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Im Heim angekommen

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  • Im Heim angekommen

    Meine Mutter ist nun seit einer Woche in einem Pflegeheim in einem Wohnbereich mit überwiegend Demenzkranken. Diese Entscheidung war sehr schwer und hat uns die letzten zwei Jahre den Schlaf geraubt. Mit der Pflege zu Hause im Kreise ihrer Lieben ist dies sicher nicht zu vergleichen, aber ich möchte kurz berichten, um anderen in der gleichen Situation etwas Mut zu machen.

    Nach vierwöchigem Aufenthalt in Krankenhaus und Geronto-Psychiatrie blieb uns keine Wahl mehr. Zu Hause wäre mit meinem kranken Vater und uns berufstätigen Kindern eine Betreuung nicht mehr möglich gewesen. (Die Nächte waren für meinen Vater nicht mehr durchzustehen.)

    Den Übergang vom Krankenhaus zum Heimplatz haben wir ein bisschen inszeniert. Mein Vater wartete in ihrem neuen Zimmer, heimelige Gegenstände von zu Hause waren dekoriert, von der Kuscheldecke, Teddybär und Fotos bis zu ihren Lieblingskeksen. Mein Bruder und ich haben sie dann dorthin gefahren und wider Erwarten hat sie diesen Platz sofort akzeptiert.

    Ich bin den ganzen Tag dort geblieben und habe mit ihr alle Wege x-mal gemacht und mich so verhalten, als würde ich auch dort wohnen. Der dort zweimal in der Woche vorbeischauende Internist kam auch sofort und hat sich alles angehört und sie angeschaut. "Unseren" Neurologen behalten wir, denn ich kann noch mit ihr dorthin fahren. Das Weggehen war nicht ganz so einfach, aber das war sie nach 14 Tagen auf der "geschlossenen" etwas gewöhnt. Die Pflegekräfte haben sie gut abgelenkt.

    Nach dieser Woche im Pflegeheim schläft meine Mutter durch (ohne Medikamente oder Beruhigungssäfte), isst alle vier Mahlzeiten ohne Probleme, hat einen entspannten Gesichtsausdruck und macht seit 2 Jahren zum ersten Mal wieder einen kurzen Mittagschlaf. Ich war jeden Tag dort und es gab jeden Tag ein kleines "event", Akkordeonspieler, Dämmerschoppen, "Gymnastik" etc.

    Ich hoffe, dass die plötzliche Esslust meiner Mutter nicht in der Krankheit bedingt ist, z.B. einfach dadurch, dass sie endlich "was zu tun hat", aber alle sagen, wer isst und trinkt und schläft, dem gehts "gut", soweit bei dieser Krankheit möglich. Tagsüber tippelt sie überall herum und nervt andere, in dem sie in ihren Zimmern herumgeistert. Aber das stört nicht wirklich, weil das alle anderen natürlich auch tun. Und das Merkwürdigste ist, dass sie in dieser Woche noch nicht einmal "nach Hause" (zu ihrer Mutter) wollte. Diesen Wunsch hatte sie sogar in ihrer eigenen Wohnung immer.

    Ich weiß nicht, wie es weitergeht und traue mich auch kaum, ein bisschen zu entspannen, weil ich immer denke, morgen ist die große Katastrophe da, aber im Augenblick sieht es so aus, als würde es ihr dort besser ergehen, als bei uns. Vielleicht konnten wir ihr einfach nicht mehr gerecht werden. Sie kann endlich tun und lassen was sie will, niemand presst sie in einen eigenen Zeitplan, niemand fragt sie Dinge, die sie sowieso nicht mehr versteht, niemand korrigiert oder antwortet entnervt. Nicht, dass wir uns nicht alle angestrengt hätten, das zu Hause auch zu vermeiden, aber unbewußt haben wir ihr sicher auch einigen Stress bereitet.

