Kurzsichtigkeit nach Star-OP

[Ann77]

Hallo,
ich bin kurzsichtig (-4,-5) und werde mich am Star operieren lassen. Ich könnte eine Linse wählen, die eine leichte Kurzsichtigkeit von -1,5 erzeugt, kann mir aber nicht genau vorstellen, wie ich damit sehe, weil man ja nach der OP nicht mehr akkomodieren kann. Also: würde ich ohne Brille jemanden erkennen, der 10 Meter entfernt ist oder erkenne ich ihn erst, wenn er vor mir steht? Könnte ich theoretisch ohne Brille herumlaufen, solange ich nicht Auto fahre?
Hat jemand damit Erfahrungen gemacht oder weiß darüber Bescheid? Ich wäre dankbar für hilfreiche Hinweise!
Danke im Voraus!
Ann

[sally47]

Re: Kurzsichtigkeit nach Star-OP


hallo ann77, ich nochmal, das mit dem Sehen bei -1,5 kannst Du ja leicht ausprobieren. Dazu fällt mir folgendes ein: Gehe mal in ein Geschäft, wo diese billigen lesebrillen sind. Such Dir dann mal vom Ständer eine mit +3,5 aus und setze sie vor Deine Brille mit der -4, -5 dazu. Da hast Du in etwa auf dem Auge mit der -5 den Eindruck, was Du dann mit der Restkurzsichtigkeit noch sehen kannst..
alles Gute für die OP,
Sally

[Ann77]

Re: Kurzsichtigkeit nach Star-OP


Hallo sally47,
danke für die Idee, ich werde es probieren. Allerdings kann ich nicht die fehlende Akkomodation nach der OP simulieren, ich weiß nicht, wieviel das ausmacht. Trotzdem ein guter Tip!
Ann

[CyanX]

Re: Kurzsichtigkeit nach Star-OP


Liebe Ann77,
ja, ich habe meine Star-OP hinter mir und ich bin sehr glücklich. Meine Augen wurden im Abstand von zwei Wochen operiert. Die OP selbst hat etwa 20 Minuten gedauert. Danach wurde das Auge abgeklebt bis zum nächsten Tag. Dann hat der Arzt das Pflaster abgenommen und ich konnte sehen! Es war einfach unglaublich! Ich konnte ohne Brille sehen, das erste Mal nach so vielen Jahren als „Maulwurf“ (bei meinen damaligen Werten ist man ohne Brille einfach aufgeschmissen). Diesen Moment werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen.

Die OP ist sehr gut gelaufen, das Ergebnis einfach wunderbar. Ich musste dann für zwei Wochen ein Medikament tropfen, damit sich nichts entzündet. Außer einem leichten Kratzen habe ich keine Schmerzen gehabt.

Die Zeit zwischen den OPs war etwas schwierig, da nun der Unterschied zwischen dem bereits operierten Auge und dem anderen sehr groß war. Dadurch habe ich immer verzerrt gesehen und mir war schwindelig. Ich war dann ganz froh, dass eben nur zwei Wochen zwischen den OPs lagen.

Auch die zweite OP ist sehr gut verlaufen und auch hier konnte ich bereits am nächsten Tag richtig gut sehen. Es war von vornherein klar, dass meine Werte nicht auf „Null“ gehen würden. Ich bin dann letztendlich bei -0,75 und -1,5 zzgl. einer Hornhautverkrümmung von -2 gelandet. Im Vergleich zu den Ausgangswerten sind das für mich Traumwerte. Ich kann damit auch mal ganz ohne Brille herumlaufen, z.B. zuhause oder beim Spazierengehen.

Die Werte verändern sich in den ersten Wochen nach der OP noch minimal (bis die Linse ihren endgültigen Platz gefunden hat und dann festwächst) und so wurde nach ca. 6 Wochen die endgültige Brille angepasst. Ich habe eine Gleitsichtbrille bekommen. Davor hatte ich ein wenig Bammel, weil ich viele negative Sachen gehört hatte. Aber es war überhaupt kein Problem. Nach 1-2 Stunden hatte ich mich daran gewöhnt und war überglücklich, denn mit den neuen Werten konnte ich mir endlich eine randlose, super-leichte (10g) Brille anfertigen lassen. Allerdings sollte man bei den Gleitsichtgläsern auf eine gute Qualität achten, was leider seinen Preis hat.

Mit der Gleitsichtbrille komme ich gut zurecht, allerdings fahre ich damit nicht gern Auto. Da hierfür fast ausschließlich die „Fernsicht“ benötigt wird, man bei der Gleitsichtbrille also oben durchgucken muss, ist vor allem bei längeren Autofahrten die Kopfhaltung ein wenig anstrengend. Dafür nutze ich eine reine Fernbrille.

