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Endstadium

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  • Endstadium

    Hallo,

    bei meiner Mutter (68) wurde vor 12 Jahren Alzheimer festgestellt. Seit 2005 ist sie in einem hervorragenden Pflegeheim, wo sie fürsorglich betreut wird. Seit ca. einem Jahr kann sie nicht mehr alleine aufstehen und laufen, sie starrt zusehens ins Leere und hat immer häufiger Probleme beim Schlucken. Ihre Getränke werden mittlerweile grundsätzlich angedickt und meist bekommt sie pürrierte Nahrung, an der sie sich dann auch immer wieder mal verschluckt. Hin und wieder klappt es dann doch mit dem Essen - wie neulich, als sie ein ganzes (kleines) Schnitzel verputzt hat.
    Ich weiß, daß jeder Krankheitsverlauf unterschiedlich ist, ich habe mich viel über die Krankheit informiert und habe viel gelesen. Und ich weiß, daß sich meine Mutter im letzten Stadium der Krankheit befindet. Nur - wie lange wird es wohl noch dauern? Es gibt jene Tage, an denen lacht sie mich an, um wenige Sekunden später zu weinen. Dann gibt es wieder solche, an denen ich sie nicht "wach" bekomme, nicht durch laute Ansprache, Anschuckeln oder Blickkontakt. Manchmal sitzt sie zusammengekauert in ihrem Pflegestuhl und stöhnt leise, und an anderen Tagen schläft sie nur. Seit über einem Jahr kommt dann noch die schwere Atmung hinzu, manchmal röchelt sie regelrecht, wirkt verschleimt, gähnt sehr viel, als würde sie zu wenig Sauerstoff bekommen, dann atmet sie unregelmäßig mit Aussetzern.
    Es tut mir jeden Tag aufs Neue im Herzen weh, wenn ich sie so sitzen oder liegen sehe. Wird sie noch lange so leben müssen oder gibt es Anzeichen, daß es bald vorüber sein könnte? Leider finde ich im Internet nichts über diese letzten Wochen/Monate/Jahre (?!), entweder ist das Thema zu tabuisiert oder aber es gibt tatsächlich nichts, was darauf hinweist. Sie war immer eine so lebenslustige Frau, sang viel und bis vor einem Jahr tanzte sie noch oder schunkelte wenigstens zur Musik, daß ich das Gefühl hatte, sie lebt glücklich - in ihrer Welt. Das Gefühl habe ich nun nicht mehr.
    Ich hoffe, Ihr habt Verständnis für meine seltsame Frage,
    K.M.


  • Re: Endstadium


    Hallo K.M.66,

    vielen Dank für die offene Frage, die mich auch schon lange umtreibt und überhaupt nicht seltsam ist. Ich frage mich ganz oft, wenn ich meine Mutter besuche, wie lange diese Qual, als solche empfinden wir es ja, noch weitergehen soll (nicht nur bei ihr). Natürlich traut sich niemand so recht, hierzu etwas zu sagen, da man dies auch schwer beschreiben kann, ohne gleich als herzloses Monster in Verdacht zu geraten.

    Nun sagen die Experten, die Angehörigen würden immer mehr leiden, als die Demenzkranken. Das sei mal dahingestellt. Ich glaube nicht so recht daran. Manchmal schaffe ich es, mich damit zu trösten – meistens nicht.

    Ich hoffe wie Sie auf ein paar ehrliche Meinungen, die uns vielleicht ein bisschen vorbereiten und die Panik der Hilf- und Ratlosigkeit dämpfen. Meine Beobachtungen im Seniorenheim meiner Mutter sagen mir, es kann nächste Woche geschehen (durch ein anderes gesundheitliches Problem) oder in 5 Jahren. Solange sie schluckt ....

    Hoffen wir auf weitere Ansichten.

