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Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

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  • Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

    Mein Vater (80 Jahre) leidet seit ungefähr 10 Jahren an der Vaskulären Alzheimer Demenz. Der Verlauf seiner Erkrankung ging sehr schleichend vonstatten und so hatten wir, seine Familie und Freunde, die Möglichkeit uns auch langsam auf die Entwicklung einzustellen. Man kann sagen, dass wir Glück hatten, mein Vater war nie aggressiv und es gab keine größeren Probleme. Seine Vergesslichkeit machte ihm von Zeit zu Zeit zu schaffen, aber das konnten wir gut auffangen. Zu Beginn seiner Erkrankung (er weiss seine Diagnose übrigens nicht) schrieb er sogar noch ein Buch über sein Leben mit vielen schönen kleinen Anekdoten und Bildern. Das machte uns die Biographie Arbeit bis heute leicht. Wie wichtig dieses Buch für ihn ist, hatte er vielleicht geahnt. Ironie des Schicksals ist, dass er sogar ein Lesezeichen entwarf mit dem Spruch von Jean Paul: "Die Erinnerung ist das einzige Paradies aus dem man nicht vertrieben werden kann."
    Nun kam vor einem halben Jahr zu seiner Vergesslichkeit auch Unruhe als Symptom hinzu und meine Mutter (auch 80 Jahre), die mit ihm alleine in einem Haus wohnt begann sich Sorgen zu machen. Der Alltag wurde stressiger für sie. So kontaktierte meine Schwester die zuständige Neurologin und diese verschrieb "Melperon" 10mg. Zu Beginn bekam er drei Tabletten am Tag, als sich daraufhin an der Unruhe nichts änderte bekam er fünf am Tag. Im Oktober feierte er seinen 80igsten Geburtstag und mir fiel auf, dass sich sein Zustand zwischen meinem letzten Besuch im August und dem im Oktober stark verschlechtert hatte. Mein Vater war sehr verlangsamt und konnte nur noch beschwerlich gehen, zudem hatte er große Wortfindungsstörungen. Im Sommer hatte er noch größere Spaziergänge machen können und nun musste ich ihn unterhaken.
    Im Sommer konnte er noch ganze Sätze sprechen und nun waren es nur noch einzelne Worte. Er forderte Begleitung bei jedem Toilettengang und war dauermüde. Allerdings schlief er nachts sehr schlecht, machte die Nacht zum Tag, was für meine Mutter sehr anstrengend wurde.
    Die Neurologin verschrieb daraufhin Zolpedin - als Schlafmittel, was zur Folge hatte, dass er in dieser Zeit nachts dreimal fiel. Zum Glück hatte er sich nichts gebrochen und auch sonst keinen weiteren Schaden davongetragen.
    Ich wusste nichts von den Tabletten und konnte insofern keinen Zusammenhang herstellen. Ich weiss aber sehr wohl, dass ich sehr traurig zurück nach Berlin gefahren bin, mit dem Bewusstsein, dass mein Vater nun wohl seine letzte Reise angetreten hatte.
    Ende November bekam ich einen Anruf von meiner Schwester, mein Vater sei zusammengebrochen und er sei für einen Tag zur Kurzzeitpflege in dem Heim, das sie leitet, untergebracht. Verdacht auf Schlaganfall.
    Ich machte mich sofort auf den Weg zu meinen Eltern und was ich da antraf war ein Häufchen Elend. Meinem Vater ging es psychisch und körperlich sehr schlecht. Er konnte nicht mehr selbständig zur Toilette, nässte ein, weinte viel und konnte sich kaum mehr bewegen, war wie versteinert und schlief fast den ganzen Tag. Wir organisierten einen Rollstuhl, denn ohne war er kaum mehr von einem Zimmer zum anderen zu bewegen. Am Morgen war er noch einigermaßen fit und konnte sich äußern, aber was er äußerte war zutiefst deprimierend. Er erlebte seinen körperlichen Verfall sehr klar und das machte ihn psychisch komplett unruhig und ängstlich. Er halluzinierte und war voller Angst.
