#}
  • Sie können sich hier registrieren, um Beiträge zu schreiben. Registrierte Nutzer können sich oben rechts anmelden.

Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demenz

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demenz

    Hallo liebe Forumsmitglieder,

    ab und zu berichtete ich schon über meinen 72-jährigen Vater, der an vaskulärer Demenz erkrankt ist. Er ist noch immer in dem Pflegeheim, das uns eigentlich anfangs nicht gefallen hat, weil wir uns vorkamen wie in einem Irrenhaus. Er ist in einem Wohnbereich, wo ausschließlich mobile Demenzkranke mit einem hohen Verwirrtheitsgrad untergebracht sind. Auch er gehört leider zu diesen Menschen, das mussten wir mittlerweile schmerzlich lernen und sind deshalb jetzt zu der Erkenntnis gekommen, dass er hier momentan relativ gut aufgehoben ist. Vor allem haben wir den Eindruck, dass die Pflegekräfte sehr viel Fachkenntnis und somit auch Verständnis für die Bewohner mitbringen und mit den krankheitsbedingten Ausfällen gut umgehen können.

    Was mir nun aber Sorgen bereitet sind 2 epileptische Anfälle, die Vater gestern Morgen beim Frühstück und noch einmal beim Abendessen hatte. Dazu muss ich sagen, dass Vater früher - als er noch gesund war - nie Krampfanfälle hatte. Während eines Aufenthalts in der Psychiatrie im April dieses Jahres hatte er nachts auch einmal einen Anfall, daraufhin wurde das verordnete Melperon abgesetzt. Jetzt bekommt er seit Ende Juni wieder Melperon, aber auch noch andere Neuroleptika. Wir haben das Pflegepersonal angesprochen, ob diese Anfälle von einem der Medikamente kommen könnten, die das aber verneinten. Es würden bei dieser Krankheit immer mehr Gehirnregionen absterben, das sei ein Teil des Krankheitsbildes!??

    Hat jemand bei einem kranken Angehörigen auch schon Probleme mit epileptischen Anfällen gehabt?

    Viele Grüße an alle!
    Andrea


  • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demenz


    Sehr geehrte Andrea,

    die epileptischen Anfälle könnten in der Tat als Symptom der Grunderkrankung verstanden werden. Die Aussage, daß sie nichts mit der Medikation zu tun haben können ist aber falsch, denn ebensogut kann es sich um Medikamentennebenwirkungen handeln. Neuroleptika, wie auch verschiedene andere Psychopharmaka senken die sog. "Krampschwelle" und erhöhen damit das Risiko für epileptische Anfälle. Da manchmal auf derartige Medikamente nicht verzichtet werden kann, sollte, sofern dies bei Ihrem Vater der Fall ist eine anfallsprophylaktische Therapie eingeleitet werden. Hierbei sollten insbesondere bei älteren Patienten gut verträgliche Antiepileptika eingesetzt werden (z.B. Gabapentin).

    Mit freundlichen Grüssen,

    Spruth

    Kommentar


    • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demenz


      Hallo Andrea,

      mich würde interessieren, wie es Ihrem Vater geht, und was sich weiter ergeben hat bzgl. der Epilepsien und Medikamenten.
      Viele Grüße, Flieder

      Kommentar


      • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demenz


        Hallo!

