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Agressionen beim Abschied im Pflegeheim

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  • Agressionen beim Abschied im Pflegeheim

    Frage an Dr. Spruth und andere Betroffene

    Hallo,

    meine Mutter lebt seit über einem Jahr im Pflegeheim. Sie leidet an Alzheimer Demenz.
    Bis September 2006 hat sie bei ihrem Lebensgefährten (82 Jahre alt) in einer Einzimmerwohnung gelebt. Ihre eigene Wohung wollte sie nie aufgeben, aber sie war seit mindestens 5 Jahren nicht mehr in der Wohnung (die Wohnung wurde natürlich aus Kostengründen nach dem Einzug ins Heim aufgelöst).
    Meine Mutter ist bei den Besuchen (der Lebensgefährte kommt täglich, ich besuche sie 3 mal die Woche) anfangs immer ganz zufrieden und lieb, jedoch je weiter der Nachmittag vorschreitet und das Heimgehen immer näher rückt, wird sie zunehmend agressiv und beschimpft uns auf Übelste.
    Sie will mitgehen oder wir sollen sie in ihre Wohnung bringen, dann können wir gehen, sagt sie.
    Sie hat keinerlei Einsicht, ihre Krankheit erkennt sie natürlich nicht und sie ist nach wie vor der Meinung sie kann alles alleine machen, dabei bleibt sie nicht mal 5 Minuten allein. So bald keiner mehr zu Besuch da ist, geht sie sofort zu den Pflegern.
    Ich bräuchte dringend einen Rat, wie wir mit diesen Agrissionsausbrüchen am besten umgehen können, um den täglichen Abschied für sie und für uns etwas zu erleichtern.

    Vielen Dank für Ihre und Eure Antworten
    Gruß Caro


  • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


    Liebe Caro,
    auch ich habe meinen Vater seit Anfang Oktober in einem Pflegeheim unterbringen müssen. Er wird zwar nicht aggressiv, aber der richtige Augenblick für die Verabschiedung ist in der Tat schwer zu finden.
    Auch er möchte immer wieder "nach Hause" und "mit", was für beide Seiten äußerst schmerzhafte Momente mit sich bringt. Für mich hat es sich jetzt bewährt, z.B. vor dem Abendessen zu gehen. Er hat dann noch eine interne Aktion vor sich und ist abgelenkt, während ich gehen kann. Vielleicht lässt sich bei Ihnen auch eine solche Möglichkeit finden.
    Gruß
    Leona

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    • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


      Hallo leona,

      danke für deinen rat. ich habe es schon probiert zu gehen, wenn abendessenszeit ist, wenn sie nicht ganz schlimm agressiv ist, dann klappt es manchmal, aber nur, wenn der lebensgefährte nicht mehr da ist.
      jedoch bei ihren schlimmen agressionsschüben ist hierfür keine möglichkeit gegeben. sie verweigert dann aus trotz das essen und schimpft nur noch.
      wie erklärst du denn deinem vater, dass er nicht nach hause kann und hierbleiben muss? vielleicht kann ich auf diese art eine entspannung erzielen.
      ich wünsche dir auch für die weitere leidenszeit viel kraft und geduld.

      lg caro

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      • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


