessung damit gut, ich war zufrieden.
Leider hielt auch das nicht sehr lange und nach ca. 2 Monaten wurde mir wieder so schwindlig und meine Stimmung ging so krass in den Keller, dass ich wieder nicht mehr leben wollte. So kam ich schließlich zu einem Psychiater, dem ich die Problematik ausgiebig schildern durfte. Es kam wie es kommen musste, es hieß dann natürlich „Probieren Sie doch mal einen Stimmungsaufheller“. Da ich verzweifelt genug war hab das akzeptiert, auch wenn ich es total bescheuert finde Medikamente gegen die Nebenwirkungen anderer Medikamente zu nehmen. Nach dem ich den SSRI ca. 2 Monate genommen hatte besserte sich meine Stimmung sogar und mir ging es für etwas über ein Jahr ziemlich gut, dann ging die Stimmung leider wieder in den Keller.
Ich setzte erneut die Blutdrucktabletten ab und meine Stimmung schoss in ungeahnte Höhen, ich war plötzlich so euphorisch, dass es fast schon unnormal war.
Mit dem Psychiater spreche ich regelmäßig über alle diese Zustände, aber er ist da auch ratlos. Er sagt es wäre keine richtige Depression wenn es ohne die Blutdrucksenker wieder besser wird. Ich habe ihm gesagt, ich würde die Tabletten nicht mehr nehmen und lieber riskieren daran zu sterben, als den Rest meines Lebens mit diesen depressiven Zuständen zu verderben. Dazu sagte er nur, dass er mir das nicht raten, es aber verstehen könne. Und so sind wir dann verblieben.
Meine Hausarzt ist weiterhin der Meinung ich hätte „Befindlichkeiten“.
Aus Angst vor Herzinfarkt und Schlaganfall versuche ich immer wieder die Tabletten zu nehmen, manchmal funktioniert es einige Wochen oder Monate bevor es wieder so unerträglich wird, dass ich keinen Ausweg sehe außer die Tabletten wieder abzusetzen.
Dieses Thema kontrolliert jetzt die letzten 5 Jahre mein Leben vollständig. Ich war mal leistungsfähig und mit meinem Leben zufrieden, aber seit diese Probleme begonnen haben ist alles in meinem Leben kaputt gegangen das mir wichtig war. Mein Verstand ist getrübt, Freude habe ich an nichts mehr, ich lebe nur noch für die Hoffnung das es irgendwann wieder aufhört. Aber sich eh kein Arzt mit solchen Problemen ernsthaft befasst habe ich da wenig Hoffnung.
Ich wünschte ich hätte niemals meinen Blutdruck gemessen und wäre einfach irgendwann an einem Herzinfarkt gestorben und bis dahin glücklich gewesen.
Spoth
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