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Angehörige von dementen
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pflegende
Angehörige von dementen
Wie fühlen die Menschen sich die Angehörige mit Demenz haben? Wie erleben diese menschen die schwere Zeit für sich? Stoßen sie oft an ihre Grenzen und wie zeigt sich das?Stichworte: -
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RE: Angehörige von dementen
Liebe Pflegende,
ich beziehe die Frage auf die Angehörigen, die sich kümmern. War es so gemeint ?
Die meisten Angehörigen fühlen sich zunächst ratlos und geschockt, gefolgt von einer Euphorie oder sagen wir Unwissenheit,was das noch abfordern wird.
Wir schaffen das schon. Ein Slogan der gelten darf, wenn man bereit ist, einschneidende Veränderungen zu begleiten und sich als Angehöriger ausreichende Entlastung besorgen kann.
Oftmals ist es so, dass Angehörige sich selbst für diesen Pflegemarathon überschätzen und sich zwar edle Ziele setzen, die aber der Ehrlichkeit halber nicht immer mit der Realität des Machbaren übereinstimmen.
Je länger die Pflege dauert, der Kampf mit den Hürden der Bürokratie, Ärzten, Krankenkassen, Pflegekasse, MDK, je mehr Platz der erkrankte Mensch in der Betreuung dem Anderen abfordert, ihm die Luft zum Atmen nimmt, -die Seele weint-
der Angehörige den Niedergang
eines lieben Menschens hautnah miterleidet ,
-dessen Weg nicht aufwärts,sondern abwärts geht- desto frustrierter und deprimierter wird man sein.
Sehr häufig ist ja so, dass auch das soziale Umfeld leidet, weil Freunde sich zurückziehen, man auf ungewohnte Situationen mit dem Lieben stösst und man sich zusätzlich einigelt, manchmal aus Scham und vor Peinlichkeit.
Auf jeden Fall erlebt jeder, der sich auf das Thema einlässt auch für sich eine Persönlichkeitsveränderung, weil man in die Lage kommt, das zunehmend andere Werte im Leben an Bedeutung gewinnen. Das kann man durchaus positiv sehen. An den Grenzen begegnet man sich selbst...
Sicherlich erfahren die meisten auch, wie man an diesen Problemen wachsen kann und erstaunt sich über das eigene Potential an Stärke, was man sich vorher nie zugetraut hätte.
Ja, sie stoßen oft an ihre Grenzen, der Geduld, der Nerven, der eigenen Konzentrationsfähigkeit, der Gefühle versagt zu haben, wenn nicht alles so läuft, wie man es sich mal vorstellte. Sie stoßen an die Grenzen der eigenen,persönlichen Gesundheit über körperliche Hochleistung, äusserster emotionaler Anspannung, Schlafentzuges.
Wie sich das äussert ? Burn Out Syndrom kennen viele.........
Die Einen fallen im shlimmsten Fall aus den Puschen, die Anderen sind nur depressiv bis suizid, fehlende Lebensfreude, Nevenfieber, Herzrasen, Hautprobleme, Schlafstörungen,alles denbar, womit der eigene Körper gegen eine überdimensionale Dauerbelastung dieser Art revoltieren kann.
Die Welt dreht sich auf den Kopf und so mancher Angehörige fragt sich oftmals, wer in dieser Welt ist eigentlich krank..die komischen Gesunden oder die ehrlichen Kranken.
Selbst Angehörige, die gut für sich sorgen, kommen an Grenzen.
Ich wollte kein Horrorszenario aufwerfen, weil man Einiges vermeiden kann. Aber die Spuren des anderen Lebens hinterlassen Spuren im eigenen Leben.
Man kann sich ein Bisschen trösten damit, dass in
unserem Leben nicht Glück den Mensch verändert und besser macht.
