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Risperdal/Zuckungen

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  • Risperdal/Zuckungen

    Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

    nachdem es meinem Vater unter der Einnahme von Axura, Mirtazapin und Risperdal den Umständen entsprechend sehr gut geht, habe ich meine schlimmsten Befürchtungen bzgl. Serotonin-Syndrom (war es aber vielleicht unter jahrelangem Citalopram trotzdem) verloren. Diese Kombination verträgt er seit ein paar Wochen nach Beginn (am Anfang wirkt das Risperdal wohl immer sehr heftig) der Einnahme immer besser. Psychotische Erscheinungen hat er eigentlich gar keine mehr, ist ansprechbar, aufmerksamer und nicht mehr in sich gekehrt. Seine Laune ist auch genau richtig, für mein Empfinden.
    Nun nach ca. 10 Wochen fängt aber leider das Risperidon (1xtäglich 1mg abends) an, seine Nebenwirkungen zu entfalten, und er hat ab und zu, jetzt immer häufiger (zu beobachten ca. 3x/Tag, meistens vormittags), Zuckungen durch den ganzen Körper. Er selber bekommt das gar nicht mit. Ich weiss, dass das bei der EInnahme sehr üblich ist, und dem mit Parkinson-Medis entgegengesteuert werden kann. Trotzdem frage ich mich, welche Erfahrungen es damit gibt, wird das immer schlimmer, gibt es die irreversiblen Schäden, die man vor allem bei Spätdyskinesien (wenn erst nach einer gewissen Einnahmephase, evtl. wegen Depotwirkung? Dyskinesien auftreten) befürchtet? Heißt das unbedingt, wenn die Zuckungen jetzt auftreten, dass die stärkeren Nebenwirkungen auch kommen, und ein stärkerer Gehirnabbau stattfindet, als ohne dem Risperdal?
    Kann es sein, dass, sollten die Dyskinesien von einer längeren Einnahmephase kommen, eine Reduzierung der Dosis angebracht wäre? Natürlich nur unter ärztlicher Betreuung!
    Schließlich ist es ja so, dass man bei einem Demenz-.Patienten davon ausgeht, dass er "bis zum Schluß" dieses Medikament nehmen soll, damit es keinen Rückfall gibt. Ganz ehrlich, beschwört man "den Schluß" damit nicht unaufhaltsam herauf und kann damit rechnen, dass unter Risperidon-Einnahme innerhalb kurzer Zeit etwas passieren wird?
    Vielen Dank für Ihre ehrliche Meinung
    Flieder


  • ERGÄNZUNG RE: Risperdal/Zuckungen


    Sehr geehrter Herr Dr. Spruth, sehr geehrte andere Kollegen vom Fach oder mit Erfahrung,

    leider muss ich nun schon wieder etwas hinzufügen, da sich die letzten Tage der von mir zitierte "sehr gute Zustand" meines Vaters relativiert hat. D.h. er fängt nun wieder an die ersten Anzeichen zu zeigen, die wir aus der Zeit in der er psychotisch war kennen. Er spielt wieder von Moment zu Moment sehr versunken mit den einzelnen Sachen in der Hand, ist ab und zu in sich gekehrt etc. (schwer zu beschreiben, aber so fing das im Frühjahr auch mit seinen Psychosen an). Auffallend ist auch, dass er auf einmal nicht mehr nach Einnahme abends von Mirtazapin und Risperdal totmüde wird und nach ca. 2-3 Stunden wie ein Stein einschläft, sondern länger wach bleibt. Ich befürchte damit schon wieder ganz latent einen Verlust des Tag-Naht-Rhytmus.

    Nachdem wir allerdings nun sehen konnten, dass sein ICH wieder zum Vorschein gekommen ist unter in letztem Beitrag beschriebener Medikation, schliesse ich darauf, dass der sich anbahnende Zustand nicht einfach "eine Verschlechterung der kognitiven Leistungen als Fortschritt der Demenz" ist, auch wenn psychosenähnlichen Anwandlungen von der Krankheit kommen.
    Nachdem wir nun die letzten Wochen so zufrieden waren mit seinem Zustand, ist es für uns natürlich in erster Linie sehr traurig, aber auch wirklich erschreckend, wenn die Medikation nun genau 10 Wochen gewirkt hat, und nun schon wieder gesteigert werden müsste. Das ist doch noch zu früh, man kann doch das Risperdal nicht beliebig steigern, vor allem bei Demenz-Patienten, und vor allem nicht ohne wirklich krasse Nebenwirkungen zu bekommen (wo seine leichten Zuckungen wahrscheinlich noch gar nichts sind). Und wie soll das weitergehen, man kann doch nicht immer wieder nach so wenigen Wochen steigern mit dem Risperdal, sofern sich auch ein Gewöhnungseffekt einstellt?
    Ich bitte Sie wirklich um Ihre Meinung, vielen Dank
    Flieder

