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Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?

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  • Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?

    Hallo,

    vielleicht kann mir noch mal jemand helfen und zwar würde ich gerne den Unterschied zwichen Alzheimer und Demenz wissen? Meine Mutter ist zudem manchmal ganz nett zu mir am Telefon (ich traue mich schon gar nicht mehr sooft in die Wohnng zu fahren) und andererseits kann sie von der einen Minute zur aneren ziemlich schnell agressiv werden und hat mir sogar schon Schläge angedroht und letztes Jahr hatte sie mich in der Reha sogar richtig fest mal am Arm gepackt, sodass ich eigentlich nur sehr selten noch bei ihr blicken lasse. Daher wollte ich den Unterschied und die Symptome auch gerne mal wissen.

    Viele Grüße

    Bauzer


  • Re: Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?


    Hallo Bauzer,

    das wird Dr. Spruth sicher besser erklären können als ich. Dennoch ein kleiner Versuch von mir:

    Mit Demenzen werden eine ganze Reihe von Gehirnerkrankungen (meist neurodegenerativer Art, also mit zerfallenden Nervenzellen) bezeichnet, die sich z.T. sehr unterscheiden hinsichtlich ihrer Entstehung und ihres Verlaufs. Es gibt neben der Alzheimer Demenz (AD) die mit Abstand die häufigste Demenzerkrankung darstellt noch die Demenz mit Lewy-Körperchen, die frontotemporale Demenz, die Demenz bei degenerativen Systemerkrankungen, die Demenz bei entzündlichen Erkrankungen und Infektionen, die vaskuläre Demenz, usw. Daher wird ein guter Arzt sich auch immer mit Kollegen aus der Neurologie oder Psychiatrie beraten um eine Differentialdiagnose zu erstellen, denn es sind je nach Demenztyp unterschiedliche Therapieformen erforderlich. Ich selber hege zudem Zweifel an ein einheitliches Bild der Alzheimer Demenz – diese könnte sich vielleicht in verschiedene Untertypen aufteilen. Diesen Zweifel begründe ich mit Krankheitsdarstellungen von Musikern. Der eine steht des Nachts auf, erkennt seine nächsten Angehörigen nicht mehr, spielt aber fehlerfrei Bach am Klavier und der andere vermag nach drei Jahren keine drei Takte mehr zu spielen. Da kann man m.E. nicht von einem standardisierten Krankheitsverlauf sprechen. So gesehen schient es eher einen Formenkreis Alzheimerscher Demenzen zu geben als DIE Alzheimer Demenz. Ihnen gemeinsam ist allerdings die Verklumpung von Einweißkörperchen in den Nervenzellen (Tau-Proteine) und die Ansammlung fehlerhaft durch Enzyme geschnittenen Einweißkörperchenvorläufern (Beta-Amyloid) außerhalb der Nervenzellen.

    Für eine korrekte Diagnose von AD sind erforderlich: Tests wie Uhrenzeichnen, usw., Computerscanbilder (fMRT) des Gehirns und Untersuchung des Nervenwassers (darin findet man bei positivem Befund die defekten Einweißkörperchen). Erst wenn alle drei Tests positiv verlaufen, kann überhaupt von einer AD gesprochen werden.

    Vereinfachte Erklärung: Die AD beginnt i.d.R. immer im sog. hippocampal-septischen Bereich (das sind tief unter der Großhirnrinde gelegene Gebiete, die v.a. mit der Einspeicherung neuer Sinneseindrücke, der Organisation des Großhirns und dem Kurzzeitgedächtnis zu tun haben aber auch u.a. mit dem „Angstzentrum“, dem sog. Mandelkern korrespondieren) und ist im Scanbild an entsprechenden Atrophien (Schrumpfungen) erkennbar. Vor allem ist es aber der sog. Nucleus basalis Meynert, der schon früh von der Krankheit betroffen ist. Dieser Kern produziert einen sog. Botenstoff, der dafür sorgt, dass Informationen zwischen den Nervenzellen ausgetauscht werden. Dieses sog. Acetylcholin spielt also eine große Rolle beim Signaltransfer und damit auch beim Erlernen und auch beim Abruf von Gelerntem. Wird nun durch Defekte im Meynertschen Kern die Acetylcholinproduktion verringert, so werden auch Merkfähigkeit und Erinnern herabgesetzt (salopp: Die Leitungen sind gestört.). Jetzt kann man aber nicht einfach von außen Acetylcholin (Ach) geben sondern muss dafür sorgen, dass das noch verfügbare, in geringerem Maße produzierte Ach mehr leistet als ein große Menge davon. Das macht man, indem man den ansonsten schnellen Abtransport dieses Stoffes von seinem Wirkungsort verhindert. Dieser Abtransport wird im Normalfall von einem Enzym, das Acetylcholinesterase heißt, besorgt. Was macht man also? Man hindert dieses Enzym an seine Tätigkeit, hemmt dieses. Die Stoffe, die so was leisten, sind verschreibungspflichtige Medikamente, die sich Acetylcholinersterasehemmer nennen und unter dem Handelsnamen Reminyl und andere bekannt.

