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Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?

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  • Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?

    Hallo Forumsmitglieder,
    so gut es meiner Mutter im Seniorenheim offenbar geht, so aktiver ist sie auch. Sie ist bereits zweimal weggelaufen und die Heimleitung möchte nun morgen mit mir ein Gespräch hierüber führen.
    Was wird man mir vorschlagen ? Dass sie wieder in die "geschlossene" muss, um noch "ruhiger eingestellt" zu werden ? Dass man sie dort im Heim ruhigstellen will ?
    Ich werde wahnsinnig. Was kann man bloß tun ?
    Danke für jeden Kommentar.
    Gruß - Marge


  • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


    Liebe Marge,
    all das erinnert mich an meinen Vater, der ebenfalls zunächst sehr munter im Heim herumspazierte, aber bei seinen Exkursionen eben auch nach draußen ging und nicht mehr zurück fand. Dies geschah 5 Mal. Es ist ihm nie etwas passiert, aber die Heime fürchten um ihren Ruf, weil ja häufig die Polizei eingeschaltet werden muss. Ich lehnte mich gegen das Ruhigstellen auf, ließ es nicht zu, doch man machte es trotzdem.
    Eigentlich müsste es geschützte Räume und Park-/Gartenanlagen für demenzkranke Bewohner geben. Leider ist das noch sehr selten und das Personal ist knapp. So fürchte ich, wird man wieder zu chemischen Keule greifen. Bei meinem Vater war es dann innerhalb kürzester Zeit mit der Mobilität ganz vorbei. Das nächste Gespräch mit der Heimleitung ging dann um Hüftschützer, wegen der Sturzgefahr... Zuvor hieß es, mein Vater sei flink wie ein Wiesel. Versuchen Sie es aufzuhalten, mehr kann ich nicht raten oder tatsächlich nach einem Haus mit geschütztem Freiraum suchen. In Gedanken bei Ihnen grüßt Sie
    Leona

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    • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


      Hallo, Marge,
      wie lange ist Ihre Miutter schon dort? Ist sie in Beschäftigungsangebote eingebunden?
      Auf jeden Fall würde ich mich gegen die Verlegung in den "geschützten Bereich" wehren, solange keine Selbst- oder Fremdgefährdung zu befürchten ist.

      Sie haben ein Mitspracherecht, was die Tagesstruktur-Gestaltung betrifft, fragen Sie nach der Angebotspalette, begleiteten Spaziergängen, Ausflügen etc. und bestehen Sie darauf, dass Ihre Mutter regelmäßig daran teilnimmt.

      Ich arbeite in der Sozialen Betreuung Gerontopsychiatrie und kann aus Erfahrung sagen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit engagierten Angehörigen für den Bewohner nur von Vorteil sein kann - und auch für uns Mitarbeiter (8))

      Vor allem: Gehen Sie mit Selbstbewusstsein in das Gespräch - Ihre Mutter ist die "Kundin" und kann eine dementsprechende "Bedienung" erwarten!
      Gruß,
      Kicia

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      • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


        Sehr geehrte Marge,

        Aktivität ist zunächst einmal nichts Negatives, auch wenn das Verlassen des Geländes natürlich Gefahren in sich bergen kann. Die Gründe für ein Weglaufen können sehr unterschiedlich sein (Räumliche Orientierungssstörungen, "nach-Hause-wollen", Lust am Spazierengehen), wobei "Weglaufen" bereits impliziert, daß Ihre Muter "weg" will, was möglicherweise gar nicht der Fall ist. Eine medikamentöse Behandlung sollte soweit möglich vermieden werden. Sinnvoller wäre es, wie auch Kicia schon schrieb, den Bewegungsdrang in andere Aktivitäten zu kanalisieren und den Tag mit Tätigkeiten oder Aufgaben zu füllen. Dies wird auch eine erfahrene Heimleitung wissen. Lebt Ihre Mutter innerhalb des Seniorenheims in einem speziellen gerontopsychiatrischen Bereich?

        Mit freundlichen Grüßen,

        Spruth

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        • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


          Vielen Dank für die lieben Antworten.

          Das Gespräch ist besser gelaufen, als ich dachte. Es ging genau um all diese Punkte, die auch Ihr angesprochen habt. Anlaß war die Tatsache, dass meine Mutter ab und zu entwischt. Es war ein Teamgespräch mit den 3 (Haupt-)Pflegerinnen/Pflegern, 2 Sozialarbeiterinnen, der Pflegeleitung und der Wohnbereichsleitung. Allein dieses Aufgebot gab mir das Gefühl, ich werde hier ernst genommen.

