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Brillenstärke Kind

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  • Brillenstärke Kind

    Hallo,
    wir waren in vorgestern mit meiner Tochter beim Augenarzt. Sie ist 11 und hat schon eine Brille seit sie 6 Jahe als ist.
    Auf beiden Augen wurde nun +3.0 Dioptrien gemessen.

    Als sie jünger war, hatte sie niedrigere Dioptrien, aber sie wurde immer sehr schnell müde, wenn sie konzentriert in der Nähe arbeiten musste (Bügelperlen, Nähen etc.), deshalb wurde ihr die Brille trotz niedrigerer Dioptrien verschrieben.

    Sie kommt gut mit der Brille klar und zieht sie auch immer auf. Nur an den Wochenenden
    schlampern wir manchmal :-)

    Nun meine Fragen:
    - Warum wird die Brille bei Kindern immer weniger stark verordnet als die tatsächlich gemessenen Werte? - Ich habe vergessen beim Augenarzt zu fragen....
    - Ihre Dioptrienzahlen haben sich, seit sie 6 ist immer nur verschlechtert. Besteht noch eine Chance, dass sich das verwächst? 3 Dioptrien sind doch relativ viel, oder?
    - Würde es Sinn machen, dass sie die Brille nur in der Schule und bei den Hausaufgaben/beim Lesen aufsetzt? Dann würden sich die Augen ansonsten auch mal ohne Brille zurecht finden müssen... bringt das was?

    Grüße
    Maria


  • Re: Brillenstärke Kind

    Hallo, das ist ein sehr komplexes Thema, welches viele Aspekte beinhaltet. Zur Beantwortung Ihrer Fragen fehlt zudem leider ein wichtiger Messwert. Aber dazu später. Also....

    1. Kinder kommen, so ihre Entwicklung normal verläuft, immer etwas weitsichtig zur Welt. Diese Weitsichtigkeit nimmt im Vorschulalter i. d. R. noch etwas zu, dann mit zunehmendem Alter ab. Im Idealfall bleiben davon im Erwachsenenalter etwa noch 0,5 Dioptrien übrig.

    2. Um wegen dieser Weitsichtigkeit nicht schlechter sehen zu müssen, kann man zu deren Ausgleich einen Mechanismus nutzen, der sich "Akkommodation" nennt. Üblicherwiese setzen wir ihn nur zum Lesen und bei Tätigkeiten in der Nähe ein. Aber er kann auch bis zu einem gewissen Grad eine Weitsichtigkeit ausgleichen, was allerdings eine gewisse Anstrengung bedeutet, die macnhmal auch zu Problemen führen kann

    3. Kinder sind i. d. R. in der Lage, mittels Akkommodation ein Mehrfaches dessen auszugleichen, was hinsichtlich einer "normalen" Weitsichtigkeit eigentlich notwendig wäre. Deshalb benötigen sie meistens auch keine Brtille und haben dabei auch keine Beschwerden. Das kann sich jedoch ändern, wenn entweder die Weitsichtigkeit deutlich stärker ausfällt, als es für das Alter üblich ist, oder die Leistungsfähigkeit der Akkommodation nicht ausreicht.

    4. Sollte es also zu Beschwerden oder einer Verschlechterung der Sehschärfe kommen, ist oft eine Brille der beste Weg der Behandlung. Die Brillengläser müssen jedoch nicht unbedingt dem tatsächlichen Ausmaß der Weitsichtigkeit entsprechen, sondern können, wenn dem keine anderen Gründe entgegenstehen, durchaus auch schwächer ausfallen und dienen so nicht als eine Vollkorrektur der Fehlsichtigkeit, sondern sind nur eine Art Untrerstützung. Einen gewissen Anteil muß das Auge dann noch selbst leisten. Hierzu ist manchmal etwas Probieren notwendig, um die Werte zu finden, die als Korrektur am geeignetsten sind und nicht zu schwach oder zu stark ausfallen.

    5. Zur exakten Bestimmung der Weitsichtigkeit ist es jedoch unerlässlich, gerade Kinder vor einer Brillenbestimmung mit speziellen Tropfen vorzubereiten, die temporär das Sehen verschlechtern und die Pupillen erweitern. Anhand dieser "objektiven" Werte können dann die "subjektiven", abgeschwächten Brillengläser ermittelt werden, die für den Patient am besten erscheinen.

    6. Sollte eine Neigung zum Schielen bestehen oder sonstige Beschwerden vorhanden sein, ist solch eine Abschwächung der Brillengläser unbedingt zu vermeiden, und man wählt eine sog. Vollkorrektur, die i. d. R. den objektiv unter der Tropfenwirkung gemessenen Werten abzüglich einer halben Dioptrie entspricht.

    In Beantwortung Ihrer Frage kann man momentan wegen der Unkenntnis der "objektiven" Werte keine wirklich seriöse Aussage treffen. Vielleicht ist Ihre Tochter tatsächlich 5 dptr. weitsichtig und trägt eine um 2 dptr. abgeschwächte Brille. Dann hätte sie ohne Brille eine dauerhaufte Akkommodationsleistung von 5 dptr. zu leisten, was selbst beim Herumtoben zu Beschwerden führen könnte (und für eine Elfjährige deutlich über dem Normalmaß läge....). Andererseits haben normal entwickelte Kinder mit 11 Jahren durchaus eine Akkommodationsbreite von etwa 11-12 Dioptrien und sollten wenigstens über einen bestimmten Zeitraum keine Probleme bekommen.

    Die Tatsache, dass sich die Brillenwerte Ihrer Tochter hingegen in den letzten Jahren permanent "verschlechtert" haben, könnte bedeuten, dass man sie anfangs zu niedrig korrigiert hat, obgleich eine deutlich höhere Weitsichtigkeit bereits vorhanden war und man ggf. durch das Auftreten von Beschwerden einsehen musste, dass die Stärke der Gläser für ein beschwerdefreies Sehen nicht ausreicht. Ich würde Ihnen deshalb empfehlen, die Angelegenheit einmal mit der Orthoptistin (so es eine gibt) oder dem Augenarzt zu besprechen. Zum Herumtoben und beim Sport könnte sie die Brille möglicherweise weglassen, meiner Ansicht nach wäre dies jedoch immer nur eine Ausnahme.

    Es ist aber auch nicht zu unterschätzen, dass die Akkommodationsfähigkeit mit dem Älterwerden abnimmt. Es wird also für Ihre Tochter mit jedem Jahr schwieriger, ihre Weitsichtigkeit selbst auszugleichen, sowohl für die Ferne und um so mehr für die Nähe.

    Und zu Ihrer Frage "Bringt das was....": Nein (wenn Sie hoffen, dass sich dadurch die Weitsichtigkeit verringert). Weder das Tragen, noch das Nichttragen einer Brille verändern die optischen Verhältnisse unserer Augen. Ihre Tochter wird mit Brille sicherlich auch als Erwachsener immer besser und freier von Anstrengung sehen, also ohne.

    Und hier gibt's noch weitere interessante Informationen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperopie
    https://de.wikipedia.org/wiki/Akkommodation_(Auge)

    Kommentar


    • Re: Brillenstärke Kind

      Guten Tag, Maria,
      bei einer Weitsichtigkeit (die ja bei Ihrer Tochter vorliegt) sollte man tendenziell nicht unterkorrigieren, sondern so viel in die Brille geben, wie es Ihre Tochter toleriert. Es ist nicht von Vorteil, die Brille zwischendurch nicht zu tragen (aber auch kein "Drama"...).
      Mit freundlichen Grüßen, Priv.-Doz. Dr. med. A. Liekfeld

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