    Mit dem Fortschreiten der AD wird leider die Lage hinsichtlich des Ach schlechter. Ist der Meynertsche Kern zu weit schon zerstört, werden Reminyl und Co immer wirkungsloser. Man muss dann von dieser Therapie auf eine andere wechseln. Hier kommen dann die sog. Memantine zum Einsatz. Diese Stoffe setzen das Glutamatrauschen herab, d.h. der Neurotransmitter Glutamat, dessen Wirkungsweise bei AD zunehmend schädlich wird, wird moderat gehemmt. Siehe hierzu ggf.

    http://www.medizinfo.de/kopfundseele...emantine.shtml

    Aggressionen kommen fast immer vor – auch bei uns Gesunden, das sollten wir nicht vergessen – und hängen meistens mit Angst, Depressionen oder Stress zusammen. Und genau da kann auch medikamentös geholfen werden, wenn es nicht gelingt, auf nichtmedikamentöse Weise eine Ausgeglichenheit herzustellen.

    Stellen Sie sich einmal vor, sie sind eine gute Näherin und können mühelos komplexe Muster nähen. Das haben Sie in vielen Jahren gelernt und vervollkommnet. Jetzt aber werden Sie das Opfer einer neurodegenerativen Erkrankung, einer Demenz. Was immer mühelos gelang, will nicht mehr gelingen. Wie würden Sie reagieren? Vmtl. mit Angst und Ärger – das ist ganz normal. Nicht mehr normal ist es, wenn Sie im Verlauf der Krankheit nicht mehr die Krankheit als Ursache sehen. Dann fangen Sie an, andere Ursachen zu suchen und da bieten sich andere Menschen als „Übeltäter“ an – leider oft diejenigen, die man am häufigsten sieht, manchmal – wie bei meinem Vater – auch anonyme „Diebe und Streichespieler“. Wenn ich bei Vater – um es mal so zu formulieren – Ärger hervorrufen will, brauche ich ihm nur zu sagen, dass es keine Diebe und Streichespieler gibt und er selber seine Sachen andauernd verlegt. Also vermeide ich das und versuche in seiner Welt mitzuspielen, ihm Tipps für Sicherheitsvorkehrungen und Verstecke zu geben, usw. Aber auch ieine Überfürsorge ist falsch – wie ich erst neulich wieder feststellen musste. Ein Patentrezept gibt es leider nicht, aber durch Einfühlen in die Krankheit und Mitspielen kann man vieles regeln. Erst wenn auch das nicht mehr fruchtet, müssen entsprechenden Medikamente zum Einsatz kommen – darüber wird Sie der behandelnde Arzt informieren.

    Beachten Sie bitte, was kurz vor einem Stimmungswechsel passiert ist – auch Kleinigkeiten können Auslöser sein. Das Festhalten könnte bedeuten, dass Ihre Mutter Sie nicht gehen lassen will oder in Ihnen eine feindliche Person sieht. Am Telefon nett und beim Besuch aggressiv könnte bedeuten, dass Ihre Mutter in Ihnen zwei verschiedene Personen sieht. Das kommt bei AD öfter vor und wird Capgras-Syndrom genannt. Schildern Sie das doch bitte so ausführlich wie möglich dem behandelnden Arzt Ihrer Mutter.

    Gruss
    Egon-Martin

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    • Re: Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?


      Sehr geehrte/r Bauzer,

      EgonMartin hat Ihnen bereits eine ausführliche Antwort gegeben. Als kurze einfache Zusammenfassung:
      "Demenz" ist eine Oberbegriff wie "Auto". Es gibt aber eine Vielzahl von Erkrankungen, die zu einer Demenz führen können, darunter die Alzheimer-Krankheit. Die Demenz bei einer Alzheimer-Krankheit heißt Alzheimer-Demenz und tritt erst im letzten Drittel der Erkrankung auf. Vorher bemerkt man keine Symptome.

      Eine kleine Korrektur der Ausführungen von Egon Martin, der schrieb: "Für eine korrekte Diagnose von AD sind erforderlich: Tests wie Uhrenzeichnen, usw., Computerscanbilder (fMRT) des Gehirns und Untersuchung des Nervenwassers (darin findet man bei positivem Befund die defekten Einweißkörperchen). Erst wenn alle drei Tests positiv verlaufen, kann überhaupt von einer AD gesprochen werden." Weder fMRT noch der Nachweis besonderer Biomarker im Liquor ("Nervenwasser") sind für die Diagnose erforderlich, sondern besitzen im Gegenteil sogar eine große diagnostische Unschärfe. Für die Diagnose einer "Wahrscheinlichen Alzheimer-Demenz" müssen lediglich andere Ursachen weitestgehend ausgeschlossen sein und das Neuropsychologische Profil sowie der Verlauf sollten zur Verdachtsdiagnose passen (hierzu benötigt man v.a. eine ausführliche Anamnese [Krankengeschichte] und eine psychometrische Testung).

      Mit freundlichen Grüssen,

      Spruth

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      • Re: Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?


        Hallo Herr Dr. Spruth,

        Danke für die Korrektur! Sie haben natürlich recht und ich was dazugelernt.

        Mit freundlichen Grüßen
        Egon-Martin

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