        Ein wenig spät vielleicht, aber ich möchte meine Erfahrungen damit auch noch kurz einbringen. Als meine Mutter (damals 82 Jahre alt, Diagnose: "Demenz vom Alzheimer-Typ" / vaskuläre Enzephalopathie / Mischform") in einer Klinik "medikamentös eingestellt" wurde, wie es so schön heißt, bekam sie unter der Kombination Risperdal/Eunerpan sogenannte "Absencen". Das sind stumm verlaufende epileptische Anfälle, bei denen ein plötzlicher, tiefer Bewußtseinsverlußt auftritt. Der Betroffene verfällt in eine regungslose Starre, die mehrere Minuten dauern kann, und reagiert weder auf Ansprache noch auf Berührung, die Pupillen sind starr, die Gliedmaßen hängen schlaff herunter als seien sie gelähmt. Manchmal ist nach kurzer Zeit ein unverständliches Murmeln zu hören, bevor das Bewußtsein wieder voll da ist. Wenn man das miterlebt, ist es sehr beunruhigend. Meine Mutter hatte dieses Phänomen mehrfach unter der Einwirkung dieser Medikamente. Jeder Arzt hat einen Zusammenhang bestritten. Unsere Hausärztin sagt immer: Wenn ein Phänomen nach dem Absetzen eines Medikaments verschwindet, ist der Zusammenhang klar. Recht hat sie. So zeigte es sich dann auch bei meiner Mutter. Nach dem Ausschleichen der Medikamente trat nie wieder eine solche "Absence" auf.
        Schließlich hat der damals zuständige Chefarzt mir gegenüber einen Zusammenhang zugegeben, jedoch die Beibehaltung der Medikation unter Hinzugabe von Valproinsäure empfohlen. Später wurden die Medikamente dann doch ausgeschlichen, nachdem meine Mutter aufgrund ständiger Übermüdung kaum noch aß und trank, bis sie so erschöpft war, daß sie nur noch im Rollstuhl sitzen und nicht mehr laufen konnte.
        Nach Ausschleichen der Neuroleptika durchgefühte EEGs zeigten keinerlei Gehirnaktivität, die auf Epilepsie schließen ließen.
        Meine Mutter lebt heute fröhlich (so fröhlich wie ein Demenzkranker sein kann) zuhause ohne Neuroleptika und ohne Absencen.

        Meine Meinung:
        Wenn Neuroleptika nicht unbedingt notwendig sind (und das sind sie nach meiner Ansicht nur, wenn jemand sich selbst oder andere durch Aggressivität massiv gefährdet oder wenn er durch Halluzinationen an Angstzuständen leidet, die ihn psychisch stark belasten), dann sollte man den alten Menschen die Tortur mit Neuroleptika möglichst ersparen.
        Leider ist es oft so, daß Neuroleptika nicht aus den oben genannten Gründen gegeben werden, sondern lediglich, um dem Pflegepersonal die Arbeit zu erleichtern - den Erkrankten "führbar" und "lenkbar" zu machen, das ist oft das Ziel. Und das ist m.E. keine Rechtfertigung für den Einsatz von Medikamenten, deren Nebenwirkungen keinesfalls als harmlos einzustufen sind.

        Liebe Grüße,
        Petra H.

        Kommentar



        • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


          Liebe Petra,

          vielen Dank dass Sie sich nochmal äußern. Für mich ist natürlich interessant, dass auch bei Ihrer Mutter der Ansatz mit zusätzlicher Valproinsäure unternommen wurde, denn genau das schlägt der Neurologe ja auch vor, bzw. würde er ggf. auch versuchen nach Ansetzen der Valproinsäure das Risperdal oder/und das Axura abzusetzen. Er sagte mir, dass das Valproat sehr müde macht, aber dies vor allem anfangs was sich dann bessern würde. Ich möchte natürlich vermeiden, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, denn mein Vater hat die Myoklonien ja hauptsächlich nach dem Aufstehen bzw. wenn er sehr müde wird. Nun haben wir ja den Wirkstoff Mirtazapin reduziert, damit er nicht mehr sooo müde ist, was sich schon etwas positiv auf die Myoklonien aber vor allem auf seine Leistungsfähigkeit ausgewirkt hat.... allerdings haben wir jetzt das Dilemma, dass er jeden zweiten Tag nicht mehr einschlafen möchte; er hat tierisch Angst sich in den Schlaf fallen zu lassen und ich bin mir nicht sicher inwiefern er auch Halluzinationen hat und zwar optische als auch akustische. Weiß nicht wie lange wir den Versuch noch aufrecht erhalten, denn das ist sehr ermüdend... Wir versuchen gerade die Baldrian-Rationen die er bekommt auf hauptsächlich abends zu legen. Für mich stellt sich das große Problem, was machen wir wenn wir kein Risperdal mehr geben können, er neigt sehr stark nach wie vor zu Ängsten und Psychosen/Aggressionen, wenn er es nicht bekommt.
          Darf ich noch fragen, wie lange der Versuch mit der Valproinsäure unternommen wurde und wie hoch die Dosis war?
          Viele Grüße, Flieder