    Ich gab ihm täglich seine Tabletten, aber die Unruhe wurde eher stärker. Nur dass er sich nicht mehr bewegen konnte oder wenn, es so aussah als hätte er Parkinson. Plötzlich trippelte er nur noch und war zittrig. Die Neurologin erhöhte die Dosis an Melperon nun auf sieben Stück am Tag - das war Fluch und Segen zugleich, denn nun ging es ihm noch schlechter. Dauerbenebelt und zu keinem Wort mehr fähig konnte ich schließlich den Zusammenhang zwischen dem Medikament und dem Zustand meines Vaters erkennen. In Folge setzte ich die Tabletten schrittweise ab, von 7 auf fünf, von fünf auf drei, von drei auf eine und von einer auf null- sein Zustand verbesserte sich zusehends - plötzlich konnte wieder besser laufen und nach nur einer Woche war sein Zustand dramatisch verbessert. Er fing wieder an zu sprechen, konnte sogar wieder scherzen und hatte somit immens an Lebensqualität wiedergewonnen. Er konnte allerdings immer noch sehr schlecht schlafen in der Nacht und Ängste und Unruhe tauchten auch täglich auf. Wenn auch jetzt nur noch auf Stunden begrenzt und nicht wie mit Melperon 24 Stunden am Tag.
    Wir entschieden uns für Baldrian und Hopfen in Kombination - schon am ersten Tag zeigte das die erwünschte Wirkung.
    Mittlerweile bekommt mein Vater Baldrian und Hopfen für den Tag in einem Verhältnis 80mg zu 20mg - er nimmt davon zwei mal täglich zwei und für die Nacht Baldrian 180mg zu 45mg - zusätzlich noch eine Tasse Lavendeltee am Abend und was soll ich sagen:
    Meinem Vater geht es so viel besser, er findet selbständig zur Toilette, er kann wieder sprechen, ist ausgeglichen und Unruhe tritt nur noch sehr selten auf - er bewegt sich selbständig in der Wohnung und ist wieder in der Lage kleine Spaziergänge zu genießen, er kann Besuch ertragen, er hat Freude am Schnee der fällt und kann dies äussern (alles Dinge, zu denen er innerhalb von weniger Wochen nicht mehr fähig war) er schläft die ganze Nacht, bis auf einen Toilettengang, durch. Meine Mutter kann auch wieder schlafen und der Alltag ist wieder viel besser zu handeln. Ein paar Wochen zuvor mussten wir uns mit der Frage auseinandersetzten, ob nun ein Seniorenheim die Lösung ist, denn zu Hause, in diesem Zustand, trotz Hilfe von aussen wie Pflegedienst, Haushaltshilfe etc... wäre das nicht zu bewerkstelligen gewesen. Das hätte meiner Mutter, meinem Vater und auch mir das Herz gebrochen.
    Ich bin entsetzt, wie schnell starke Neuroleptika verschrieben werden und aus einem Fehler der nächste Folgefehler entsteht. Das Schlafmittel hätte meinen Vater früher oder später mit einem Oberschenkelhalsbruch ins Krankenhaus gebracht und danach ins Heim.
    Ich bin froh, dass ich mir die Zeit genommen habe, genauer hinzuschauen - wir werden die Krankheit nicht aufhalten und vielleicht hat sich mein Vater tatsächlich auf seine letzte Reise gemacht und er darf auch gehen, aber er muss nicht leiden, nur weil eine null acht fünfzehn Medikation von einer Neurologin verschrieben wurde, die, sind wir mal ehrlich, weder genauer hinsieht noch bis ins Detail weiss, wie das Medikament beim jeweiligen Patienten wirkt - und würde sie genauer hinsehen, würde sie erkennen, dass in manch einem Fall mehr Leid als Gutes dabei rauskommt.
    Diese Erfahrung wollte ich nun unbedingt teilen, denn ich denke, homöopathische Mittel finden viel zu wenig Beachtung in der Symptomlinderung bei Demenz. Mein Vater hatte in seinem Leben noch nie Medikamente bekommen und ich würde mir wünschen, dass mehr Neurologen in einem solchen Fall vielleicht doch eher mal nicht zu den Hämmerchen greifen, deren Nebenwirkungen oft schlimmer sind als das zu bekämpfende Symptom. Übrigens das Parkinsonoid, das plötzlich auftrat ( als Nebenwirkung ausgewiesen) ist leider noch nicht verschwunden - mein Vater trippelt immer noch wenn er durch eine Tür geht - ich denke das bleibt leider übrig von der sechsmonatigen Melperon Einnahme - alle anderen Nebenwirkungen, auch die Halluzinationen sind verschwunden.


