Ich fang mal wieder an etwas von meinem Vater zu berichten. Wir sind derzeit erfreulicherweise in einer sehr guten Phase, wenn man das so sagen darf. Ich möchte natürlich nichts "verschreien", aber ich denke das kann auch manchen Betroffenen etwas Mut in der Verzweiflung machen, wenn nicht nur Schreckensmeldungen niedergeschrieben werden. Vor allem denen eventuell, die gerade mit ihren Betroffenen ein Delir oder Fast-Delir durchleben. Es ist jetzt ca. 7 Jahre her dass man sagen kann mein Vater ist merklich erkrankt, und vor über 2 Jahren hatten wir die schlimmste Phase mit einem psychotischen Delir. Mein Vater ist natürlich weiter fortgeschritten in der Krankheit und fast total unselbstständig, aber mobil und lebensfreudig, seine Wirkung von aussen gesehen natürlich schon sehr verzögert. Derzeit sind wir ganz fasziniert, denn er redet wieder ein wenig, versucht immer mehr Wörter zu sprechen; manchmal spielerisch in dem wir rumblödeln, aber auch oft ganz spontan. Man muss dazu wissen, dass das Sprachvermögen bei ihm gleich zu Anfang gelitten hat. Er versteht auch immer noch Scherze, versucht selber welche zu machen, und hat auch noch logische Züge.
Wir spielen Tischtennis und ein wenig Fußball etc. (natürlich nur wenn nicht viel ablenkendes aussen rum geschieht, denn fehlende Konzentrationsfähigkeit ist ein wichtiges Merkmal der Krankheit und man muss immer wieder Blockaden überwinden), und es wird relativ viel spazierengegangen. Daneben noch die Krankengymnastik (unter erschwerten Umständen, denn er legt sich z.B. nicht hin, und kann auch Anweisungen nicht folgen) und etwas spielerische Ergotherapie. Ich glaube schon alleine, das alles ist das Wundermittel nebst Medikamenten und Mittelchen, zumindest bei ihm; Wundermittel insofern dass es die Verschlechterung verzögert und auch manchmal so scheint als gäbe es wieder kleine Fortschritte in den positiven Bereich. All das ist allerdings sehr schwer zu beurteilen, so lange ein Mensch unter Medikamenteneinwirkung steht, denn Passivität/Blockaden etc. werden durch Neuroleptika gefördert und sind nicht alleine Anzeichen einer Verschlechterung durch die Krankheit. Diejenigen, die bei mir schon länger mitlesen, wissen auch dass es auch immer wieder kleine leicht psychotische Episoden gibt. Momentan ist aber auch hinsichtlich dessen nichts zu beobachten, keine Halluzinationen, Wahngebärden, Ängste etc. zu vermerken, außer dass er ganz nervös wird, wenn viel und schnell geredet wird weil er das nicht mehr filtern kann). Nur leider immer noch seine sehr starken Zuckungen nach dem Aufstehen. Aber alles in allem lebt es sich noch ziemlich gut mit ihm zusammen, und das freut ihn selber, er merkt dass es ihm "ganz gut" geht. Und entgegen allen Unkenrufen von Ärzten, Freunden etc., die immer gleich alles komplett schwarz malen und nach denen mein relativ junger Vater (jetzt 63) spätestens vor 2 Jahren im Heim gelandet wäre. Aber, das muss man einfach festhalten, man braucht gehörig viel Energie den Alltag und die Aktivierung, wie auch die pflegerischen Sachen (Körperpflege, Toilettengang, dauernd trinken geben etc.) zu gestalten, und wenn wir das nicht verteilt auf drei Personen hätten, dann wäre die Lage sicher nicht genauso. Ich habe viel Mitgefühl für alle Angehörigen, vor allem die alleine in der Situation sind, und kann mir das gar nicht vorstellen...
Freundliche Grüße, Flieder
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