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Antipsychotika bei Alzheimer sinnvoll?

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  • Antipsychotika bei Alzheimer sinnvoll?

    Hallo!
    Meine Vater, mittelgradig an Alzheimer erkrankt, ist im Nov.09 in ein Pflegeheim umgezogen (eine spezielle Dementenabteilung mit etwas mehr Personal), da der Tag und Nachtrhythmus sich "umgedreht hat" und er sich nachts zunehmend außer Haus verlaufen hat. Vorher hat mein Vater keinerlei Medikamente gebraucht; ist auch ein Gegner von Medikamenten allgemein. Von seiner Persönlichkeit her und auch beruflich war er immer ein "Chef", ließ sich nichts sagen, war auch immer eher Einzelgänger.. 3 Wochen im Altersheim wurde er als aggressiv eingestuft und man "verpaßte" ihm Seroquel. Er versteht zum Beispiel nicht, warum er in andere Zimmer nicht hineingehen darf; setzt sich auf den Stammplatz eines anderen Bewohners und dann gibt es Ärger. Seither kämpfe ich darum, daß das Medikament wieder abgesetzt wird, bisher ohne Erfolg. Nun will man Seroquel (endlich) ausschleichen und er bekommt aber dafür Ciatyl. (das heißt im Moment beides gleichzeitig und zusätzlich Axura) Wegen einer Verletzung äußerlich auch noch Antibiotika. Ich habe Angst wegen des Behandlungsrisikos und der Gefahr der Verschlimmerung der geistigen Beeinträchtigungen. Sollten nicht immer erst andere Maßnahmen probiert werden (anderer Umgang, Ablenkung) anstatt gleich diese Medikamente einzusetzen? WElche Möglichkeiten würde es sonst geben? eventuell auch weniger problematische Medikamente?
    Vielen Dank im voraus für Erfahrungen und Beiträge auch von Herrn Dr. Spruth.


  • Re: Antipsychotika bei Alzheimer sinnvoll?


    Auch Hallo!

    Also wenn ich Ihren Beitrag so lese, dann habe ich fast Zweifel, daß dieses Heim auf Demenzkranke spezialisiert ist. Oder zumindest die Abteilung, in der sich Ihr Vater befindet. Daß man jemanden als "aggressiv" einstuft, nur weil er andere Zimmer betritt oder sich mit den Bewohnern um den Stammplatz kabbelt - dazu gehört schon ein gerüttelt Maß an Ignoranz und Unverständnis für die Erkrankung. Es gibt Heime, die wirklich etwas von Demenz verstehen, und wo Kabbeleien unter den Bewohnern hingenommen werden (sofern es nicht zu Handgreiflichkeiten kommt) und wo es normal ist, daß die Bewohner wandern, auch zwischen den Zimmern, und auch immer wieder in fremden Schubladen wühlen und Gegenstände mitnehmen. Das legt man hinterher stillschweigend wieder zurück und damit ist die Sache erledigt.

    Der Gipfel der Frechheit ist jedoch, solche Bewohner, um Ruhe zu haben, mit Psychopharmaka ruhigzustellen. Leider ist das eine beliebte Methode in Kliniken wie in Heimen, aber ich rate Ihnen: wehren Sie sich dagegen, holen Sie sich Verbündete, gehen Sie evtl. zu einer Alzheimerberatungsstelle - notfalls suchen Sie ein anderes Heim.

    Neurolpetika sind u.U. schädlich für Demenzkranke. Sie bessern die Demenz nicht, sondern verschlechtern sie. Der geistige Abbau verläuft rapider, die Alltagskompetenz kann erheblich leiden (selbständiges Essen und Trinken z.B.) und es treten Gangunsicherheiten auf, die Sturzgefahr steigt. Diese Medikamente dienen nur der "Behandlung" unerwünschter Verhaltensweisen.
    Neuroleptika mögen erforderlich sein, wenn der Erkrankte andere Mitbewohner erheblich gefährdet oder sich selbst in Gefahr bringt. Dies scheint jedoch bei Ihrem Vater nicht der Fall zu sein.
    Ein auf Demenz spezialisiertes Heim muß geschultes Personal haben, das Verständnis für die Verhaltensweisen Ihres Vaters aufbringt. Er tut nichts Ungewöhnliches, ist nicht schwieriger als andere Demenzkranke. Das ist absolut kein Grund, ihn ruhigzustellen!

    Da hilft es auch nicht, Seroquel gegen Ciatyl auszutauschen. Was soll das bringen? Und dann auch noch gleichzeitig - das verstehe, wer will.

    Noch einmal: Wenn der Erkrankte in einer guten Umgebung mit entsprechender psychosozialer Betreuung lebt (gelassenes, erfahrenes Personal, das die Erkrankten gewähren läßt), verhält er sich automatisch viel umgänglicher und dann bedarf es in der Regel keiner Ruhigstellung. Gute Heime können sogar mit der Tag-/Nachtumkehr umgehen, ohne massiv Medikamente einzusetzen. Diese Heime sind jedoch leider nicht so dick gesät...
    Überfordertes, im Umgang mit Demenz unerfahrenes, Personal neigt allerdings automatisch dazu, Psychopharmaka einzusetzen.

    Ich hoffe, Sie finden ein besseres Heim für Ihren Vater!

    Ich wünsche Ihnen alles Gute!!
    Petra H.

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    • Re: Antipsychotika bei Alzheimer sinnvoll?


      Lieber Maier,
      versuchen Sie die Psychopharmaka wieder absetzen zu lassen, sie sind in der Regel zerstörerisch für das ohnehin vorgeschädigte Gehirn der Kranken. Ich habe sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht - der Zustand verschlechtert sich mit diesen Mitteln unglaublich schnell.

      Gruß Leona

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      • Re: Antipsychotika bei Alzheimer sinnvoll?


        Sehr geehrte/r Frau/Herr Maier,

        wenn es wirklich nur die von Ihnen geschilderten Fehlhandlungen waren, die zur Therapie mit einem Neuroleptikum führten, so wird der therapeutische Erfolg vermutlich eher mäßig sein.Daß dies auch so ist, läßt der Wechsel des Präparates vermuten. In der Tat lassen sich verschiedene problematische Verhaltensweisen, wie Sie schon vermuteten, am Besten durch daran angepasstes Verhalten eines erfahrenen Pflegepersonals entschärfen. Hierzu finden Sie auf verschiedenen Internetseiten (z.B. www.alzheimerforum.de, www.deutschealzheimer.de) Tipps. Medikamentös sehe ich wenig "bessere" Alternativen, auch wenn Risperidon explizit für "anhaltende Aggression bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Alzheimer-Demenz, die auf nichtpharmakologische Methoden nicht anspricht und wenn eine Risiko für Eigen- und Fremdgefährdung besteht" zugelassen ist. Hier geht es eher um die grundsätzlichen Frage, ob eine medikamentöse Behandlung erforderlich ist.

        Mit freundlichen Grüßen,

        Spruth

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