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Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix

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  • Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix

    Hallo,

    mein Vater bekam nach einer Medikamentenumstellung im Frühjahr 2008 das Medikament Orfiril long. Er leidet seit gut 30 Jahren an Epilepsie. Jedoch war er mit dem Medikament nicht wirklich zufireden, da er nach ca. 3 Monaten wieder das Gefühl von Anfällen hatte und sich auch häufig unwohl fühlte. Im November 2008 bekam er zusätzlich noch Lamotrigin. Dieses Medikament wurde langsam hochdosiert damit im Februar 2009 Orfiril abgesenkt werden konnte.. Kurze Zeit später waren Anzeichen einer vermeintlichen Demenzerkrankung erkennbar. Diese wurden immer stärker je höher Lamotrigin dosiert wurde. Im Februar 2009 sollte dann Orfiril stark reduziert werden wodurch sich auch die Nebenwirkungen reduzieren sollten. Jedoch trat diese Verbesserung der Nebenwirkungen nicht ein. Vielmehr wurde mein Vater immer verwirrter.

    Anfang März 2009 kam mein Vater dann ins Krankenhaus um die Medikamente komplett umzustellen. Orfiril und Lamotrigin wurden komplett abgesetzt. Jedoch trat keine Verbesserung ein.

    Vielmehr wurde der Zustand meines Vaters immer schlechter, bis er nach ca. 3 Tagen in ein Dilirium gefallen ist und geistig total abwesend war. Er wusste weder noch wo er war, noch welches Jahr wir hatten noch wer seine Familie ist. Nachts wollte er aus dem Krankenhaus fliehen und war auch ziemlich aggressiv. Nach 4 Tagen kam er aus Gründen des Selbstschutzes für 3 Tage in die geschlossene Psychiatrie.

    Die Ärzte waren nach einigen Untersuchungen der Ansicht, dass es sich nicht nur um Entzugserscheinungen handeln kann sondern das noch eine Demenz dahinter steckt. Jedoch konnte Alzheimer aufgrund einer Lumbalpunktion ausgeschlossen werden.

    Nach rund 10 Tagen kam mein Vater noch für 4 Wochen in eine geriatrische Klinik.

    Die Ärzte machten uns keine großen Hoffnungen, dass sich der Zustand meines Vater noch einmal massiv verbessern wird.

    Nun kam mein Vater nach Hause. Er ist auch geistig wieder sehr fit und bereits fast auf dem Niveau vom Sommer 2008. Er bekommt aktuell Keppra als Antiepileptikum sowie Risperdal und Tavor.

    Aufgrund der positiven Entwicklung stellt sich natürlich die Frage, ob er tatsächlich an Demenz erkrankt ist oder ob es nicht nur Nebenwirkungen von Orfiril und Lamotrigin waren die sich aufgrund der langen Dauer der Einnahme und hohen Dosierung erst sehr langsam wieder abbauen..

    Wir würden gerne bis auf Keppra die anderen 2 Medikamente absetzen. Ist dies sinnvoll und auf was ist speziell zu achten.

    Vielen dank und Gruß


  • Re: Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix


    Hallo Kurpfalz,
    dies sind Fragen, die unser Experte - Dr.Spruth - beantworten muss.
    Die Geschichte Ihres Vaters berührt mich sehr - ich hoffe, er stabilisiert sich wieder.
    Meine Mutter leidet nach einer Gehirn-OP vor vielen Jahren ebenfalls an Krampfanfällen, die sich mit Zentropil in Schach halten lassen. Seit Ihr zweiter Mann verstarb, nimmt sie in geringen Dosen ebenfalls Tavor, da sie sonst nicht mehr alleine in ihrem Haus bleiben könnte (Angstzustände). Mein Vater leidet hingegen an fortgeschrittenem Morbus Alzheimer und wird mit Exelon-Pflastern und bedauerlicherweise ebenfalls mit Risperdal behandelt.
    Letzteres sollte eigentlich nur interimsweise gegeben werden - zu oft wird es zur Dauermedikation. Alles Gute wünscht Leona

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    • Re: Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix


      Sehr geehrte/r Kurpfalz,

      es ist retrospektiv sehr schwer, die geschilderte klinische Symptomatik zuzuordnen. Prinzipiell kann es unter einer Therapie mit Valproat (Wirkstoff von Orfiril) auch unter im therapeutischen Bereich liegenden Serumspiegeln (diese werden bei Ihrem Vater bestimmt worden sein) zu Bewußtseinstrübungen und einem reversiblen dementiellen Syndrom kommen, ohne daß man die genaue Ursache dafür kennt. Man spricht dann von einer sog. Valproat-Encephalopathie. Hierbei treten meist aber auch noch bestimmte körperliche Symptome auf und die Beschwerden bilden sich i.d. R. nach Absetzen rasch zurück. Für ein Delir, wie Sie es beschreiben (obwohl es sich für ein Delir um eine ziemlich langandauernde Symptomatik handelt), gibt es aber eine Vielzahl von möglichen Ursachen, so daß die zeitliche Korrelation mit der Aufdosierung des Lamotrigins auch letztlich Zufall sein kann. Wie gesagt, dies zu beurteilen ist retrospektiv, über das Internet und ohne die genauen Untersuchungsergebnisse zu kennen sehr schwierig.
      Was die derzeitige Medikation angeht, so darf ich Ihnen keine konkreten Therapieempfehlungen geben, da ich Ihren Vater weder kenne noch selbst behandle. Grundsätzlich ist aber zu sagen, daß eine Dauerverordnung eines Neuroleptikums (welches im Übrigen auch die sog. Krampfschwelle senken kann) nur in den seltensten Fällen notwendig ist. Spätestens nach einigen Wochen bis wenigen Monaten sollte eine versuchsweise Dosisreduktion von Risperdal und ggfs. ein Absetzversuch unternommen werden. Was das Tavor angeht, so sollte dieses nach länger andauernder Einnahme sehr langsam ausgeschlichen werden, da es sonst neben Entzugssymptomen (v.a. Unruhe, Schlafstörungen) auch zu epileptischen Anfällen kommen kann. Alle diese Maßnahmen sollten eng mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden.
      Zum Schluß noch zwei allgemeine Anmerkungen: von einer Demenz kann man erst sprechen, wenn die Hirnleistungsstörungen über 6 Monate persistieren. Man kann eine Alzheimer-Krankheit nicht mit einer Lumbalpunktion ausschließen.

      Mit freundlichen Grüßen,

      Spruth

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      • Re: Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix


        Sehr geehrter Herr Spruth,

        gibt es in der Charité eigentlich auch eine ambulante Sprechstunde zum Thema Demenz oder Alzheimer um genaue Fragen Details abklären zu können?

        Vielen Dank im voraus!

        Mit freundlichen Grüßen

        Kommentar



        • Re: Demenz als Nebenwirkung - Medikamentenmix


          Sehr geehrte/r Kurpfalz,

          in der Charité gibt es verschiedene Gedächtnissprechstunden, die noch nicht alle in die Listen der Alzheimer-Angehörigeninitiative oder der Alzheimer-Gesellschaft aufgenommen wurden. Am Campus Mitte, wo ich arbeite, gibt es eine Gedächtnissprechstunde in der Neurologie (in der ich bis vor kurzem arbeitete) und eine in der Neuropsychiatrie (wohin ich kürzlich gewechselt bin).

          Mit freundlichen Grüßen,

          Spruth

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