          Jeder hat irgendetwas über meine Mutter erzählt (ich natürlich auch) und einig waren sich alle darin, dass sie sehr aktiv ist, nie müde wird, 12 Std. herumläuft (auf 5 Etagen) und dann eben auch nach draußen geht. Wir haben die gesamte Biografie und ihre Vorlieben und Abneigungen nochmals durchgesprochen (hatte ich aber auch schon schriftlich gemacht) und überlegt, welche Aktiviäten man noch mit ihr ausprobieren kann. Uns fiel allerdings auch nicht mehr viel ein.

          Sie darf bei den "Pflegegängen" mitgehen und schiebt die Karre und klopft die Kopfkissen auf. Sie nimmt am Singen-Nachmittag teil, geht in eine "Nähgruppe", in der sie Stoffe hin- und herfalten kann, sie hat schon mit gebacken und Pellkartoffeln gekocht. Von uns ist jeden Tag jemand zum Spazierengehen da (wechselnd in Zeiten und Personen). Ich muss sie jedesmal suchen, weil sie wieder irgendwo "arbeitet" oder ihrem Nachbarn den Kleiderschrank ausräumt. Sie ist erst seit 4 Wochen dort, in denen sie 4 Kilo zugenommen hat, trotz der Lauferei. Also es geht ihr den Umständen entsprechend gut.

          Aber die Ausdauer fehlt, sie ist wieselflink und der Tag ist sehr lang. Nach ein paar Minuten ist es immer vorbei. Sie sucht und vermisst im Augenblick ihre Mutter ganz stark. Fragt immer, was für ein Geschwisterchen sie denn jetzt bekäme, Mädchen oder Junge. Sie wartet auf dieses Ereignis.

          Ich glaube nicht, dass sie "weg" will, denn sie geht ja auch problemlos wieder zurück und erzählt dann ihren Mitstreitern, wo sie war. Mir erzählte sie gestern stolz, dass sie diese Treppe dort hinten auch schon mal gegangen sei. Auf meine Frage, was da sei und was sie dort wolle. "Mal gucken, was da ist".

          Das Team wollte sich absichern, ob wir uns darüber im klaren seien, dass es sehr wohl trotz aller Vorsicht und Aufsicht passieren kann, dass meine Mutter entwischt und dann vor ein Auto laufen könnte, auch wenn sie ihr Bestes tun. In der letzten Woche hat eine Pflegerin, die Feierabend machte, sie zufällig die Straße entlanglaufend gefunden.

          Es ist ein großes, offenes Haus mit 2 Etagen, auf denen überwiegend Demenzkranke wohnen (kein spezieller geronto-psych Bereich) und dann bleibt halt ein Restrisiko. Unter den Dementen ist meine Mutter die einzige, die noch keinen Rollator oder Rollstuhl hat. Es sollte also zu managen sein, sie im Auge zu behalten. Es liegen außerdem an allen Eingängen und auf den Etagen Fotos.

          Hatte mich in einem anderen Thread ja noch wegen des GPS-Teils erkundigt, aber davon wollten sie überhaupt nichts wissen. "Sowas machen wir nicht." "Nein, Medikamente wollen wir im Moment auch nicht ändern. Nachts vielleicht später, denn sie steht zu oft auf, trotz Saft". (Kein Wunder, wenn man um 19:00 Uhr bettfertig gemacht wird. Haben wir auch noch diskutiert. Zu wenig Personal eben.)

          Ich hatte den Eindruck, man bemüht sich wirklich und wollte meine Meinung hören. Ich hatte außerdem Gelegenheit, meine inzwischen angehäuften tausend Fragen bei den richtigen Ansprechpartnern gleichzeitig loszuwerden.

          @Dr. Spruth: Sehr geehrter Herr Dr Spruth, sind 3 ml Pipamperon-Saft "viel" ? Ich meine mich zu erinnern, auf dem letzten Krankenhausblatt mehr gelesen zu haben, bin aber unsicher. Ich hätte gerne nur mal einen Anhaltspunkt, ob das okay ist, wenn man sich dann schon dazu entschließt oder ist es ein Wunder, dass sie morgens wieder wach wird ?