    Viel Kraft wünscht Ihnen – Marge



    __________________________________________________ __________________
    Mein Steckbrief (Stand Apr 2010): Mutter (82) wurde betreut von Ehemann (82) und mir (Tochter 55), vollzeitberufstätig. Erste Hirnleistungsstörungen diagnostiziert in 1994. Im März 09 als "mittelschwere" Altersdemenz eingestuft. Medikamente in 2009: 1 x wöchentlich Imap-Spritze, morgens und abends eine Piracetam Tablette. Seit Jan 10: Axura 5 mg morgens. Mit Axura deutliche Verbesserung in Wahrnehmung und Wortfindung. Wir werden wieder mit unseren richtigen Namen angesprochen, auch wenn sie nicht weiß, wer wir sind. Sie formuliert ab und zu wieder ganze Sätze, wenn auch kurze. Seit März 10 wieder mehr Stimmungsschwankungen, Weinen, Angst. Es kommen Rückenschmerzen und dadurch eingeschränkte Beweglichkeit hinzu. Ab 23.03. Fentanyl-Pflaster. Am 28.03. 10 Tage Krankenhaus wegen starker Durchfälle. Ab 06.04. auf mehrmaliges Anraten des Neurologen auf die geronto-psych. Abtlg. Dort bekommt sie Solian. Am 20.04. Umzug in ein Seniorenheim. Im Moment nur noch Solian, nachts Pipamperonsaft, sonst keine Medikamente.

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    • Re: Endstadium


      Liebe Marge,

      danke für Deine Worte. Ich habe ziemlich lange an dieser Mail formuliert, um eben nicht, wie Du es beschrieben hast, als herzloses Monster zu gelten (schlechter Einstieg für ein Forum *lächel*). Das Schlimme ist ja, daß es generell in dieser Gesellschaft schwierig ist, solche Fragen zu stellen. Ich erinnere mich noch daran, als mein Vater mit 65 auf der Palliativstation im sterben lag (Krebs) und ich die Schwester fragte, wie lange das jetzt noch dauert, weil ich mir nicht vorstellen konnte, die nächsten drei Tage ohne Schlaf neben im zu sitzen (Egoistisch oder nur ein Selbsterhaltungstrieb?). Sie starrte mich entsetzt an, schüttelte den Kopf und fragte: "Sie wollen wissen, wann Ihr Vater stirbt?!" Ich antwortet daraufhin ganz klar: "Ja."
      Daraufhin lächelte sie, nannte meinen Nachnamen (der derselbe ist, wie der meines Vater) "Ach, M..." und antwortete mir, daß ich wohl dableiben könne, in den nächsten 12 Stunden würde er vermutlich Sterben. Sie kannte meinen Vater, der auch immer ganz genau wissen wollte, woran er ist und mit seinen Fragen nie hinterm Berg gehalten hat. Mein Vater starb 2 Stunden später und ich war froh, geblieben zu sein.

      Unüblich, ich weiß, aber eine große HIlfe für die Seele.
      Ich hoffe, es gibt den ein oder anderen, der noch etwas dazu sagt. Ich denke, wir sind nicht wirklich die einzigen, die sich das fragen.

      Liebe Grüße,bleib stark,
      K.M.

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      • Re: Endstadium


        Liebe >K.M.66 , ich habe das auch soeben durchgemacht.
        Mein Mann war nun 82 . Erstmal , ich glaube der Angehörige leidet sehr viel mehr. Jedes mal , wenn ich aus dem heim kam
        ( obwohl mein Mann sehr gut aufgehoben war ) mußte ich weinen.
        Das ansehen zu müssen ,daß keine Kommunikation mehr
        stattfand. Das Essen wurde immer beschwerlicher , Das Schlucken und Trinken funktionierte nicht mehr richtig.Das ganze
        ging vielleicht 1/2 Jahr. Mein Mann bekam durch einen Sturz einen Oberschenkelheilsbruch und damit wurde das Ende eingeläutet. Mit dem verstand sag ich mir ,daß er erlöst ist ,
        aber ich komme mit der teuflischen Krankheit nicht klar ,
        daß man vielleicht nicht genug getan hat.
        Ich wünsche Ihnen noch viel Kraft . <<manchmal verläuft es am Schluß viel schneller , als man erwartet. Vielleicht auch gut,
        daß man nicht alles im voraus weiß
        Liebe grüße
        Barbara ( Wunneke )