          Kommentar


          • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


            Hallo Flieder,

            leider muß ich Sie da enttäuschen, vielleicht habe ich das in meinem Beitrag nicht deutlich genug geschrieben. Valproinsäure war vom Neurologen einmal vorgeschlagen worden, jedoch hat meine Mutter das nie genommen. Gedacht war das ja, um den Absencen, die durch Risperdal/Eunerpan zustande kamen, gegenzusteuern. Jedoch haben wir vorzeitig beschlossen, Risperdal lieber auszuschleichen anstatt noch ein weiteres Medikament obendrauf zu setzen.
            Später dann, als meine Mutter nach einem Sturz in ein anderes Krankenhaus mußte, haben die Ärzte dort beschlossen, dem Epilepsieverdacht nochmals auf den Grund zu gehen (obwohl Risperdal längst abgesetzt worden war und meine Mutter keine Absencen mehr gehabt hatte). Man hat dann Frisium eingeschlichen bis auf 10 mg/Tag, jedoch nach 8 Tagen ständiger Beobachtung und diversen EEGs den Schluß gezogen, daß sie keine Neigung zu Epilepsie habe und begann mit dem Ausschleichen von Frisium (zunächst 5 mg/Tag, nach 4 Tagen haben wir die Dosis erneut halbiert, nach weiteren 4 Tagen haben wir es dann abgesetzt). So war das ein kurzes "Vergnügen", von dem ich aber sagen kann, daß meine Mutter davon sehr müde wurde mit einem deutlichen "Hangover" bis in die Vormittagsstunden hinein.

            Ich habe nochmal in meinem "schlauen Buch" von Prof. Erich Grond nachgesehen ("Pflege Demenzkranker"). Dort steht zu Medikamenten gegen Verhaltensstörungen:

            "Gegen Unruhe hilft Magnesium als Brausetablette. Distraneurin in niedriger Dosis beruhigt Suchtkranke, bevor Melperon oder Dipiperon eingesetzt werden. Gegen sun-downing-Unruhe in den frühen Abendstunden hat sich Lichttherapie für ein bis zwei Stunden bewährt. Hopfen, Baldrian, Melisse, Passionsblume und Johanniskraut beruhigen, Krankenkassen zahlen nicht."

            "Gegen Angst helfen Buspiron oder Baldrian erst nach Tagen. Bei akuter Panik wirkt Tavor-Expidet auf der Zunge in zehn Minuten."

            "Gegen Depression zunächst ein Versuch mit Johanniskraut und Baldrian und, wenn es nicht ausreicht, Citalopram oder Thromban."

            "Gegen Wahn kann Melperon und bei bedrohlichen Halluzinationen Risperidon helfen, wenn Wahn überhaupt auf diese Therapie anspricht. Haldol als starkes Antipsychotikum sollte vermieden werden."

            "Gegen Aggressivität ist Magnesium, bei gleichzeitiger Sucht Distraneurin in niedriger Dosis empfehlenswert, Risperidon ist das Mittel der Wahl, Valproat (z.B. Ergenyl, Orfiril) bei anfallsweiser Aggression."

            "Gegen schwere Schlafstörungen pflanzliche Beruhigungsmittel, evtl. Chloraldurat oder für zwei bis drei Wochen Distraneurin oder Zopiclon. Benzodiazepin-Schlafmittel können Demenzen verschlimmern."

            "Gegen Bewegungsstörungen helfen Memantine wie Axura oder Ebixa; wenn sie durch Neuroleptika ausgelöst sind, sind diese abzusetzen."

            "Gegen Schreien wirkt Risperidon oder Valproat, z.B. Ergenyl."

            "Gegen Drang-Inkontinenz können Trospiumchlorid (Spasmex, Spasmolyt) oder Oxybutynin-Pflaster (Kentera) eingesetzt werden, weil sie nicht zentral wirken. Dranginkontinenz wird auch durch die Antidementiva Reminyl, Exelon und Memantine und durch Toilettentraining gebessert."