  • Re: Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

    Danke für deinen Bericht. Hoffentlich lesen ihn recht viele. Es ist erschütternd, dass auch heute noch die Mehrzahl der Patienten dem Arzt blind vertraut und den Beipackzettel nicht liest. Noch erschütternder ist es, dass anscheinend auch manche Ärzte Nebenwirkungen nicht erkennen. Da heißt es dann "in dem Alter und bei dieser Erkrankung sind solche Erscheinungen normal, das hat mit dem Medikament nichts zu tun".

    Zitat: "ich denke, homöopathische Mittel finden viel zu wenig Beachtung in der Symptomlinderung bei Demenz". Dem kann ich mich nur anschließen, ich weiß schon, warum ich im Altersheim, in dem meine Mutter lebt, schriftlich hinterlegt habe, dass sie Medikamente/ärztliche Behandlung nur bekommt, wenn ich es genehmige - und ich habe es bisher noch nie genehmigt. Sie wird ausschließlich homöopathisch behandelt, und es klappt. Erst vor kurzem hatte sie Schluckstörungen, dadurch entwickelte sich eine Aspirationspneumonie. Im Heim drängte man auf Sondenernährung. 1 Tag nach Beginn der homöopathischen Behandlung wurden die Schluckstörungen besser, ab dem 3.Tag keine Probleme mehr. Da war dann auch das Heimpersonal beeindruckt (vorher hieß es: "Die lässt ihre Mutter verhungern.")
    LG louisanne

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    • Re: Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

      Hallo Louisanne, vielen Dank für die Rückmeldung.
      Ich muss gestehen, ich hatte die Medikation anfangs gar nicht hinterfragt, denn ich dachte auch, die Neurologin wirds schon wissen.
      Meine Schwester wohnt direkt neben meinen Eltern und wurde von diesen in einer Patientenverfügung auch mit der Organisation der Pflege betraut. Sie leitet ein Seniorenheim, hat also jeden Tag mit Demenz zu tun, man möchte meinen besser gehts wohl nicht.
      Was ich erschreckend fand ist die Tatsache, dass auch für sie der Zustand meines Vaters keinen Anlass gegeben hat, das Medikament abzusetzen. Das nennt man wohl Betriebsblindheit. Sie scheint so in dem System verankert, dass es ihr normal vorkam, dass mein Vater so schnell abbaut. Sie kennt das wohl, denn in diesem Zustand bekommt sie dann oft neue Bewohner, weil das so zu Hause dann nicht mehr geht.
      Als ich ihr sagte, es mal mit Baldrian und Hopfen zu probieren, reagierte sie recht zäh. Ich fragte sie, warum sie so skeptisch sei und sie antwortete mir, dass wir es ja probieren könnten, sie aber nicht glaube, dass das helfen wird.
      Mittlerweile hat sie ihre Meinung geändert, ist wahrscheinlich ein bisschen beschämt, aber Gott sei Dank offen genug, ihre Position zu überdenken und nun möchte sie den homöopathischen Aspekt in dem Seniorenheim das sie leitet viel mehr in den Vordergrund rücken.