Alle Angehörigen, die ich zum Teil über Jahre mit ihren Geschichten begleite, inclusive meiner eigenen Erfahrung über 12 Jahre mit meiner Mutti, sagen:
Ich bin stolz auf mich, den Weg in Liebe, den Weg mit stetigen Veränderungen zu leben (dem
man als Angehöriger oftmals ordentlich hinterhergaloppiert....)
Es macht frei für die Zukunft, für das Ehrgefühl sich im Spiegel weiterhin ansehen zu können.
Ich habe viel gelernt und das, was ich gelernt habe über mich, aber auch über unsere lieben erkrankten Menschen, ist ein Stück anderer
innerlicher Reife und Qualität.
Wer das gut schafft, schafft nahezu alles, weil
die meisten anderen Probleme dagegen sehr winzig
und subtil werden.
Ich wünsche, es hilft weiter, was ich nun so lange geschrieben habe.
Lieben Gruss
Auguste D.
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barbara85
RE: Angehörige von dementen
Als Angehörige kann ich mich direkt dazu äußern. Es ist einfach schrecklich. Erst hab ich es verdrängt. Dann hat es mich richtig fertig gemacht und als es gegen Endstadium ging, bin ich fast daran zugrunde gegangen. Man kann nicht helfen! Das ist das schlimmste. Und man stößt offt an seine Grenzen. Man kann nicht immer ruhig und geduldig reagieren und dann kommen die Schuldgefühle. Wichtig ist, dass man sich Hilfe besorgt. Entweder innerhalb der Familie oder professionell. Alleine kann man solch eine Last nicht tragen. Und je ausgeglichener man ist, desto besser kann man pflegen. Mein Vater ist am 30. Okt verstorben. Meine Muttr und ich haben ihn 6 Jahre lang gepflegt. Morgen ist die Bestattung und es wird noch lange dauern bis wir alles verarbeiten können und einigermaßen normal weitr leben können. Ich kann mir keine schlimmere Krankheit vorstellen.
Ihnen wünsche ich die nötige Kraft und Unterstützung.
Lg, Barbara
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RE: Angehörige von dementen
Liebe Barbara,
ich finde es treffend, was da geschrieben steht und von ganzem Herzen pflichte ich Ihnen bei...
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Man kann nicht immer ruhig und geduldig reagieren und dann kommen die Schuldgefühle. Wichtig ist, dass man sich Hilfe besorgt. Entweder innerhalb der Familie oder professionell. Alleine kann man solch eine Last nicht tragen. Und je ausgeglichener man ist, desto besser kann man pflegen.
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Ich weiss nichts von Ihnen, aber genug über eigenes Erleben. Vielleicht kam der Tod als Freund, was man möchte, nicht in weiterer Qual.
Was will man sich am Ende noch erhoffen, wenn man so was dem ärgsten Feind nicht wünscht.
Es zeichnet sie aus, dass sie hier lesen und schreiben nach so einem Erlebnis und mitten dabei in all dem Schmerz. Das konnte ich nicht.
Ich wünsche Ihnen, jederzeit Tränen zulassen zu können, dass ihr liebes Elternteil als das in Erinnerung bleiben wird, wie es war. Es kostet Zeit, viel Zeit ....die angeblich heilt....
Alle Kraft für Sie, die hoffentlich richtig Abschied nehmen kann...zu sagen, es ist gut so, jetzt, für so, für wie es jetzt war.
Ich bin kein religiöser Mensch, trotzdem hat es mich immer getragen...man kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand und darin sind unsere Lieben tief genug gefallen, dass Ihnen diese Hand gehören muss.
Ich sende Ihnen einfach mein tiefstes Mitgefühl,
vielleicht hilft es, sich nicht allein zu fühlen.
Auguste D.
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Kallisch Helga
RE: Angehörige von dementen
Hallo, ich glaube, Auguste D. beschreibt die Situation betroffener Angehöriger sehr gut, ausführlich, einfühlsam und zutreffend!
Ich hatte ja die Situation mit unserer Mutti in diesem Forum auch schon einmal beschrieben!