          @Kicia: was versteht man unter "geschütztem Bereich". Abgeschlossen ? Gibt es dort nicht und in den anderen von mir besichtigten Häusern auch nicht. Es sind alle Zimmertüren, Flurtüren, Küchen-/Keller, Eingangstüren immer auf, so dass wir vorgestern beim Sterben einer Nachbarin Anteil nehmen konnten. Hört sich jetzt komisch (vlt. sensationslüstern) an, aber Sie wissen sicher was ich meine. Es wird nichts beschönigt und vertuscht. Ehrlich eben. Das ist ganz in meinem Sinne und bleibt hoffentlich so.

          Entschuldigung, dass ich immer solche Aufsätze schreibe, aber einmal eingeschaltet....und außerdem tut es so gut.

          Falls noch jemand eine Beschäftigungsidee hätte...und nichts mit Vorlesen und Stillsitzen bitte.

          Nochmals vielen Dank. Gruß - Marge




          __________________________________________________ __________________
          Mein Steckbrief (Stand Apr 2010): Mutter (82) wird betreut von Ehemann (82) und mir (Tochter 54), vollzeitberufstätig. Erste Hirnleistungsstörungen diagnostiziert in 1994. Im März 09 als "mittelschwere" Altersdemenz eingestuft. Medikamente in 2009: 1 x wöchentlich Imap-Spritze, morgens und abends eine Piracetam Tablette. Seit Jan 10: Axura 5 mg morgens. Mit Axura deutliche Verbesserung in Wahrnehmung und Wortfindung. Wir werden wieder mit unseren richtigen Namen angesprochen, auch wenn sie nicht weiß, wer wir sind. Sie formuliert ab und zu wieder ganze Sätze, wenn auch kurze. Seit März 10 wieder mehr Stimmungsschwankungen, Weinen, Angst. Es kommen Rückenschmerzen und dadurch eingeschränkte Beweglichkeit hinzu. Ab 23.03. Fentanyl-Pflaster. Am 28.03. 10 Tage Krankenhaus wegen starker Durchfälle. Ab 06.04. auf mehrmaliges Anraten des Neurologen auf die geronto-psych. Abtlg. Dort bekommt sie Solian. Am 20.04. Seniorenheim. Im Moment nur noch Solian, nachts Pipamperonsaft, sonst keine Medikamente.

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          • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


            Liebe Marge,
            es freut mich wirklich für Sie, dass Sie dort so kompetente, engagierte Ansprechpartner haben!
            Der "geschützte" Bereich ist die "Geschlossene". Und in diesem Zusammenhang fällt mir ein: Unser Bereich hat einen direkten Zugang zum Garten. Wie sieht's bei Ihrer Mutter denn mit Gartenarbeit aus? Einige unserer Bewohner haben (mit Unterstützung von Schülern) z. B. ein kleines Stück Rasenfläche "urbar" gemacht, Beete angelegt und kümmern sich um die Versorgung. Für die nicht mehr so beweglichen Menschen gibt's ein Hochbeet, weitere sind in Planung.

            Wie sieht es bei Ihnen mit "hauseigenem" Garten aus? Man kann da so viel machen, Obst, Gemüse (auch zum Weiterverarbeiten), Kräuter anbauen und natürlich Blumen. Man kann auch spielen (Crocket z. B.) und gemütlich Kaffee trinken - auch das gemeinsame Vorbereitung einer Kaffeetafel mit selbstgebackenem Kuchen baut auf vorhandenen Ressourcen auf.

            Werden in dem Heim Demenzbegleiter eingesetzt (§ 87 b)? Wir fangen in der nächsten Zeit damit an, also gibt's noch keine Erfahrungswerte.

            Noch abschließend: Dass Sie beim Sterben einer Mitbewohnerin Anteil nhemen durften, hat mich sehr berührt. Der offene, einfühlsame Umgang mit Abschied und Trauer spricht eindeutig für die Qualität einer Einrichtung und ist hierzulande längst nicht selbstverständlich...

            Gruß,
            Kicia

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            • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


