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Alzheimer Agressionen

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  • Alzheimer Agressionen

    Hallo,
    habe mich aus Hilflosigkeit hier angemeldet und weil ich einen Rat suche, vielleicht von Menschen die schon Ähnliches erlebt haben und ihre Erfahrungen weitergeben möchten´!
    Mein Stiefvater, 78 Jahre, hat Alzheimer. Diagnostiziert vor ca. 2 Jahren, bisher aber für Menschen die ihn nicht kennen, nicht erkennbar, er redet sehr wenig, wenn dann aber, nur mehr oder weniger wirres zusammenhangloses Zeug! Seit 2-3 Monaten fällt auf, das er regelmässig nach Familientreffen (Geburtstagen) voller Agressionen ist und völlig ausflippt. Er findet irgendeinen Grund, oft Entscheidungen die ohne ihn getroffen worden sind....., und schreit rum, ist total jähzornig, neigt auch zur Gewalttätigkeit und läßt sich nicht mehr beruhigen! Meine Sorge gilt meiner Mutter, die dieses nur sehr schwer aushalten kann und auch Angst vor ihm hat. Was kann bzw. soll man tun? Danke für Antwort! LG


  • Re: Alzheimer Agressionen


    Hallo lili,
    Alzheimerkranke können mit Fortschreiten ihrer Erkrankung immer weniger für ihr Handeln und Verhalten verantwortlich gemacht werden - sie können sich nicht ändern. Nur wir Angehörigen können unser Verhalten anpassen und versuchen, mit der zerbrechenden Welt des Kranken klar zu kommen. Es hat z.B wenig Sinn, sich auf Diskussionen und Streit einzulassen - der Kranke kann keine Einsicht mehr zeigen, man verschlimmert die Situation nur. Es gibt Anleitungen, wie man am besten mit den auffälligen Verhaltensweisen umgeht (Validation). Auf jeden Fall : Ruhe bewahren, ihm Recht geben, sich bis zum gewissen Grad in seine Welt begeben und mitschimpfen, ablenken, neues Thema ins Spiel bringen, das ihn vielleicht interessiert. - Wenn das alles nichts hilft und das Verhalten des Kranken selbst- oder fremdgefährdend wird, müssen Sie mit einem Facharzt/Neurologen sprechen. Das wäre sicher auch jetzt nicht verkehrt. Es gibt natürlich dämpfende Medikamente, aber die stellen dann die ganze Person ruhig - die Bewegungen werden unsicher, die Sturzgefahr steigt, die Erkrankung schreitet nach meiner Beobachtung schneller fort. Darum will es gut überlegt sein, ob und ab wann man medikamentös eingreift. Wichtig ist, dass Sie einen guten Neurologen oder eine Memory-Klinik an Ihrer Seite haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft, Leona

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    • Re: Alzheimer Agressionen


      Liebe lili65,

      bei meinem Vater (73) wurde vor 6 Jahren eine Demenz festgestellt. Zunächst war nicht klar, um welche Form es sich handelt. Mittlerweile wissen wir, dass es keine Alzheimer, sondern eine vaskuläre Demenz ist. Vermutlich verursacht durch mehrere Schlaganfälle im Gehirn, die keinerlei äußere Auswirkungen hatten. Das Krankheitsbild ist leider dem der Alzheimer Demenz sehr ähnlich und auch hier gibt es bislang keine Aussicht auf Besserung oder gar Heilung.

      Die ersten 4-5 Jahre machte sich die Krankheit sehr schleichend bemerkbar. Auch mein Vater war bei Familienfeiern sehr passiv und unterhielt sich nur sehr einsilbig, wenn er angesprochen wurde. Er stellte immer und immer wieder die selben Fragen, konnte alte Bekannte nicht mehr erkennen, usw.

      Im letzten Jahr kamen dann Aggressionen dazu. Dazu muss ich sagen, dass mein Papa niemals gewalttätig war. Er war immer ein lieber, umgänglicher Mensch. Nun jedoch erkannte er seine Wohnung nicht mehr und auch meine Mutter erkannte er nicht mehr als seine Ehefrau. Er wollte immer am späten Abend aus der Wohnung und "nach Hause" gehen. Wenn meine Mutter ihn davon abhielt, schlug, kratzte, biss er sie. Lange hat meine Mutter uns Kindern das verschwiegen. Sie meinte einfach, sie müsse damit allein klar kommen. Als er dann mit einem Küchenmesser vor ihr stand und sie damit bedrohte und das Fenster öffnete und laut nach Hilfe schrie, rief sie uns endlich an. Sie war ein nervliches Wrack!

      Wir machten einen Termin bei einem Neurologen, der uns verschiedene Neuroleptika und Antidementiva verschrieb. Leider zeigte mein Vater starke Nebenwirkungen und die Aggressionen wurden immer häufiger. Um meine Mutter zu schützen, wurde Vater im Mai 08 in eine geschlossene psychiatrische Abteilung eingewiesen, wo er fast 6 Wochen war. Auch dort wurden wieder Medikamente ausprobiert. Wir kamen uns vor wie im Versuchslabor, es war einfach schlimm! Wir (meine Mutter, meine Schwester und ich) machten uns viele Vorwürfe, was wir unserem Vater da antun. Aber ihn zu Hause bei Mutter zu lassen, wäre unverantwortlich gewesen. Er war damals noch ein kräftiger Mann und 1 Kopf größer als meine Mutter!

