folgende Erfahrungen habe ich bisher mit der Demenz-Erkrankung gemacht:
Nach einer Darmkrebs-OP 2007 (die Gott sei Dank gut abgelaufen ist)hat es die ersten spürbaren Anzeichen von Demenz (vor allen Dingen Orientierungsprobleme) bei meinem Mann (73 Jahre) gegeben. Der Verlauf ging für mein Gefühl dann relativ schnell. Alles was ich über diese Erkrankung bis dahin wusste, kannte ich nur vom Hörensagen. Da wurde zum Beispiel immer gesagt, dass bei Demenz besonders das Kurzzeitgedächtnis stark beeinträchtigt wird, jedoch nicht das Langzeitgedächtnis. Das ist aber bei meinem Mann gar nicht der Fall. Genau genommen hat er jetzt weder ein Kurz- noch ein Langzeitgedächtnis. Wenn ich ihm Dinge von der Familie, von unseren Reisen, Beruf und ehemalige Kollegen, von seinem Hobby (er war leidenschaftlicher Brieftaubenzüchter)usw. erzähle, dann kann er dazu gar nichts mehr sagen. Nicht einmal Fotos helfen viel weiter. Er sagt dann zwar "ja, ja" oder "ach so" und "schön", doch ich merke, dass er nichts damit anfagen kann. Beim nächsten Mal fange ich dann wieder von vorne an.
Auch das Kurzzeitgedächtnis ist nicht da. Hier nur vier Beispiele: 1) Er weiß von einer Minute zur anderen nicht mehr, wo der Mülleimer steht, obwohl er gerade eine Bananenschale auf meinen Hinweis dort entsorgt hat. Er hat überhaupt vergessen, sich im Haus auszukennen. 2) Wenn er gerade gegessen oder getrunken hat, dann weiß er auch das nicht mehr, schon gar nicht, was er zu sich genommen hat. 3) Die Reihenfolge beim An- und Ausziehen bringt er völlig ducheinander. 4) Er will mir etwas erzählen, doch ich weiß gar nicht, was er meint. Ich verlege mich dann aufs Raten.
Jetzt kommt aber etwas, das habe ich noch von keinem Anderen gehört!
Mein Mann war schon immer passionierter Raucher (mal mehr mal weniger), doch jetzt raucht er gar nicht mehr - er hat es einfach vergessen. Er fragt nicht einmal nach einer Zigarette. Früher hat er am Abend auch sein Bierchen getrunken, auch danach verlangt er nicht mehr, so als ob er gar nicht wüsste, dass es überhaupt Bier gibt. Wenn ich ihm seinen Saft, Kaffee oder Mineralwasser gebe, dann ist er glücklich.
Eigentlich bin ich sehr froh darüber, dass er nicht mehr raucht, trotzdem ist mir diese Sache doch unheimlich und ich frage mich, ob das eine "normale" Demenzerscheinung ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass mein Mann seit seiner Krebs-OP Stomaträger ist. Das verlangt nach einer besonderen Sorgfalt und Hygiene. Bis vor ca. einem guten halben Jahr konnte er "noch" relativ gut selbst damit zurechtkommen, doch jetzt vergißt er meistens, sich mit einem neuen Beutel zu versorgen. Wenn ich bzw. der Sozialdienst da sind, dann achtet man ja ständig darauf. Doch leider gibt es auch Phasen, wo er allein ist. Bis jetzt habe ich dafür noch keine Lösung.
Problematisch für mich ist es auch, dass mein Mann so gar kein Zeitgefühl mehr hat. Er ist z. B. in der Nacht oftmals vollkommen munter und läuft im Haus herum. Ich muss ihm dann sagen, dass es Nacht ist und die meisten Menschen jetzt schlafen. Den Gartenzaun haben wir schon ständig abgeschlossen, weil es schon passiert ist, dass er im Dunklen hinaus gegangen ist und nicht mehr hereingefunden hat. Ich habe ständig Angst, dass etwas passiert, wenn ich mal tief schlafen sollte.
Ich habe seit Januar 2010 die Pflegestufe I für ihn. Da ich aber noch voll berufstätig bin (ich bin 54 Jahre alt) und ich die Hilfe des Sozialdienstes erweitern möchte, will ich jetzt die Pflegestufe II beantragen. Wäre diese nach dem beschriebenen Stand berechtigt? Außerdem würde ich gern wissen, ob es nicht milde Schlafmittel gibt (in Tropfenform, Tabletten bekommt mein Mann nicht runter), die ihm helfen, die Nacht durchzuschlagen?
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