            "Gegen epileptische Anfälle wirken Phenytoin und Carbamazepin. Neuroleptika und Benzodiazepine dürfen tagsüber nicht sedieren, können bei Demenzkranken paradox wirken, Denkeinbußen verstärken, andere Arznei verstärken oder abschwächen; sie sollten langsam ein- und ausgeschlichen werden. Da Demenzkranke multimorbid sind, müssen andere Leiden wie Diabetes, hoher Blutdruck und vor allem Schmerzen mitbehandelt werden."

            "Benzodiazepine können in niedriger Dosierung bei demenzkranken Personen stark sedieren, Sturz-, Depressions- und Inkontinenzgefahr verstärken, die kognitiven Fähigkeiten einschränken und sogar Unruhe steigern; Lorazepam und Oxazepam haben geringe Nebenwirkungen. Buspiron ist eine Alternative bei Angst und Unruhe. Anticholinergisch wirksame Medikamente dürfen demenzkranke Personen nicht einnehmen, weil nicht nur bei Alzheimer-Demenz, sondern auch bei anderen Demenzformen Acetylcholin fehlt. Anticholinergika sind trizyklische Antidepressiva wie Anafranil, Gemonil, Nortrilen, Tofranil, Amitriptylin oder Saroten, Doxepin oder Aponal oder Atangyl. Die trizyklischen Neuroleptika wie Truxal, Ciatyl, Fluanxol und die Phenothiazine wie Atosil, Neurocil, Taxilan, wirken auch anticholinergisch wie Parkinsonmittel und Spasmolytika. Anticholinergika können ein Delir, Verstopfung und Harnverhalt bei Prostata-Adenom auslösen, den Augeninnendruck bis zum Glaukom (grüner Star) und die Sturzgefahr erhöhen."

            Soviel zu Prof. Erich Grond.

            Ich persönlich wäre vorsichtig mit Valproat - ich habe schon mehrfach mitbekommen, daß Antikonvulsiva von manchen Ärzten recht schnell eingesetzt werden, weil viele Neuroleptika, die Demenzkranke ohnehin bekommen, eben die Krampfschwelle senken und man dann irgendwie gegensteuern muß. Für mich gilt immer noch: Wenn ein Medikament derartige Nebenwirkungen hat, sollte man zunächst das Absetzen/Ausschleichen erwägen und nicht die Nebenwirkungen mit einer weiteren Keule erschlagen, die womöglich wieder andere Nebenwirkungen auslöst, die eine weitere Keule erforderlich machen.
            Leider habe ich nämlich von einigen Angehörigen vernommen, daß Memantine dazu führen kann, daß der Demenzkranke agitiert, aufgedreht und aggressiv wirkt. Dagegen geht man dann wieder mit Risperdal vor, und weil dann Epilepsie auftreten kann, kommt Valproat ins Spiel ... usw. Ich hatte damals, als meine Mutter Axura nahm, auch so das Gefühl, daß sie davon aggressiv wird. Sie bekommt übrigens nur 240 mg Tebonin (Ginkgo-Extrakt) am Tag und sonst gar nichts. Ab und an hat sie im Schlaf Zuckungen oder murmelt und knirscht vor sich hin. Oft schläft sie 12 Stunden lang. Ich lasse sie gewähren. Ohne Medikamente. Was mich allerdings beunruhigt hat, war das Schnarchen und die offensichtlichen Atemaussetzer, die sie im Schlaf hatte. Ich habe sie daraufhin mit mehreren Kissen höher gelagert und, um das Wegkippen des Kopfes zu verhindern, schläft sie mit einem U-förmigen Nackenkissen. Das hat weitgehend geholfen.

            Das allerdings löst Ihr Grundproblem nicht; denn Ihr Vater bekommt die anderen Medikamente ja nicht ohne Grund. Ich vermute mal, der Hauptgrund sind Aggressivität und beängstigende Halluzinationen? Treten diese vor allem nachts auf? Es klingt jetzt vielleicht banal, aber neben den ganzen natürlichen Mitteln wie Johanniskraut, Baldrian, Melisse usw. kann zum Beispiel helfen:
            Abends eine warme Milch (mit Honig), ein kleiner, leichter Imbiß. Lichttherapie und Bewegung am Tage. Spiegel abdecken, damit er nicht vor seinem eigenen Spiegelbild erschrickt. Licht im Zimmer anlassen, wenn die Dunkelheit Angst macht. Fürchtet er, aus dem Bett zu fallen? Dann würde ich zumindest den Kopfteil mit einem ausgepolsterten Bettgriff oder Bettgitter sichern.