      Ich habe bei meinem Vater auch schon Schluckprobleme beobachtet - was für ein Mittel habt ihr denn deiner Mutter gegeben? Das wäre für mich sehr interessant zu wissen. Hast du vielleicht noch weitere Tips? Wäre super nett, wenn du mir berichten würdest.

      Vielen Dank im Voraus schon mal, liebe Grüße,
      Heike

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      • Re: Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

        Hallo, Heike,
        ja klar, Menschen, die in der Pflege arbeiten, haben den Verfall tagtäglich vor Augen und sie haben nicht die Zeit sich intensiv mit dem Einzelnen zu befassen. Und manche Ärzte wären wohl auch sauer, wenn das Personal ihre Verordnungen kritisieren würde.

        Re Homöopathie - da haben wir uns wohl missverstanden. Du meintest Kräuterheilkunde? "Klassische Homöopathie nach Hahnemann" ist was ganz anderes, da werden Heillmittel aus verschiedensten Substanzen in hoher Verdünnung verwendet. Die Auswahl des zur Erkrankung passenden Mittels richtet sich nach den individuellen Symptomen des Kranken. Das heißt, bei ein und derselben Krankheit bekommt Patient A ein anderes Mittel als Patient B. Mal als Beispiel die Schluckstörungen: Bei Patient A ist das Schlucken von Flüssigkeiten schwieriger als das Schlucken von festen Speisen, außerdem schwitzt er stark, lässt sich nicht gern zudecken und ist oft gereizt. Man vergleicht diese Symptome mit den Beschreibungen der verschiedenen Heilmittel in der homöopathischen Arzneimittellehre und verordnet das Mittel, das diese Symptome komplett abdeckt. Bei Patient B ist es genau umgekehrt - er kann nur feste Speisen nicht schlucken, friert ständig, zieht sogar im Bett eine Strickjacke an, ist unruhig und deprimiert. Folglich bekommt er ein anderes Heilmittel, das seinen individuellen Symptomen entspricht.

        Deshalb nenne ich das Mittel für meine Mutter lieber nicht, denn sonst probiert der eine oder andere es vielleicht doch aus - und wenn es nicht wirkt oder sogar verschlimmert, was durchaus möglich ist, heißt es Homöopathie taugt nichts.
        LG louisanne

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        • Re: Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

          Hallo Louisanne, du hast ja Recht - Homöopathie ist ja das mit den Kügelchen...:-)...aber gut zu wissen, dass es bei deiner Mutter geholfen hat. Ich werde mich mal nach einem Homöopathen für meinen Vater umsehen, zukünftig können ja noch mehr Probleme auftreten und da wird es gut sein, wenn der ihn schon ein bisschen kennt. Okay, vielen Dank für die informative Rückmeldung und alles Gute für Euch.
          Liebe Grüße,
          Heike

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          • Re: Mit Melperon fast zum Pflegefall geworden

            Hallo Heike,
            sehr gut, dass Sie das Thema wieder hochbringen. Melperon und Co. sind ein Teufelszeug... ich hatte vor Jahren hier berichtet, wie es meinen Vater glattwegs umgewaffelt hat.
            Aufgrund von Ängsten etc. bin ich damals auch auf Baldrian gekommen, allerdings nur Baldrian. Es hat nach einiger Zeit seine Wirkung getan, vor allem sind seine Ängste verschwunden damals, und weitesgehend auch jegliche Aggressivität.
            Baldrian ist aber nicht verschreibungspflichtig... daher auch unbeachtet von Ärzten bzw. belächelt als leichtes Einschlafmittel. Das ist aber eben nicht alles, was Baldrian kann... mit seinen Wirkstoffmechanismen.
            Alles Gute,
            Flieder

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