        Hallo Caro,
        keine leichte Frage...wie erkläre ich ihm, dass er bleiben muss --
        in den fast drei Jahren seiner Erkrankung musste ich mehr und mehr lernen,mich auf seine Welt einzulassen. Er wäre niemals freiwillig in ein Heim gezogen, schon das war außerordentlich heikel. Ich hatte ihn zunächst 2x in Kurzzeitpflege in einem anderen sehr schönen Haus, um zu testen, wie er überhaupt mit einer solchen Wohnsituation zurecht kommt. Dies musste ich so darstellen, als ob ihm seine Krankenkasse quasi diese Aufenthalte als Bonus gewährt. Er fühlte sich geehrt und nahm das Angebot an...Mit der entgültigen Übersiedlung in das jetzige Heim verfuhr ich ähnlich. Wir gingen zur Einweihungsfeier, zum Tag der offenen Tür (das Haus wurde neu eröffnet)und die Leitung, die eingeweiht war, lud ihn quasi zum Probewohnen ein. So ließ sich der Umzug ohne Gewalt durchführen. Nach 2 Wochen wusste er bereits nicht mehr, dass er noch eine andere Wohnung besaß und auch nicht wo er eigentlich vorher wohnte. Wenn ich ihn besuche (momentan noch sehr häufig), ist er mal fröhlich und schwärmt von seinem "Appartment", mal schimpft er, dass er da keinen Tag länger bleibt und drängt dass ich ihn mitnehme. An solchen Tagen versuche ich ihn abzulenken, ihn irgendwie auf fröhliche Gedanken zu bringen, mal mit Sprichwörtern, die er gerne zu Ende zitiert, wenn ich sie beginne, mal mit Liedern, die er vielleicht noch kennt oder mit einem Spaziergang. Ich ignoriere seine Miesepetrigkeit einfach, in der Hoffnung, dass es vorbei geht.Falls das nicht klappt, erkläre ich ihm, dass man ihn doch "hier" braucht, die Damen seien doch froh, einen so hilfsbereiten Herrn dazuhaben, er könne sie doch nicht einfach im Stich lassen. Man rechne mit seiner Hilfe und Unterstützung...das zieht meistens und er sagt schließlich "na gut, ich schlafe heute nochmal hier...". Aber es klappt nicht immer. Heute zum Beispiel musste ich mich während des Abendessens davon schleichen. Das spreche ich dann mit dem jeweiligen Personal ab, damit sie Bescheid wissen. Es ist ein schmaler Grat auf dem man sich bewegt und man fühlt sich selten gut dabei, aber was soll man tun? Ich wünsche Ihnen, dass Sie einen Weg finden. Alles Gute, Leona.

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        • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


          geehrte Caro,

          auf Ihre Frage gibt es leider keine allgemeingültige Antwort, verschiedene Strategien müßten hier über die Zeit hinweg ausprobiert werden, um den Abschied zu vereinfachen. Zunächst einmal würde ich versuchen, nicht alle Besucher auf einmal gehen zu lassen, um dem Abschied den Charakter des Abschieds zu nehmen. Je nachdem, wie fortgeschritten die Gedächtnisstörungen sind, könnten Sie auch lügen, indem Sie sagen, daß Sie später wiederkommen. Das erleichtert Ihrer Mutter die Situation aber nur, wenn Sie rasch vergißt, daß Sie sie nicht mitgenommen haben und was Sie ihr versprochen haben. Sie sollten daher vorher das Pflegepersonal fragen, wie lange nach Ihren Besuchen die Verärgerung jeweils anhält, um abschätzen zu können, wie lange die Erinnerung an das Zurückgelassen-werden anhält. Vielleicht könnten Sie auch die Besuche vorverlegen, da Verhaltensauffälligkeiten bei Demenzerkrankungen nicht selten ganz unabhängig von Auslösern eineVerstärkung zum Abend hin zeigen. Möglicherweise könnte es auch helfen, den Besuch in für Ihre Mutter vertrauterer Umgebung, d.h. z.B. in ihrem Zimmer (mit ihr bekannten Möbeln um sie herum etc.) ausklingen zu lassen um Ihr nicht das Gefühl zu vermitteln „in der Fremde“ allein gelassen zu werden.
          Nur wenige Vorschläge, von denen vielleicht kein einziger in Ihrem speziellen Fall praktikabel ist. Lassen Sie uns wissen, wenn Sie eine Lösung gefunden haben.

          Mit freundlichen Grüssen,

          Spruth

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          • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


            (::I)Hallo, mußte meinen Vater am vergangenen Freitag auch in ein Pflegeheim geben. Meine Mutter war schon seit langer Zeit überfordert und konnte mit der Krankheit nicht umgehen. Leider ist dabei auch die Liebe zu ihrem Mann verloren geangen. Sie möchte ihn nicht besuchen. Er fragt aber ständig nach ihr.Ich weiß nicht, was ich machen soll.
            Mein Vater möchte auch immer mit nach Hause, ich sage ihm dann, dass es ihm erst etwas besser gehen muß.Oder sollte ich ihm lieber sagen, dass er doch zu Hause ist? Ich weiß nicht mehr weiter.

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            • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


              Hallo Wohnpark,
              während der letzten drei Jahre, in denen sich die Alzheimer Erkrankung meines Vaters mehr und mehr manifestierte, habe ich nach und nach auch immer mehr den Glauben an unser Gesundheits- und Pflegesystem, sowie an unsere Gesellschaft verloren. Ich habe im Heim Menschen und Handlungsweisen gesehen, die ich niemals in unserem Land für möglich gehalten hätte. Ich habe meinen Vater - nachdem sich sein Zustand dort mehr als bedrohlich verschlechterte - wieder aus dem Heim heraus genommen und in einer Wohngemeinschaft mit insgesamt 8 Bewohnern untergebracht. Doch das Verlorengegangene ist nicht mehr zu kompensieren und ich lebe mit einer Riesenschuld. Im Dezember 2007 erreichte mein Vater im MM-Status-Test beim Neurologen noch 18 Punkte (im Oktober 2007 war er eingezogen, damals noch 23 Punkte). Im Mai 2007 war kein Test mehr durchführbar - vorbei.