            Ich wünsche Ihnen viel Kraft und alles Gute!
            Liebe Grüße,
            Petra H.

            Kommentar


            • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


              Hallo Flieder, hallo Petra,

              nachdem mein Vater noch 2 weitere heftige Anfälle hatte (bis zu 3 Minuten pro Anfall!!!) wurde das Melperon komplett abgesetzt. Er bekam 2x am Tag 25 mg. Valproinsäure (Ergenyl) bekommt er schon seit Mai. Es wurde damals in der Psychiatrie verschrieben. Die Ärzte sagten uns dort, dass Valproinsäure nicht nur antiepileptisch wirken würde. Bei Demenzpatienten mit Agressionen und motorischer Unruhe würde es auch beruhigend und ausgleichend wirken. Die Valproinsäure wurde nach dem letzten Anfall von 300 auf 600 mg erhöht, seitdem hatte er keinen Anfall mehr!

              Nach einer ziemlich schwierigen Phase mit einer langwierigen Blasenentzündung und einer schweren Bronchitis geht es Vater momentan recht gut. Während dieser Zeit mit den Anfällen und den anderen Erkrankungen war er fast nur noch im Bett gelegen, konnte nicht mehr alleine essen oder laufen, war kaum noch ansprechbar. Jetzt läuft er wieder alleine, lächelt öfter, erzählt uns seine Geschichten und beschwert sich auch mal über etwas. So gefällt er uns!!! Ich glaube, ohne das Melperon geht es ihm wesentlich besser. Er bekommt jetzt außer dem Ergenyl nur noch Clozapin (Leponex) und einige andere Medis wg. Diabetes, Bluthochdruck und Prostata. Nachts schläft er mittlerweile - lt. Pflegepersonal - fast immer durch, ohne Bauchgurt und ohne zusätzliche Schlafmittel. Die Fixierung am Bett wurde jetzt komplett entfernt, sie machen lediglich noch das Bettgitter hoch, damit er nicht rausfällt.

              Neulich brachte ich in einer Plastikschüssel kleine Trauben mit und stellte sie vor ihm auf den Tisch. Daraufhin nahm er die Dose und sagte: "Was ist denn das?", als er die Trauben sah, holte er ganz vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger eine der Trauben raus und steckte sie in den Mund. Das war ein faszinierendes Ereignis für mich, lag er doch eine Woche zuvor noch fast bewegunslos im Bett und war nicht in der Lage eine Banane in der Hand zu halten.

              Ich hoffe, diese Phase dauert recht lange an!

              Viele liebe Grüße an alle!
              Andrea

              Kommentar



              • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


                Hallo Andrea!

                Ich bewege mich in diesem Forum nur noch gelegentlich und habe daher erst einmal Ihre Vorgeschichte nachgelesen. Ich freue mich ungemein für Sie, daß es Ihrem Vater etwas besser geht. Selbst solche kleinen Erfolgserlebnisse, wie Sie sie schildern, machen Mut!
                Ich muß jedoch sagen - ich bin schon einigermaßen entsetzt, über das, was man mit Ihren Vater durchprobiert hat, aber daß er jetzt noch Leponex bekommt, finde ich ganz schlimm! Warum bekommt er das? Ich würde darauf hinwirken, daß dieses Mittel schnellstens ausgeschlichen wird!

                Leponex (Wirkstoff: Clozapin) wird normalerweise bei Schizophrenie eingesetzt, und auch nur dann, wenn diese mit klassischen Neuroleptika nicht beherrschbar ist. Die häufigsten Nebenwirkungen sind: Tagesmüdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Herzrasen. Früher wurde Leponex wohl recht sorglos eingesetzt. Inzwischen weiß man jedoch, daß dieses Medikament nicht ungefährlich ist. Es kann nämlich zu einer lebensbedrohlichen Agranulozytose kommen, die meist in den ersten 18 Wochen nach Beginn der Einnahme auftritt. Das ist eine starke Verminderung der Granulozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Daher ist es sehr wichtig, das Blutbild regelmäßig zu überwachen. Symptome der Agranulozytose können sein: Schüttelfrost, Herzrasen, Fieber. Bis etwa 1976 ist weltweit bei einigen Hundert Clozapin-Patienten eine Agranulozytose aufgetreten.