Die durch die künstlichen Linsen fehlende Akkomodation stört mich nicht wirklich. Ich konnte es mir vorher auch nicht vorstellen, welche Auswirkungen das hat, aber das einzige ist, dass ich ein wenig Schwierigkeiten habe, Entfernungen einzuschätzen. Ansonsten merke ich das eigentlich gar nicht. Außerdem wird es durch die Gleitsichtbrille ausgeglichen. Auch das Kontrastsehen ist ein wenig herabgesetzt, so dass ich in schummrigem Licht auch nicht so gut sehen kann – brauche immer viel Licht, ist aber nicht wirklich ein Problem.

Witzig ist, dass ich im Dunkeln (dann sind ja die Pupillen weit geöffnet) bei bestimmten Lichtquellen die Ränder der eingesetzten Linse sehen kann bzw. einen glitzernden Strahlenkranz. Ist aber nicht schlimm und auch nicht störend – man starrt ja auch nicht ständig in die Lichtquellen.

Die Linsen selbst merke ich überhaupt nicht. Inzwischen hatte ich auch den sogn. Nachstar, der wohl besonders bei relativ jungen Patienten schneller auftritt. Er wurde mit Hilfe von Laser innerhalb von wenigen Minuten beseitigt und seitdem bin ich auf beiden Augen bei 100%.

Ich bin überglücklich mit dem Ergebnis und sehr dankbar, dass es diese OP gibt. Es wurde nicht nur der Graue Star beseitigt, sondern auch ein Großteil meiner sehr hohen Minus-Werte. Zwar darf ich nicht vergessen, dass das Auge natürlich nach wie vor insgesamt „kurzsichtig“ ist (also zu lang gebaut) und damit die Netzhaut weiterhin den daraus resultierenden Spannungen unterliegt und entsprechend regelmäßig untersucht werden muss. Aber da ich bereits seit dem 7.Lebensjahr eine Brille mit stetig wachsenden Minus-Werten getragen habe, ist der jetzige Zustand ein wahrer Segen für mich.

Noch mal konkret zu Deinen Fragen: Ja, Du wirst mit den Zielwertenauch ohne Brille herumlaufen können. Es ist dann sicher nicht alles so scharf wie mit Brille. Aber ich habe gerade noch einmal probiert und ohne Brille aus dem Fenster geschaut. Ich kann sehr gut auf der gegenüberliegenden Straßenseite (vierspurig mit breitem Grünstreifen in der Mitte) auf der Tankstelle alles sehen und würde sicher auch einen bekannten Menschen erkennen (wenn ich vielleicht auch nicht seine Mimik genau sehen kann) - 10m sollten also kein Problem sein.

Ich muss immer lachen, wenn meine Schwester und ich im Supermarkt sind. Bei ihr setzt die Alterssichtigkeit ein und so kann sie ohne Brille kaum noch lesen. Dann hält sie mir immer die Sachen hin, damit ich nach den Inhaltsstoffen gucke, die ich dann ohne Brille gut sehen kann. Das hätte ich mir nie im Traum gedacht, dass ich das noch mal erlebe.

(Puhh, das ist jetzt aber lang geworden.)

Liebe Ann, ich drücke Dir die Daumen für Deine OP und wünsche Dir, dass Dein Ergebnis auch so gut ausfällt. Vielleicht magst Du ja berichten, wie es Dir ergangen ist. Und falls Du noch Fragen hast, werde ich gern versuchen, sie mit meiner Erfahrung zu beantworten – denn ich weiß von damals, dass man genau zu diesen Fragen kaum Antworten findet.

Liebe Grüße
CyanX

[Ann77]

Re: Kurzsichtigkeit nach Star-OP


Lieber CyanX,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht! Ich hatte mir in den letzten Tagen ziemliche Sorgen gemacht und war nach dem Lesen Deines Textes schon wesentlich zuversichtlicher. Die beratende Ärztin in der Klinik war nicht sehr gesprächig und wollte offensichtlich schnell Feierabend machen. Ich habe mich inzwischen anderweitig informiert und viel recherchiert. Aber die persönlichen Erfahrungen von Menschen in ähnlicher Lage sind wieder etwas ganz anderes und helfen doch sehr.
Ich werde in einer Woche operiert und berichte Dir dann (sobald ich lesetechnisch in der Lage bin), wie die Lage ist. Wenn noch eine Frage auftaucht, melde ich mich.
Nochmal danke für Dein Interesse, es ist erfreulich, wenn sich Leute für ihre Mitmenschen interessieren, anders als manche Ärzte.
Viele Grüße
Ann

[CyanX]

Re: Kurzsichtigkeit nach Star-OP


Liebe Ann,
ich helfe gern, weil ich genau weiß, wie Du Dich fühlst. Auch ich war damals sehr unsicher und habe ganz viel im Internet recherchiert. Natürlich habe ich viel über das Thema Grauer Star und die OP selbst gefunden,. Aber kaum etwas über die Zeit danach. Also finde ich es sehr wichtig, auch mal darüber zu berichten und freue mich, wenn es hilft, ein wenig die Unsicherheit zu verringern.

Alles Gute für Dich
Cyan