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    • RE: ERGÄNZUNG RE: Risperdal/Zuckungen


      Sehr geehrte Flieder,

      wie Sie an meinen meist späten Antworten sehen können, habe ich mal wieder eine Menge um die Ohren. Leider kann ich mich daher auch nicht mehr an die Symptome erinner, die zum Ansetzen von Risperdal bei Ihrem Vater geführt haben, können Sie sie nocheinmal benennen? War es nur eine abendliche Unruhe oder lag sie auch am Tage vor? Was meinen Sie mit Psychose? Wurden bereits andere Neuroleptika (Pipamperon, Melperon) ausprobiert? Wurden andere therapeutische Wege beschritten? Was die Zuchungen angeht: könnten Sie versuchen, sie genau zu beschreiben? Was zuckt? Wie oft hintereinander? Wie lange? Ist der Vater dabei bei Bewußtsein? Bitte, wenn möglich, alles nur in Stichpunkten.

      Mit freundlichen GRüssen,

      Spruth

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      • RE: ERGÄNZUNG RE: Risperdal/Zuckungen


        Sehr geehrter Herr Dr. Spruth,

        mein Vater (eher frontotemporale Demenz, ohne Pick, starke Aphasie) kam im April in eine komische Phase, die wir zuerst nicht richtig deuten konnten, und deshalb eigentlich zu spät reagiert haben. Bis zu dem Zeitpunkt hat er über einige Jahre nur Citalopram bekommen während seiner Anfangsphase der Demenz. Er kehrte immer mehr in sich, fing an mit einzelnen Dingen, wie Feuerzeug und später vor allem Schalter jeder Art in der Hand rumzuspielen, damit hin und her am Tisch zu fahren, zu klopfen etc. Dann fing er immer heftiger an, auf diesen Dingen einzuarbeiten, darüber zu streicheln, darauf zu klopfen und war total weg dabei. Als er dann sich in der Toilette einsperrte und da an Sachen nackelte und klopfte und komische Sachen sagte, und dann auch noch einen Wahn entwickelte auf Schatten, Spiegelungen, aber auch Ängste bekam draussen vor Menschen, die anscheinend das Böse waren, wussten wir dass er eine Art Psychose hatte. Ausserdem konnte er nicht mehr schlafen. Weitere Abfolge:
        - Hausarzt gab Melperon, leider holte mein Vater sich aus der Flasche (aus Versehen) eine Überdosis, Folge Bewußtlosigkeit bis Atemaussetzen
        - Erholung, aber wieder Aufkeimen der Symptome
        - Verschreibung von Risperdal, was gleich in der Anfangsphase zu ganz schlimmen einzelnen Ausbrüchen meines Vaters führte, Aggressionen, schwere Ängste etc etc. War zu schnell eingestiegen
        - Einweisung in Gerontopsychatrie, dort Besserung unter anfangs Risperdal (zuerst 0,5mg, dann 1mg) einschleichend (Citalopram schon vorher abgesetzt), dann noch Mirtazapin (15mg) und Axura (insg. 10mg)
        - immer stärkere Besserung, bis ca. vor 3 Wochen, seitdem schleichend schlechter, jetzt seit 3 Tagen wieder Beginn des In-sich-kehrens und mit den einzelnen Sachen spielend. Ausserdem erkennen wir an seinen Augen, dem Blick, dass es ihm nicht mehr so gut geht
        - Frage: wird er wieder psychotisch, oder läßt einfach die positive Wirkung der Memantine nach?
        - Frage: Da er ja noch nicht die Empfehlungsdosis von 15mg Axura nimmt, evtl, Steigerung möglich, oder treibt ihn das eher in die Psychose?
        - Frage: oder eher Risperdal-Steigerung notwendig?
        (Bzgl. den Zuckungen, die sind nur ganz kurz, leicht durch den gesamten Körper gehend, wie gesagt fast unmerklich, wenn man nicht zufällig hinsieht, er merkt es selber anscheinend nicht, ca. 4x täglich?)