                Daher haben einige Länder (zum Beispiel Finnland) Leponex vom Markt genommen. In Deutschland blieb es - unter Hinzunahme von Warnhinweisen - auf dem Markt. Zudem unterliegt die Abgabe von Leponex strengen Kontrollen. Es darf nur durch den Facharzt bei therapieresistenter Schizophrenie verordnet werden (also nur dann, wenn sich alle anderen Präparate als wirkungslos gezeigt haben - ist das bei Ihrem Vater der Fall?). Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, regelmäßige Blutbildkontrollen bei dem Patienten durchzuführen. Daher bietet der Hersteller, Novartis auch über eine spezielle Leponex Service Homepage eine Kontrolle für das Fachpersonal an. Diese Website ermöglicht Apothekern die Kontrolle über die Einhaltung der Richtlinien für die kontrollierte Anwendung von Leponex.

                Weiterhin können Stoffwechselstörungen mit möglicher Fettsucht und Diabetes auftreten, außerdem besteht eine erhöhte Gefahr für epileptische Krampfanfälle (weshalb wohl zusätzlich Ergenyl gegeben wird) und es kann zu Kreislaufproblemen kommen. Für alte Menschen besonders kritisch ist die anticholinerge Wirkung. Das bedeutet: die Wirkung von Acetylcholin wird gehemmt. Acetylcholin ist ein Botenstoff im Gehirn, von dem bei einer Demenz ohnehin schon zuwenig vorhanden ist. Im Endeffekt wird das Medikament also die Demenz verschlimmern. Durchgangsyndrome mit Verwirrtheitszuständen und Psychosen sind häufig. Es kann zu verstärktem Speichelfluß kommen.

                Vorsicht! Beim Absetzen von Clozapin kann es zu so genannten Absetzpsychosen kommen, die vom klinischen Bild her gravierender als die ursprünglich behandelte Psychose sein können. Daher ist sorgsames, langsames Ausschleichen unter ärztlicher Kontrolle notwendig. Das kann schon mal einige Wochen dauern.
                Ein "Vorteil" von Leponex ist, daß wohl das Risiko eines Parkinson-Syndroms nicht besteht.

                Zur Dosierung bzw. zum Einschleichen und Ausschleichen ist es wichtig, daß ein alter Mensch eine weit niedrigere Dosis bekommen muß als ein junger. Dazu heißt es in der "Gelben Liste":
                "Die Dos. ist individ. einzustellen. Dem Pat. ist die niedrigste therapeut. wirks. Dos. zu verabreichen.
                (...)
                M. Parkinson: Initialdos.: 12,5mg/d, Therapeut. Dos.bereich: 25-37,5mg/d, Max-dos.: 100mg/d (Gabe bevorzugt am Abend). Beendig. der Ther.: Ist eine Beendig. der Leponex-Ther. geplant, so wird die schrittweise Red. der Dos. um jeweils 12,5 mg über einen Zeitraum v. 1-2 Wo. empf. Wenn Leponex abrupt abgesetzt werden muss, ist der Pat. sorgfält. zu überwachen. Die Leukozytenzahl ist nach Absetzen v. Leponex über einen Zeitraum v. 4 Wo. zu kontroll. "
                Was hier für Morbus Parkinson angegeben ist, gilt sicherlich auch für eine Demenz.

                Dem Clozapin verwandt ist das Olanzapin (Zyprexa). Es hat keine depressive Nachwirkung, sorgt für eine Reizabschirmung ohne das Gefühl zu geben in einer "chemischen Zwangsjacke" zu sitzen und ruft lange nicht die Nebenwirkungen hervor wie andere Neuroleptika. Bei Olanzapin und anderen neueren Neuroleptika wie Quetiapin und Risperidon besteht wohl kein erhöhtes Agranulozytose-Risiko und diese sollten daher gegenüber Leponex bevorzugt werden - wenn es schon unbedingt ein Neuroleptikum sein muß!
                Da Leponex aber ein sehr altes Medikament ist, ist es kostengünstig. Das könnte ein Grund für die Verordnung sein. Natürlich kann es auch sein, daß z.B. Olanzapin einfach nicht wirkt und deswegen auf Leponex gewechselt wird. Allerdings - Aggressivität, wie sie bei Ihrem Vater auftrat, ist bei Demenzerkrankungen recht häufig und rechtfertigt meiner Meinung nach keinesfalls das "Abschießen" mit einem derart gefährlichen Präparat!