              Hallo marge09
              Ich habe jahrelang meine demente Schwiegermutter betreut. Oft überlegte ich, ob ich ihr nicht eine Puppe schenken sollte, Traute mich aber nicht. Dann kaufte ich zwei Stoffpuppen für meine Enkerl. Ich zeigte sie meiner Schwiegermutter. Sie hat sich so gefreut, daß ich ihr sofort eine schenkte. Am nachmittag fuhren wir für eine Stunde zu meiner Mutter. Wir informierten vorher meine Schwiegermutter. Das hätten wir nicht machen sollen. Denn als wir nach Hause kamen, hat sie so fürchterlich mit uns geschrien. Wir sind so grausliche Leute und haben sie bei der Entbindung ihrer Zwillinge alleine gelassen und eines haben wir ihr genommen usw. Sie war so fertig und hat uns die ganze Entbindung beschrieben. Ich ging dann und brachte ihr die zweite Puppe. Auf die Frage wie die Zwillinge denn heißen würden, nannte sie sie " Hanserl und Greterl". Die beiden waren jahrelang ihre Kinder, bis zum Tode. Sie hat mit ihnen gesprochen, ihnen Lieder vorgesungen, besonders "Hanserl und Greterl", gewickelt und gefüttert. Alles hat sie in ihrer Demenz erlebt. Die beiden Kinder nahmen wir sogar ins Krankenhaus in den Operationssaal mit. Während der Op im Gesicht hat sie Hänsel und Greterl ihren Kindern vorgesungen usw. Die Ärztin war total berührt. Sie selber hat Zwillingstöchter geboren und eine ist verstorben. Aber keiner ihrer 8 Kinder hießen Hans oder Greterl. Wir haben ihr die beiden Kinder sogar ins Grab mitgegeben. Versuchen sie es bei ihrer Mutter auch mit einer Puppe. Vielleicht hat es die selben positiven Auswirkungen wie bei uns. Meine Enkerl legten sich zu ihr ins Bett und sangen mit ihr die Kinderlieder. Die berührenden Gespräche mit den vermeintl. Zwillingen werde ich nie vergessen. Oma hatte nun eine Aufgabe und einen sinnvollen Zeitvertreib. Denn selben Aspekt hatte ich vor vielen Jahren mit einen dementen Patientin im Krankenhaus. Sie lag bei mir im Zimmer. Da ich vorher noch nie mit so einem Dementen Menschen zu tun hatte, war es natürlich auch für uns Zimmerkolleginnen eine Herausforderung. Bis ich die Schwestern bat, ihr eine Puppe zu bringen, da sie immer mit Babies sprach. Sie brachten ihr dann wirklich eine und das Ergebnis war nur mehr berührend und die Patientin war viel ruhiger und hatte für sich eine sinnvolle Beschäftigung. Versuchen Sie es einfach, wenn sie mein Beitrag angesprochen hat. Ich würde mich sehr freuen, wenn es ihrer Mutter helfen würde!!
              Liebe Grüße
              Anna A

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              • Re: Im Heim angekommen II - Weglaufen, was nun?


                Liebe Anna,
                meine Mutter hat mit ihrer Zimmernachbarin zusammen vier Puppen. Sie bevorzugt aber ihren Teddy, der mit ihr im Bett schläft. Den hat sie schon seit Jahren. Sie schleppt ihn zwar nicht mit durch die Gegend, aber er wird täglich in ihrem Zimmer von einem Platz zum anderen umgesetzt, damit er auch alles im Blick hat.

                Ich finde genau wie Sie, dass diese "Gespräche in ihrer Welt" so etwas von anrührend sind, dass man sich immer furchtbar anstrengen muss, nicht loszuweinen. Ich möchte diese auch auf gar keinen Fall missen. Am "schönsten" sind die aus ihrer Kindergartenzeit. Ich muss ihr Dinge aufschreiben, "weil sie ja noch nicht schreiben kann" und sie macht mich mit ihren kleinen Freundinnen bekannt. Wenn ich meine Tante (ihre Schwester) später frage, wer war eigentlich die/der, dann kann sie es mir genau erklären. Sie erlebt diese Zeit wirklich ein zweites Mal.

                Ich erfahre in dieser Zeit mehr über meine Mutter und ihre Familie als in den letzten 40 Jahren. Das ist eigentlich fantastisch, wenn der Preis auch hoch ist. Das meiste habe ich auch aufgeschrieben. Ich erfahre auch, wie emotional unterversorgt diese Generation war. Wenn ich eine kleine Tätigkeit von ihr verlange wie zum Beispiel, zieh doch schonmal deine Schuhe an, dann sagt sie, aber erst ein Küsschen. Ich habe das Gefühl, sie "fordert" auf trickreiche Weise Zuneigung ein, die sie früher kaum bekommen hat, besonders nicht von ihrer Mutter.

                Ja, bei aller Qual, es ist alles hochemotional und anrührend - und faszinierend, unser Gehirn. Und ich habe die einmalige Chance gehabt, mich wirklich von ihr "verabschieden" zu können. (Ich glaube wir sind für diese Diskussion im falschen Thread. Aber ich musste schnell antworten.)

                Lieben Gruß - Marge

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