Es ist sicherlich ganz schwer, wenn man die unmittelbare Betreuung übernimmt, aber es ist auch nicht leichter, wenn man einige hundert Kilometer vom Erkrankten entfernt wohnt und aufgrund einer eigenen großen Familie neben der ausreichenden Hinwendung zum Erkrankten auch noch viele andere Faktoren bedenken und abwägen viele bestehende Verpflichtungen unter einen Hut bringen muss.
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Kallisch Helga
RE: Angehörige von dementen
Nun habe ich versehentlich diesen Beitrag eingestellt, obwohl ich noch gar nicht fertig damit war!
Also, ich wollte sagen, dass man als vom Erkrankten weit entfernter Angehöriger auch in einer schwierigen Lage ist, weil man sich Vorwürfe machen muss, nicht mehr tun zu können.
Ich glaube aber andererseits auch, dass Selbstüberschätzung bei solch anstehenden Fragen, in solch einer Situation auch nichts löst und oft alles noch schlimmer macht.
Freundlichst, Helga Kallisch
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Barbara85
RE: Angehörige von dementen
Hallo Auguste,
Ich danke ihnen für ihren Beitrag.
Man kann es nur als Erlösung ansehen. Und da darf man einfach nicht egoistisch sein. Auch wenn es schwer fällt. Demenz ist ein Abschied auf Raten. Und ich für meinen Teil hab den größten Teil der Trauerarbeit schon vorher geleistet. Man kann sich nun drüber streiten, ob es so einfacher ist, als wenn jemand plötzlich aus dem Leben gerissen wird. So oder so trauert man. Ich hab auch erst überlegt, ob ich hier weiterhin lesen kann/ werde. Bin aber zu dem Entschluß gekommen, dass ich hier noch öfter reinschauen werde, weil ich weiß, wie sehr man sich Gesprächspartner wünscht und wie selten man im realen Leben solche auch findet. Die meisten Menschen wenden sich ab, wenn es um Tod und Krankheit geht. Das ist auch erst eine Sache, die man verarbeiten muß. Aber man wächst mit der Zeit über sich hinaus und wenn man zurück denkt, fragt man sich oft, wie man das alles damals bewältigen konnte ohne zusammen zu brechen.
Ich wollte nie, dass mein Vater in ein Heim kommt. Auch meine Mutter wollte das nicht. Die meisten Heime sind so unterbesetzt, dass man den Pflegern schon fast keinen Vorwurf daraus machen kann, dass sie keine Zeit für ihre Patienten haben. Und aus diesem Grund haben wir bis zum Schluß gekämpft und ihn zu Hause gepflegt. Nur die letzten vier Wochen war er im Krankenhaus. Das ging aber auch nicht anders, weil er gar keine Nahrung mehr zu sich nehmen konnte. Im Krankenhaus wurde er per Magensonde ernährt. Aber auch das hat nicht mehr geholfen und von der Bronchitis hat er sich nicht mehr erholt. Wir waren eine ganze Nacht dort. Ein Tag vor seinem Tod und diese eine Nacht war schlimmer als die 6 Jahre vorher zusammen. Ich hab daraus gelernt, dass das Sterben nicht so einfach ist, wie manch einer denkt.
Ich gönne ihm seine Ruhe und hoffe, dass die Forschung erhebliche Fortschritte macht und diese Erkrankung nicht mehr so mysteriös bleibt, wie sie momentan ist.
Es gibt momentan ja nur Spekulationen darüber, was die Auslöser sind und wie sich die Krankheit entwickelt. Medizin gibt es nicht wirklich. Höchstens um den Tod etwas herauszuzögern, was ich nur im Anfangsstadium für sinnvoll halte.
Ich wünsche ihnen, Auguste auch die Ruhe und Kraft, Erlebtes zu verarbeiten und ihren Frieden damit schließen zu können.