        Wir haben natürlich stark Angst und finden es ausserdem so schade, da die "gute Zeit" mit ihm (ca. 10 Wochen seit Klinikentlassung) jetzt so angenehm war (den Umständen entsprechend), und er sich auch wohler fühlte, man mit ihm vieles machen konnte, er einfach auch wieder beteiligter war.
        Die Ärzte und Helfer in der Klinik hätten ihn wohl die letzten Wochen gar nicht mehr wiedererkannt, weil er so viel besser beisammen war, als vor und bei dem Krankenhausaufenthalt.
        Nur wir wussten natürlich, wie er vor dem Anfang dieser "psychotischen" Phase noch war und wie er sein konnte, trotz Fortschritts der Demenz.
        Mit freundlichen Grüßen
        Flieder

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        • RE: ERGÄNZUNG RE: Risperdal/Zuckungen


          Sehr geehrte Flieder,

          wie Sie verstehen werden kann ich auf gar keinen Fall einen Patienten über das Internet behandeln und vor allen Dingen auch bei meinen Einschätzungen vollkommen falsch liegen, weil ich bestimmte Beschreibungen falsch verstehe oder anders interpretiere als sie gemeint sind. Das ist eben die Gefahr, die eine derartige Kommunikation in sich birgt. Ich möchte mich daher wirklich sehr zurückhalten, wenn es um konkrete Aussagen zu individuellen Therapien geht. Verstehen Sie daher bitte stets alles, was ich schreibe als spontane Einfälle, denen die wichtigste Grundlage einer therapeutischen Entscheidungsfindung fehlt, nämlich die fundierte Kenntnis des Patienten und seiner Beschwerden aus erster Hand.
          Ihr Vater hat also eine FTD. Stimmt diese Diagnose? Nach der Beschreibung ist dies schwer zu beurteilen, da der Verlauf so sicher nicht in einem Lehrbuch über die Erkrankung als prototypisch stehen würde. Nehmen wir an sie stimmt. Dann gibt es eigentlich nur eine Medikamentengruppe, die als wirksam identifiziert wurden (und zwar sowohl auf die Hirnleistungs- als auch auf die Verhaltensstörungen), nämlich die SSRI (Selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren), zu denen auch das Citalopram (z.B. Cipramil) gehört. Die wirksame Dosis ist dabei individuell unterschiedlich. Wichtig ist, hoch genug zu dosieren. Kein Nachweis bezüglich einer Wirksamkeit wurde hingegen für Memantine oder AChI erbracht und meine persönliche Erfahrung ist auch bezüglich Neuroleptika sehr heterogen.
          Leidet er unter einer anderen dementiellen Erkrankung so wird es schwierig, da man diese einzeln durchexerzieren müsste. Nehmen wir eine Alzheimer-Demenz an (auch hierfür nicht unbedingt ein Lehrbuchverlauf) so sollte, wenn die AChI nicht wirken oder das Stadium zu fortgeschritten ist, Memantine gegeben werden. Auch hier gilt: Wirksamkeit, zumindest nach den Studien die ich kenne, auch in Bezug auf Verhaltensauffälligkeiten, Zieldosis nicht 15 sondern 20 mg (2 x 10 mg). Letztlich gibt es aber auch hier Fälle, in denen die Patienen paradox reagieren und man eher das Gegenteil von dem erzielt, was man anstrebt, wie immer entscheidet der individuelle Verlauf über die Weiterverordnung. Risperdal kann möglicherweise ebenfalls in Abhängigkeit von Wirkung und Nebenwirkungen (insbesondere Parkinson-Syndrom) noch aufdosiert werden. Mehr als 2 mg/Tag gebe ich aber nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Es gibt noch eine Reihe von alternativen Therapien (darüber hatte ich glaube ich auch schon einmal geschrieben --> z.B. bestimmte Antiepileptika), je nachdem, worin die Ziel-Symptomatik besteht.
          Als letzte Anmerkung zum Thema „klinische Verschlechterung“ muß ich anmerken, daß eine solche auch immer ein Hinweis auf eine ganz andere Erkrankung sein kann, z.B. auf einen Infekt etc.
          Was die Zuckungen angeht: die Beschreibung hört sich nach Myoklonien an, wie sie auch bei Gesunden oft kurz vor dem Einschlafen auftreten, und wie sie bei vielen Demenzen in fortgeschrittenen Stadien auftreten. Sie sind prinzipiell nicht gefährlich. Wenn sie gehäuft auftreten (bei Ihrem Vater offentsichtlich nicht der Fall) oder als sehr belastend empfunden werden kann man sie mit unterschiedlichem Erfolg behandeln.

          Mit freundlichen Grüssen,

          Spruth

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