      Mittlerweile - nach fast einem Jahr - ist er in einer geschlossenen Abteilung eines Pflegeheims, das auf schwere Demenzfälle spezialisiert ist. Von den Medikamenten her bekommt er "nur" noch ein Neuroleptikum und ein Medikament gegen epileptische Anfälle, da er vermehrt zu Anfällen neigt. Mutter besucht ihn fast jeden Tag, hilft ihm beim Essen und geht mit ihm spazieren. Erkennen kann er uns meist nicht mehr, aber es kommt oft vor, dass er mit uns lacht und sagt: "Du bist gut!". Das sind die schönen Momente, es gibt aber auch Tage, da liegt er nur im Bett und schläft.

      Ihr solltet auf jeden Fall einen GUTEN Neurologen suchen, der sich mit Demenz-Patienten auskennt. Wir hatten da leider nicht sehr viel Glück. Unser Neurologe hatte sehr wenig Verständnis, vor allem für meine Mutter. Sie solle sich nicht so anstellen, war die Antwort, als sie ihm sagte, dass sie nicht mehr schlafen könne vor Angst, was der nächste Tag bringe. Nicht der Vater bräuchte Beruhigungsmittel, sondern sie, usw.

      Ich wünsche euch sehr viel Kraft und unterstützt vor allem die Schwiegermutter, denn für sie ist es am allerschlimmsten.

      Liebe Grüße
      Andrea

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      • Re: Alzheimer Agressionen


        Hallo Andrea,

        einiges Ihrer Schilderungen kann ich gut nachvollziehen, weil auch mein Vater v.a. spät nachmittags "nach Hause" will. Zum Glück ist er bislang noch nicht tätlich aggressiv geworden. Ich habe meiner Mutter gesagt, dass sie ihn besser gehen lassen soll, statt sich in Gefahr zu begeben, falls es mal soweit kommen sollte, wie von Ihnen geschildert. Danach soll sie die Polizei verständigen, wenn er innerhalb einer gewissen Zeitspanne nicht zurückgekehrt ist. Daraus kann natürlich eine vorübergehende Einweisung in die Psychiatrie entstehen (wenn der Patient z.B. Ärger mit der Polizei macht), die aber bei Selbst- oder Fremdgefährdung obligatorisch ist. Wichtig ist, dass es zu einer Abstimmung des Psychiaters oder Neurolegen mit dem Hausarzt kommt und evtl. Medikationen unbedingt der Psychiatrie mitgeilt werden (auch bei sonstigen Klinikaufenthalten). Ich habe zu diesem Zweck eine kleine Notfallmappe angelegt, die alle Infos für Sofortmaßnahmen enthält.

        Natürlich soll man auch alles gesprächstherapeutisch Notwendige versuchen, was aber nach meiner Erfahrung bei Akutsituationen nicht viel nutzt.

        LG
        Egon-Martin

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        • Re: Alzheimer Agressionen


          Sehr geehrte Lili65,

          ich schließe mich Leonas Meinung an, daß Sie mit Ihrem Vater einmal eine spezialisierte Ambulanz aufsuchen sollten (Adressen unter www.deutschealzheimer.de oder www.alzheimerforum.de). Das mangelnde Verständnis des behandelnden Arztes läßt mangelnde Erfahrung mit Demenz-Erkrankungen befürchten. Für die aggressiven Durchbrüche gibt es verschiedene mögliche Erklärungen. Sie können Reaktion auf die Wahrnehmung eigener Defizite, Ausdruck einer Depression oder auch durch eine gestörte Impulskontrolle bedingt sein, wie sie bei verschiedenen Demenz-Erkrankungen auftritt. Therapeutisch hilfreich können hier die von Leona geschilderten Verhaltensweisen sein. Dennoch sollte unabhängig davon eine Ursachenforschung betrieben werden. Desweiteren sollte grundsätzlich bei der von Ihnen genannten Diagnose eine antidementive Basistherapie erfolgen, die sich meist auch auf Verhaltensstörungen auswirkt. Weitere medikamentöse Maßnahmen können im Verlauf erwogen werden, ihre Wahl wird aber durch die Ursache bestimmt. So kann unter Umständen beispielsweise eine aktivierende Medikation eine für den Laien paradox erscheinende ausgleichende Wirkung haben.

          Mit freundlichen Grüßen,

          Spruth

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          • Re: Alzheimer Agressionen


            Hallo,
            möchte hier allen danken die mir auf meinen Beitrag geantwortet haben, DANKE, das war sehr hilfreich! Wir werden jetzt das ein oder andere versuchen und angehen, aber auch versuchen eine etwas gelassenere Einstellung zu bekommen, das hilft vielleicht auch schon etwas. Aber wenn man erstmal neu vor "diesem" Problem steht, ist es sehr schwer! Danke für alle Antworten! LG

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