eigentlich haben wir jede Hoffnung aufgegeben. Doch dieser Fall ist so ungewöhnlich, dass ich immer noch Antworten suche, die ich wohl nie bekommen werde.
Mein Vater wurde am 15.07. 69 Jahre alt. Es begann im Sommer 2007 damit, dass mein Vater sich immer mehr zurückzog, nachdem im Januar 2007 bei ihm Prostatakrebs festegestellt wurde. Er bekamm Seeds gesetzt, es mußte nicht operiert werden und alles war überwunden. Er hatte keine Beschwerden und war krebsfrei. Doch er war immer in sich gekehrter. Im Juli wurde routinemäßig eine Darmspiegelung gemacht. Alles in Ordnung. Doch danach nahm er sehr stark ab. Er hatte keinen Appetit, aß sehr wenig. Innerhalb kurzer Zeit verlor er 10 kg. Ab August wurde es noch auffälliger, er schlief sehr viel und sehr fest. Einmal wachte er gegen 18.00 Uhr auf und war überzeugt, es wäre 6.00 h morgens. Daraufhin suchten wir das erste Mal einen Neurologen auf. Es wurde ein MRT gemacht, auf dem nichts zu sehen war. Diagnose: Depressionen.
Schön, wenn es das gewesen wäre. Es wurde immer auffälliger. Mein Vater wurde immer verwirrter. Mein Eltern sind über 40 Jahre verheiratet, aber waren nie händchenhaltend unterwegs. Plötzlich suchte mein Vater immer die Hand meiner Mutter. Er kam mir so unselbständig vor. Aber er war sehr freundlich und offen. Nichts schloß auf Depression.
Es wurde immer schwieriger. Mein Vater fuhr sehr unsicher mit dem Auto. Fand den Weg vom Supermarkt im Ort nicht mehr nach Hause, ging nicht mehr alleine in seinen heißgeliebten Garten. Wenn doch, arbeitete er nicht wie üblich, sondern verschlief die meiste Zeit.
Ich muß dazu sagen, dass mein Vater immer sehr agil war. Er fuhr viel Fahrrad, arbeitete gerne in seinem Garten, hatte eine Superkondition und sah immer blendend aus.
Im März 2008 suchten wir einen anderen Neurologen auf. Er veranlaßte ein CT, auf dem nichts zu erkennen war. Dann der Alzheimertest. Ich hab die Uhr gesehen, die mein Vater gezeichnet hat....eine Katastrophe. Ich war ziemlich am Ende.
Trotzdem ging alles einfach zu schnell. Er kam Ende Mai 2008 in ein Krankenhaus, das auf solche Fälle spezialisiert war. Wieder viele Untersuchungen ohne Resultate. Auch hier wurde uns gesagt, der Verlauf wäre einfach zu schnell. Mein Vater wurde immer verwirrter. Er wußte nicht, daß er in einem Krankenhaus war. Wanderte von Zimmer zu Zimmer und suchte irgendwas. Meine Mutter war täglich stundenlang bei ihm. Versorgte ihn mit essen. Sein körperlicher Verfall war schlimm. Er lief wie ein Greis. Ich hatte das Gefühl, seine Beine müßten tonnenschwer sein. Er wurde dünner, sein Blick immer hohler.
Dann wurde er in die Uni Düsseldorf zwecks weiterer Untersuchungen überwiesen. Auch hier schüttelten die Ärzte die Köpfe. Der Verlauf war zu schnell für eine Alzheimer. Alles wurde gecheckt. Vitamine, Entzündungen, alles mögliche. Nicht wurde gefunden.
Auffällig von Anfang waren nur die Entzündungswerte im Blut. Schon 2 Jahre zuvor hatte der Hausarzt dies festgestellt, aber nichts weiter unternommen.
Die Werte waren immer zu hoch. Das war das einzige, was alle Ärzte gefunden haben. Aber niemand hat die Ursache dafür gefunden. Und irgendwann sagte man uns immer, dass gäbe es schonmal.... Super.
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Juli 2008: Mein Vater stürzte im Krankenhaus: Oberschenkelhalsbruch. Er bekam eine neue Hüfte. Dies hat er nicht mehr begriffen. Er wußte nicht wo er war oder dass er eine neue Hüfte bekam. Er hat es nicht mehr begriffen.
Er konnte nicht mehr laufen. Die Befehlskette Gehirn - Beine funktionierte nicht mehr. Er wurde inkontinent. Meine Mutter und ich waren vollkommen am Ende. Meine Mutter schaffte die Pflege nicht mehr.
Seit September ist mein Vater in einem Pflegeheim. Er hat es nicht begriffen. Es war erschreckend, ihn zu sehen. Er las eine Zeitung und wenn er auf der letzten Seite ankam, schlug er die 1. Seite auf und las mir den gleichen Artikel wieder vor. Er konnte mit Hilfe sehr schlecht an einem Rollator laufen, saß aber meistens im Rollstuhl, was er auch nicht begriff. Wenn mein Mutter in schob und es zu anstrengend wurde sagte er: "Setz du dich doch mal, dann schieb ich dich."
Dann der nächste Rückschlag. Am 15.12.2008 bekam mein Vater seinen ersten epileptischen Anfall. Dieser Anfall hielt 6 Tage lang an. Danach ging eigentlich gar nichts mehr. Als er aufwachte, sprach er nicht mehr. Schlief fast nur noch. Schlucken fiel im von Anfang an sehr schwer. Danach mußte eine Magensonde gelegt werden.
Er kam Ende Januar wieder ins Heim. Dort wurde er einigermaßen aufgepäppelt. Er konnte sitzten, bekam manchmal etwas Obst gefüttert bekommen. Mein Vater war nur noch ein Schatten seiner selbst. Er versuchte zu sprechen und manchmal konnte man was verstehen. Meistens wußte ich, dass er mich noch erkannte. Ich erkannte es an seiner Mimik.
Anfang März 2009 wieder ein epileptischer Anfall. Seitdem ist mein Vater nur noch weg. Für mich ist es so, als wäre er an dem Tag gestorben. Er ist ein totaler Pflegefall. Er hat vielleicht 5 Minuten am Tag die Augen offen. Er kann nicht sprechen, nicht sitzen, nicht Essen.
Ich weiß nicht, wie meine Mutter es schafft, 7 Tage die Woche stundenlang an seinem Bett zu sitzen, ihm die Hand zu halten. Ich bin 2 - 3 mal die Woche bei ihm und schaffe es kaum, nicht zu weinen.
Mein Vater ist von 100 auf 0 in 1 Jahr gegangen. Ich habe bisher von keinem vergleichbaren Fall gehört. Es ging so schnell und er fehlt überall.
Kann das wirklich Alzheimer gewesen sein? Mittlerweile sind die großen weißen Stellen auf dem MRT sichtbar. Vor einem Jahr nicht.
Es ist einen furchtbare Erfahrung. Vor allem, weil mein Vater so ein großer, starker Mann war und immer und überall zur Hilfe war.
Das mußte ich einfach mal loswerden.
Viele Grüße
Silke
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