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        • Re: Endstadium


          Hallo K.M.66,

          kennst Du die Geschichte von Walter Jens ? Literaturprofessor glaub ich, der sich sein Leben lang für das würdige und selbstbestimmte Sterben eingesetzt hat, bis vor den Bundestag - und nicht unumstritten.

          Er ist ebenfalls an Alzheimer erkrankt und seine Frau erzählte, das, was er wirklich noch klar zum Ausdruck gebracht hat war, dass er dieses Leben nun doch nicht unbedingt als so schrecklich empfindet, auch wenn er so nicht enden wollte. Er wiederholte oft den Satz "nicht totmachen bitte, nicht totmachen..."

          Hört sich dramatisch an, aber vielleicht auch noch mal ein zu berücksichtigender Gedanke.

          Also, Kopf hoch und lieben Gruß – Marge

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          • Re: Endstadium


            Liebe Barbara,

            danke für Deine Worte. Ich denke, wir sollten uns niemals einreden, nicht genug getan zu haben. Wir haben unser bestes gegeben. Das mag im Nachhinein nicht immer gereicht haben (gerade anfangs habe ich meinen Vater mit der Krankheit meiner Mutter ziemlich hängen lassen, aber ich war wie gelähmt und einfach unfähig, für sie da zu sein), aber ändern können wir es nicht mehr. Bedauern hilft niemandem, und wenn wir unseren Angehörigen fragen würden, würde dieser uns sicher kopfschüttelnd ob unseren schlechten Gewissens in den Arm nehmen. Oder?
            Ich warte einfach ab und bin für sie da. Mehr kann ich nicht tun.
            Danke,
            K.M.

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            • Re: Endstadium


              Hallo Wunnecke,
              meine Mutter war immer eine sehr energische, alles kontrollierende Frau. Gefühle äußern war selten. Nun im Demenzstadium spielen Gefühle eine große Rolle. Sie bringt sie durch kleine Sätze. Laute, Mimik zum Ausdruck. Ich weiß genau, ob sie sich freut, Spass hat, ärgerlich ist, Schmerzen hat, ihre Lage im Bett ihr Unwohlsein bereitet oder anderes mehr.
              Ich tröste mich oft, dass ich denke, dass dieses nun fortgeschrittene Stadium ihres Lebens für Sie und für uns seinen Sinn hat. Sie ist so zufrieden mit sich,(Medikamente helfen ein bischen) was ich mir nie gedacht hätte. Sie erkennt nicht mehr alle, freut sich immer über Besuch. Ich selber fordere andere auf, ihr durch Besuch eine Freude zu machen, so z.B. den Pfarrer unserer Gemeinde, bevor er in den Ruhestand ging. Ich möchte, dass sie mit manchen in Frieden abschließen kann. Das ist das, was ich tun kann und möchte.
              Ich finde auch, dass in unserer Gesellschaft zuwenig über das Ende des Lebens gesprochen wird. Aber es ist ja auch so individuell!!! Und es gibt auch Leute, die ein Umdenken in Gang bringen. Letztens war erst ein Vortrag "Wieviel gespräche braucht ein würdevolles Sterben?" ich war leider nicht dort. es hätte mich interessiert.

              Liebe Grüße
              Burgfrau,

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              • Re: Endstadium


                Danke, liebe marge, für diesen Beitrag. Ich habe mich auch sehr viel mit dem Fall Walter Jens befasst und er zeigt anschaulich, dass mit der Veränderung der Persönlichkeit sich auch die Haltung zu vielen Dingen verändert. Der Urtrieb im Menschen zu überleben ist etwas sehr Fundamentales und Gewaltiges und dies zeigt sich eben auch beim alzheimerkranken Menschen. Ich hatte bei meinem Vater selbst in der Schlussphase immer das Gefühl, dass er leben wollte.