                Schauen Sie mal auf die Internetseite der Deutschen Alzheimergesellschaft (deutsche-alzheimer.de) und klicken Sie auf Informationsmaterialien". Unter den "Informationsblättern" finden Sie auch etwas zur medikamentösen Behandlung. Im Grunde sind alle Neuroleptika irgendwie problematisch und Benzodiazepine sowieso.

                Alles Gute für Sie und Ihren Vater!

                Liebe Grüße,
                Petra H.

                Kommentar


                • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


                  Liebe Petra H.,
                  vielen herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Beitrag und Ihre Bemühungen! Und dass Sie anscheinend gut mitbekommen haben, welches Problem wir haben. Es ist tatsächlich so, dass mein Vater vor 2,5 Jahren in ein psychotisches Delir (Aggressionen, Psychosen/Hallus/Ängste) gefallen ist, nach vorhergegangener Demenzerkrankung, bei der er allerdings bis zu dem Zeitpunkt keine derartigen Symptome hatte. Er musste stationär medikamentös eingestellt werden und erstmal wieder aus dem Delir kommen, in das er übrigens nicht durch zu wenig Flüssigkeit o.ä. gefallen ist... allerdings hatte er über ca. 3 Jahre Citalopram genommen. Seitdem haben wir auch noch einiges mitgemacht, aber ihn bzgl. seines Gemütszustands immer besser "hinbekommen". Jedenfalls sehen wir einfach keine ungefährliche Möglichkeit das Risperdal abzusetzen, und lapidare Hinweise auf einen Absetzversuch wie er oft von Ärzten kommt können wir nur mit Angst begegnen, denn wir wissen wie lange es dauert wieder auf einen Level zu kommen mit dem man leben kann.
                  Aber Sie haben vollkommen recht, dass man aufpassen muss nicht in die Endlosschleife der Medikamente und ihrer Nebenwirkungen zu geraten. Deshalb bin ich ja immer noch unschlüssig was ich tun soll.... möchte nicht einfach was neues ansetzen. Aber weiss auch dass wir eigentlich was tun müssen, und zwar eigentlich Absetzversuche sowohl von Risperdal als auch von Axura.... aber wir können einfach nicht... bzw. ich kann das meiner Mutter und auch meinem Vater selber (und auch mir) nicht antun....
                  Das mit den derzeitigen Ängsten vor dem Einschlafen und der Nacht ist wiederum neu, diesmal scheint er mir nicht aufgedreht, nicht psychotisch, auch nicht aggressiv, sondern einfach nur "klein und ängstlich". Wir lassen Licht an im Schlafzimmer, und er bewegt sich genug, so viel dass er hunde-müde ist jeden Abend. Baldrian habe ich ja schon seit 1,5 Jahren bei ihm angesetzt, was meiner Meinung nach die meisten Nervengeschichten geglättet hat, also auch einen Hauptteil der Angst und Angespanntheit. Johanniskraut hat man uns abgeraten, da dadurch die Verstoffwechslung der Medikamente zu schnell geht, sollen wir nun noch zusätzlich Melisse geben? Ich glaube ganz ehrlich, dass wir gegen viele Ängste, z.B. vor Nacht/Ruhe/Träumen mit natürlichen Mitteln nichts tun können, sondern leider mit dem Chemiehammer das Einschlafen fördern müssten, danach gehts ja ganz gut. Diese Einschlafhilfen wie Zopiclon soll man ja auch nur sehr sehr begrenzt geben, wäre also auch nur eine Notlösung.
                  Übrigens fürchtet er sich nicht aus dem Bett zu fallen, eher weiß er unbewusst dass er wenn er aus dem Schlaf aufsteht evtl. stürzt wenn er einen myoklonischen Anfall bekommt; leider vergißt er das aber und steht trotzdem auf. Tja, und nachts hat er sich vielleicht mal erschreckt, weil er hinfiel und es war einigermaßen duster um ihn herum (im Gang) und meine Mutter musste auch erstmal aufwachen. Ich überlege mir aber auch schon, ob er im Liegen zusätzlich latent Schmerzen hat, zumal er vor kurzem mal wieder ziemlich auf den Hosenboden/Rücken gefallen ist, nicht schlimm, er rollt ab, aber leichte Prellungen am Steißbein können das schon sein. Oder aber auch, dass er Probleme mit dem Herz hat und ein Beklemmungsgefühl, schließlich sind die Medis nicht ohne und Diabetes scheint er ja auch noch dazu bekommen zu haben.... sein Tagesblutdruck liegt bei ca. 137/100.