Auch ich behalte meinen Vater so wie er einst war in Erinnerung und bin sehr froh darüber, dass ich mich noch verabschieden konnte. Denn ich bin sehr sicher, dass er in den letzten Stunde so klar wie schon lang nicht mehr war.
Liebe Grüße, Barbara
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RE: Angehörige von dementen
Liebe Barbara,
es ist bestimmt sehr wichtig, sich aufzuarbeiten.
Leider ist den meisten Menschen kein so ruhiger Tod beschieden. Ich habe Beides erlebt mit meinen Eltern. Der Schmerz über einen schnellen Schluss ist m.E. in dem Moment stärker.
Meine Mutter, die an Demenz Typ AD über zwölf Jahre Abschied vom Ich genommen hat, durfte zwei Minuten mit dem Atem ringen, dann war es gut.
Keine Peg, wir habens gut hinbekommen. Der Arzt, ich, meine Familie, das Heimpersonal haben an einem Strang gezogen und der hiess in der letzten Phase,
keinen Durst leiden müssen, essen, wenn SIE essen will, keine Schmerzen. Diese Phase habe ich drei Mal mitgemacht über Monate und jedes Mal vorher, hat sie sich wieder berappelt...das ist Gefühlsjojo aller denkbaren Emotionen...man brennt aus...zwangsläufig....
Und wissen sie, ich empfand in den ersten Tagen mehr Frohsein für meine Mutti. Wer einen so langen Weg genommen hat, gönnt das Gehen.
Sie schreiben das sehr richtig, alles andere wäre egoistisch. Natürlich wünschte man sie sich zurück.......aber doch nicht so, sondern wie sie in gesunden Zeiten waren.
Gehen lassen können ist übrigens ein interessantes Thema für Angehörige. Viele können es nicht, was dazu führt, das oft Menschen geradezu am Sterben gehindert werden.
Ich finde es auch sehr wichtig, uns mit den verstorbenen Menschen ihre Zeit uu lassen, im bewussten Ritual zu beerdigen und nicht gleich ab und weg, so schnell wie möglich.
Auf dem Grab meiner Eltern lag am Tag von Muttis Beisetzung in meinem Einverständnis neben Blumen eine Reihe mit Salatblättern. Auf jedem Blatt stand ein Wochentag. Nun, das Salatblatt ist eine niedliche Geschichte aus ihrem Leben mit Alzheimer.
Da gab es einmal einen Tüte mit Fischbrötchen und Mutti fischte hungrig hinein. Heraus kam ein Brötchen, welches die Jägerin durch kurzes Aufklappen auf den Belag inspizierte.
Offensichtlich zufrieden wurde hineingebissen und festgestellt: Oh, ein Salatblattbrötchen !
(der glitschige Fisch war in die Tüte entglitten :-)))))
Ja und die Wochentage...nun, jeder der die Krankheit kennt, weiss wieviel Tag ein Angehöriger damit verbringt, dem Lieben zu erklären, was für ein Tag heute ist oder Morgen und das stundenlang und am nächsten Tag wieder und wieder und wieder....
Ja, warum erzähle ich das jetzt ? Es fiel mir gerade so ein über einen Abschied der in innerem Frieden erfolgen kann. Wir haben uns doch so viele Jahre verabschiedet und die Tränen geweint, dass sie uns irgendwann ausgegangen sind.
Liebe Barbara, Menschen wie sie braucht dieses Forum ganz bestimmt und ich bin nicht nur seit
Jahren in meiner Heimat, der Alzheimer Angehörigen Initiative aktiv, sondern schaue aus den gleichen Gründen auch hier hinein, wenn es Zeit und Leben zulassen. Wir wissen, wie allein man sein kann und wie wenig man gerade am Anfang weiss und sich nur Berge auftürmen. Stimmts ? Zuspruch, Verständnis, Lob und ein kleines Lachen über die besondere Bürde sind überlebensnotwendig und das findet man nur bei anderen Angehörigen, Menschen in ähnlicher Not.
Liebe Grüsse
Auguste
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