    Ich habe ein schlechtes Gewissen, das stimmt, und wenn ich nicht arbeiten müsste, hätte ich eine andere Lösung vorgezogen. Aber im Nachhinein waren die Medikamenteneinstellung im Krankenhaus, das komplette Durchchecken dort und die jetzige Entscheidung nicht so verkehrt. (Man muss natürlich dabeibleiben und immer aufpassen, ob auch nichts vergessen oder falsch gemacht wird. Ich habe mich dort oft aufgeführt wie eine Furie.) Aber meine Mutter weint nicht mehr und mein Vater auch nicht. Das bestärkt mich in diesem Entschluss. Es gibt eine Probewohnenzeit mit Kündigungsfristen, so dass wir jederzeit einen Rückzieher machen können.

    Ich bete, dass sie sich gut einlebt denn es sieht so aus, als wäre sie an ihrem richtigen Platz angekommen. Ich hoffe, dass ich nicht nächste Woche diesen Artikel komplett revidieren muss und werde natürlich gerne weiter berichten und am Forum teilnehmen. Die Krankheit selbst ist ja leider nicht aufzuhalten.

    Allen, immer wieder, viel Kraft und Geduld,
    lieben Gruß - Marge


    __________________________________________________ __________________
    Mein Steckbrief (Stand Apr 2010): Mutter (82) wird betreut von Ehemann (82) und mir (Tochter 54), vollzeitberufstätig. Erste Hirnleistungsstörungen diagnostiziert in 1994 (was wir erst seit unserer Vorsorgevollmacht wissen). Im März 09 als "mittelschwere" Altersdemenz eingestuft. Medikamente in 2009: 1 x wöchentlich Imap-Spritze, morgens und abends eine Piracetam Tablette. Seit Jan 10: Axura 5 mg morgens und abends. Mit Axura deutliche Verbesserung in Wahrnehmung und Wortfindung. Wir werden wieder mit unseren richtigen Namen angesprochen, auch wenn sie nicht weiß, wer wir sind. Sie formuliert ab und zu wieder ganze Sätze, wenn auch kurze. Seit März 10 wieder mehr Stimmungsschwankungen, Weinen, Angst. Es kommen Rückenschmerzen und dadurch eingeschränkte Beweglichkeit hinzu. Ab 23.03. Fentanyl-Pflaster. Am 28.03. 10 Tage Krankenhaus wegen starker Durchfälle. Ab 06.04. auf mehrmaliges Anraten des Neurologen auf die geronto-psych. Abtlg. Dort bekommt sie Solian. Am 20.04. Seniorenheim. Im Moment nur noch Solian, sonst keine Medikamente.


  • Re: Im Heim angekommen


    Liebe marge,
    das hört sich ja alles recht positiv an - sehr viel besser, als es bei uns seinerzeit gewesen ist. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter, dass es so bleibt. Wenn Sie weiterhin so gute Erfahrungen machen, wäre es hilfreich zu erfahren, um welche Heimeinrichtung es sich handelt - denn gute Häuser sind schwer zu finden.

    Meine besten Wünsche für Sie und die Mutter! Herzlichst, Leona.

    Kommentar


    • Re: Im Heim angekommen


      Hallo Marge,

      vielen Dank für Deinen Bericht.

      Ich hoffe, daß es mit Deiner Mutter weiterhin so gut geht.

      Meine Mutter ist nun inzwischen ein halbes Jahr im Heim. Sie hat jetzt ein Einzelzimmer bekommen, mit ihren vertrauten Möbeln und Bildern. Ich denke und hoffe, daß sich ihr jetziger Zustand noch weiterhin bleibt. Entspannen kann ich auch noch nicht so richtig. Ständig mache ich mir Gedanken, daß es ihr gut geht.

      Tagsüber "rennt" sie überall im Haus rum. Die Schwestern sagen immer, daß sie doch mal eine Pause machen soll, aber nein, sie läuft und läuft. Jetzt bei dem schönen Wetter ist sie öfters im Park, der zu dem Seniorenheim gehört.

      Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und vielleicht ein klein wenig Entspannung für Dich.

      Viele Grüße
      schubidu

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