              Was soll ich Ihnen raten - was Ihnen sagen? Ich verstehe Ihre Lage, Ihre Not, Ihre Verzweiflung und kann doch kaum Trost geben. Stehen Sie Ihrem Vater so gut es geht in seiner neuen Wohnsituation bei. Versuchen Sie, Ihrer Mutter Einsicht in die Krankheit des Vaters zu vermitteln, vielleicht wird sie dann doch in absehbarer Zeit bereit sein, ihn zu besuchen.

              Manchmal erträgt man das Leid des anderen nicht mehr und man rettet sich in die Distanz, um zu überleben. Meist merkt man aber nach kurzer Zeit, dass man dort auch keine Ruhe findet und wendet sich dem Erkrankten doch wieder zu.

              Es ist ein so wahnsinnig schwerer Weg und je mehr man den Betroffenen liebt, desto stärker ist man auch selbst gefährdet.

              Ich wünsche Ihnen alle Kraft dieser Welt und dass Ihr Vater sich im Heim einlebt und trotz allem noch ein paar fröhliche Tage hat.

              Alles Liebe
              Leona

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              • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


                Hallo Wohnpark, hallo Leona

                meine Mutter ist jetzt seit fast 2 Jahren im Pflegeheim. Sie will noch heute jeden abend mit ihrem Lebensgefährten nach hause gehen. Sie wird dann richtig böse und agressiv.

                Aber vielleicht ist es ein Trost, nach Aussage des Pflegepersonals vergisst sie nach 1/2 bis 1 Stunde schon wieder, was der Auslöser für ihre Agressionen war.

                Sie hat jedoch auch Zeiten, da tobt sie und will wieder mal weglaufen. Wir haben auch schon verschiedenes ausprobiert. Aber zu versichen ihr zu erklären warum sie hier ist, das ist völlig zwecklos, da ja die Einsicht in die Krankheit völlig fehlt.

                Das mit dem Verlorengegangenem, liebe Leona, da sollten Sie sich keine so grossen Vorwürfe machen. Bei meiner Mutter ist es nämlich auch so, dass die Krankheit nicht gleichmäßig langsam voranschreitet, sondern immer schubweise. Aber dann ist gleich wieder ziemlich viel auf einmal weg. Ich weiß es ist immer sehr einfach jemandem anderen den Ratschlag zu geben sich keine Vorwürfe zu machen. Mir geht es ja genauso, wenn ich mich wieder einmal so richtig hilflos fühle, dann vergehe ich auch vor Selbstvorwürfen, dass ich doch eine andere Lösung hätte finden müssen für meine Mutter.

                Hallo Wohnpark, vielleicht beruht die Weigerung Ihrer Mutter den Vater zu besuchen auch darauf, selbst Angst vor dem Abschied zu haben. Auch der Lebensgefährte meiner Mutter versteht die Krankheit nicht, er bezieht ihre Agressionsausbrüche immer auf sich persönlich bezogen. Aber ich ziehe meinen Hut vor ihm, denn er besucht sie trotzdem täglich.

                Liebe Grüsse und viel Kraft von Caro

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                • Re: Agressionen beim Abschied im Pflegeheim


                  Sehr geehrte/r Wohnpark,

                  die Empfindungen Ihrer Mutter sind möglicherweise durch die Erlebnisse der letzten Monate und Jahre geprägt, so daß sie vielleicht erst einmal etwas Abstand braucht. Geben Sie ihr etwas Zeit, hören Sie aber nicht auf, in Ihrer Gegenwart von Ihrem Vater zu erzählen. Berichten Sie nicht nur von traurigen Eindrücken oder schlimmen Erlebnissen sondern auch, so möglich, von schönen Dingen. Reden Sie auch über frühere, bessere Zeiten. Vielleicht weckt dies auf Dauer wieder das Interesse Ihrer Mutter und "verschüttete" Gefühle.
                  Machen Sie Ihrer Mutter keine Vorwürfe, möglicherweise macht sie sich diese schon selbst, ohne Ihnen davon zu erzählen.

                  Mit freundlichen Grüssen,

                  Spruth

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