Obwohl ich hoffe, in diesem Forum falsch zu sein, möchte ich erzählen, wie es weitergegangen ist: Denen, die mir im Jänner so lieb zugeredet haben, sage ich noch mal ein herzliches Dankeschön!
Nachdem bei einer Schädel-MRT als unerwarteter Zufallsbefund eine deutliche Großhirnatrophie festgestellt worden war, hatte ich gehofft, dass man im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes die Ursachen dieser Atrophie herausfinden würde. Dabei hatte ich die Vorstellung, dass man auf ein einmaliges schädigendes Ereignis in der Vergangenheit stoßen könnte oder wenigstens einen Prozess finden würde, den man aufdecken und stoppen könnte.
Im Krankenhaus ist man anders an die Sache herangegangen. Man hat von vornherein das Augenmerk nur auf die Gegenwart und den Ist-Zustand gerichtet. Eine SPECT-Untersuchung meines Gehirns hat keinen Hinweis auf ein „primäre degeneratives Geschehen“ aufgedeckt. Allerdings ist im Befund die Rede von „incipienten mikrovaskulären Veränderungen in der Großhirnrinde“.
Zu einem großen Problem ist mir die Ankündigung meiner Ärzte geworden, neuropsychologische Tests zu machen: Meine Angst vor diesen Tests ist riesengroß. Das mag daran liegen, dass ich mir ehrlicherweise doch eingestehen muss, dass meine Hirnleistung in den letzten Jahren stark nachgelassen hat. Ich merke es an den vielen Pausen, die ich brauche, wenn ich ein großes Stück öder aber konzentrierter Arbeit verrichten muss.
Ich habe die Tests nicht gemacht, weil ich gefürchtet hätte, die letzten Reste meines Selbstwertgefühls einzubüßen und dann mit meiner Verzweiflung allein da zu stehen. Ich schreibe hier darüber, weil dieses Thema für mich noch immer mit großer Angst verbunden ist und ich nicht weiß, ob es an den Tests liegt oder an mir. Es ist der Punkt, wo ich sehr froh wäre, wenn man mir andere Erfahrungen oder Sichtweisen darstellen würde.
Ich hatte den Eindruck, dass sich auch die Ärzte schwer tun, über das Thema zu reden. Die Tests hat man mir im Vorfeld als „weitere Untersuchungen“ verkauft. Anstatt mich sachlich über ihren Sinn zu informieren, hat man mir Halbwahrheiten aufgetischt: „Wir machen die Tests nur für Sie, Sie schneiden sicher gut ab und dann geht es Ihnen gleich viel besser!“. Auf solche - sicher gut gemeinten- Vorschusslorbeeren hätte ich lieber verzichtet. Für mich wäre es zum Abbau meiner Angst ganz wichtig gewesen auch den „worst case“ zu klären, fragen zu können, was passiert, wenn es halt doch nicht gut geht. Eine Diagnose, die auf Grund eines verhauten Tests gestellt worden wäre, wäre für mich nicht nur tragisch gewesen, ich hätte mich auch schrecklich geschämt und das Gefühl gehabt, sie selbst verschuldet zu haben.
Soweit ich die Zusammenhänge verstehe, helfen die Tests dem Arzt bei der Diagnosestellung. Was dann aber für den Patienten getan werden kann, ist doch meistens so wenig, dass sich die vorherige Demütigung gar nicht lohnt. Und darüber bin ich eben auch so entsetzt, dass man kranke und sowieso schon verzweifelte Menschen noch unnötig demütigt: Anstatt höflich auf das Nochvorhandene zu sehen, arbeitet man genau das deutlich heraus, was nicht mehr geht. Der Mensch wird zunehmend durch einen Quotienten repräsentiert, der wiederholt erhoben und dabei immer kleiner wird.
Wie haben Ihre Alzheimerkranken Angehörigen diese Vorgangsweise empfunden?
Hat es Ihnen als pflegende(r) Angehörige(r) etwas gebracht, die Testergebnisse zu kennen?
Haben die Quotienten Einfluss auf das Pflegegeld oder die Medikation?
Was bringt diese Dokumentation des Verfalls dem Arzt, was bringt sie dem Betroffenen?
Für Antworten wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße
Maria 55
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