                  Das Buch dass Sie zitieren scheint mir übrigens wirklich ein gutes zu sein.
                  Hat denn hier jemand schon mal Magnesium gegeben?
                  Viele herzliche Grüße
                  Flieder

                  Kommentar


                  • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


                    Liebe Andrea,

                    ich kann mir vorstellen, wie Sie sich freuen wenn Sie diese Lebenszeichen wieder entdecken bei Ihrem Vater. Zu dem Melperon habe ich schon öfter berichtet, dass mein Vater das mal bekommen hat, und anscheinend (rekonstruiert) einen ganzen Schluck zusätzlich genommen hat, bewußtlos umgefallen ist, und kurz mal nicht mehr atmete. Ich weiss nicht, ob das schon ein Hinweis war, dass mein Vater auf solche Mittel paradox reagiert....
                    Das Clozapin verträgt er gut, Ihr Vater? Wissen Sie vielleicht, warum er das und nicht Risperdal bekommt, würde mich interessieren.
                    Jedenfalls finde ich es so faszinierend, wie diese Menschen versuchen auch wieder Kontakt aufzunehmen, wenn sie nach einer Phase wo es ihnen so schlecht ging wieder "aufwachen" und auch ihren "Autismus" aufheben und zeigen wollen, dass es sie auch noch gibt, auch wenn sie nicht mehr richtig kommunizieren können.
                    Wünsche alles Gute, Flieder

                    Kommentar



                    • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


                      Hallo Flieder,

                      hier nochmals die genauen Daten zu dem Buch:
                      Erich Grond, "Pflege Demenzkranker"
                      Verlag: Schlütersche; Auflage: 3., vollst. überarb. A. (6. September 2005)

                      Des weiteren empfehle ich jedem pflegenden Angehörigen, jedem Arzt und jeder Pflegekraft wärmstens das Buch:
                      Jan Wojnar, "Die Welt der Demenzkranken: Leben im Augenblick"
                      Verlag: Vincentz Network; Auflage: 1 (29. Oktober 2007)
                      Im Vordergrund steht hier weniger die medikamentöse Behandlung, sondern die psychosoziale Komponente: wie fühle ich mich in einen Demenzkranken ein und wie gehe ich mit den ungewöhnlichen Verhaltensweisen um?
                      Dabei wird die Krankheit nicht als unendliche Belastung und Leiden für alle Betroffenen gesehen, sondern es werden Wege aufgezeigt, damit sinnvoll umzugehen und Lebensqualität zu schaffen. Für alle! In einer Rezension las ich dazu einmal den Satz: "Es werden nicht Leidenswege beschrieben sondern Lebenswege".
                      Das trifft voll und ganz zu.

                      Liebe Grüße,
                      Petra H.

                      Kommentar


                      • Re: Epileptische Anfälle bei vaskulärer Demen


                        Sehr geehrte Flieder,

                        Clozapin wird meist bei Demenzen aufgrund seiner anticholinergen Wirkung vermieden und meist dann eingesetzt, wenn ein Neurleptikum erforderlich scheint aber in besonderem Maße mit extrapyramidalmotorischen (Parkinson-) Nebenwirkungen gerechnet werden muß (z.B. beim Morbus Parkinson oder einer besonderen Neuroleptikaüberempfindlichkeit).

                        Mit freundlichen Grüßen,

                        Spruth

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X