                Zu der anderen Frage - wie lange all das Leid wohl dauern kann - ist nur schwer etwas Konkretes zu sagen. Es hängt von der Leistungsfähigkeit des Herzens und der anderen lebenswichtigen Organe ab und natürlich von der Versorgung. Ein Oberschenkelhalsbruch, eine Infektionskrankheit oder die Aspiration von Nahrung mit anschließender Lungenentzündung sind oft der Anfang vom Ende, so wie jeder Krankenhausaufenthalt eine große Herausforderung an den demenzkranken Patienten ist.

                Die Bettlägerigkeit kann sich aber auch durchaus lange hinziehen. Bei uns waren es fast zwei Jahre. Man leidet als Angehöriger entsetzlich mit, kann es oft kaum mehr tragen, aber m.E. steht es uns nicht an eine Entscheidung über Leben und Tod zu treffen, denn 1. wissen wir nicht, wie der Kranke seine Situation subjektiv empfindet und 2. wurde uns das Leben von einer höheren Macht gegeben und dieser allein steht n.M. das Recht zu den Schlussstrich zu ziehen.

                Die Worte Walter Jens: ..nicht totmachen bitte, nicht totmachen!
                sind sehr ergreifend und sollten uns allen zu denken geben.

                Herzlichst
                Leona

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                • Re: Endstadium


                  Hallo Wunnecke,

                  der letzte Beitrag von Dir hat mich sehr getröstet, da ich z. Zt. sehr traurig bin. Meine Mutter war vor zwei Jahren noch Schützenkönigin, und ist jetzt im Endstadium, wie man das sagt.
                  Sie hat leider die ganz schwere Demenz Alzheimer führend. Ich enpfinde das genauso, weil sie auch so energisch und gefühlsam war zu uns Kindern. Mich töstet nur das sie das nicht mitbekommt. Leider haben wir Kinder Streit wegen ihr, zwei sind für künstliche Ernährung und zwei sind dagegen( wollen noch was erben), anstatt zusammenzuhalten und sich gegenseitig Kraft zu geben. Leider hat sie die Krankheit schon ganz eingenommen. Sie hat mich letztes Jahr im Oktober schon nicht mehr erkannt. Aber ist das noch ein Leben, wo man nichts mehr genießen kann, noch nicht mal die Nahrung. Leider kann sie nur künstlich ernährt werden, sie hat Schluckprobleme. Sie bekommt jetzt eine PEG. Kennt sich jemand damit aus? Bitte schreibt mir doch.

                  Liebe Grüße

                  mariechen

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                  • Re: Endstadium


                    Hallo mariechen,

                    suchen Sie mal unter Stichwort PEG in diesem Forum und schreiben Sie ggf. den Personen, die sich dazu geäußert haben eine Private Nachricht (denn darüber werden diese in ihrem Emailaccount informiert und werden Ihnen sicherlich antworten). Ansonsten vielleicht mit Stichwörtern "Forum" und "PEG" googeln, vielleicht findet sich auch etwas in anderen Pflegeforen, und man kann sich dort mit pflegendem Personal austauschen?
                    Freundliche Grüße, Flieder

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                    • Re: Endstadium


                      Hallo,
                      an einer Demenz stirbt man nicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt zwischen 6 und 7 Jahren, bei der vaskülären Demenz etwa um
                      0,5 Jahren darunter. Die Zeit die man hat ist ein Geschenk, sie sollte als "Abschied nehmen" genutzt werden.Man erreicht demenzkranke Menschen bis zum Ende noch sehr gut über den Hautkontakt, Wärme und einfach nur da sein.
                      LG
                      Ischwalm

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