mir geht’s so ein wenig wie Barbara, die vor einigen Tagen hier im Alzheimer-Forum gepostet hat. Meine Mutter (82, verw.) ist auch recht schwierig, verweigert medizinische Hilfe. Statt dessen bestellt sie sich Gesundheitspillen über verschiedene Medizinversandhäuser. Sie hat keinen richtigen Hausarzt und war in den letzten Jahren bei verschiedenen Ärzten, zu denen sie aber kein Vertrauen mehr hat. Zwei haben sie auch gleich mal ins Krankenhaus geschickt (2004 + 2005). Beim zweiten Krankenhausaufenthalt bekam ich dann einen bitterbösen Anruf einer Ärztin, warum meine Mutter denn noch nie bei einem Nervenarzt in Behandlung gewesen wäre. Einen Tag später war die Ärztin dann übrigens weg in Urlaub. Im Krankenhaus bekam sie Medikamente, die sie wieder aufgepäppelt haben, so dass sie wieder eine Weile recht unternehmenslustig war.
Jetzt zieht sie sich immer mehr zurück. Die psychischen Problemen (sie hört manchmal Stimmen, wenn sie aus dem Fenster sieht, sieht sie Menschen, die nicht da sind) nehmen zu, sie will das aber nicht wahrhaben und schiebt ihre Probleme auf vermeintlich böswillige Nachbarn. Vor ein paar Monaten hab ich's dann mal geschafft einen Arzt zu ihr zu lotsen, einen neuen jungen Arzt, der mit der Situation wohl überfordert war und nicht viel Zeit hatte. Aber kein Vorwurf: Junge Landärzte haben's nicht leicht. Er hat sie untersucht, meinte, es wäre nichts Problematisches und hat Medikamente verschrieben (Geistig war sie an dem Tag ziemlich fit.). Leider auch ein Medikament, was meiner Mutter überhaupt nicht zusagte (Sie liest akribisch die Beipackzettel). Damit hatte der junge Arzt bei ihr verspielt. Sie hält nicht viel von rezeptpflichtigen Pharmaprodukten, meint, Naturheilmittel reichten völlig aus. Psychiatrie ist für sie Teufelszeug schlechthin. Absolutes Tabuthema!
Wir wohnen zusammen in einem Haus, zu meinem Glück hab ich nen Job, der mich total ablenkt. Sonst stehe ich aber mehr oder weniger allein da (auch im Familienkreis). Ich fühle mich für sie verantwortlich, weiß aber nicht mehr, wie ich ihr helfen soll. Zwingen kann ich sie ja nicht.
Manchmal geht's ihr dann auch wieder besser. Dann ist sie sogar recht klar. Das wechselt dann aber übergangslos wieder ins Negative. Kleine Alltagsprobleme schmeißen sie mental oft total aus der Bahn. Richtige Freunde oder Bekannte hat sie nicht. Sie war immer schon eher schwierig, schnell beleidigt, sehr empfindlich, für Kritik kaum empfänglich. Ein paar ebenfalls betagte Verwandte rufen ab und an mal an. Im Grunde genommen fokussiert sich aber alles auf mich und ich tue mich sehr schwer, radikale Maßnahmen zu treffen. Sie ist noch nicht so pflegebedürftig, dass sie die notwendigsten Alltagstätigkeiten (sich waschen, Toilette, Essen machen) nicht hinbekäme, läuft auch noch recht viel im Haus herum. Sie hat zwar psychische Probleme, aber ist in manchen Momenten auch noch erstaunlich wach und hat auch echt nette Momente.
Mein Hauptproblem derzeit ist, wie ich einen Arzt nach Hause schleuse, am besten eine Ärztin, die nicht nur ihren körperlichen sondern auch ihren geistigen Zustand einigermaßen beurteilen kann, die Erfahrung hat. Wenn ich das Thema Arzt anschneide, gibt’s gleich Streit, weil sie eben Angst hat, wieder ins Krankenhaus zu müssen. Und sie habe ja auch keine Schmerzen... Aber wo gibt's noch Ärzte, die auch mal nach Hause kommen? Hier in unserer unmittelbaren Gegend haben wir mittlerweile alle Ärzte durch. Bleiben nur die, die etwas weiter weg wohnen, aber ob die kommen? Es war schon recht kompliziert, diesen jungen unerfahrenen Arzt vor einigen Wochen zu einem Hausbesuch zu animieren.
Ich wäre über Ratschläge echt dankbar. Vor allem was die Arztproblematik angeht. Ich fühle mich mit der momentanen Situation total überfordert und hab schon keine Lust mehr, Urlaub zu machen. Lieber arbeite ich, um mich bei meinem gewiss nicht immer stresslosen Job ablenken zu kommen.
Über Ratschläge wäre ich echt dankbar.
Liebe Grüße
Thomas
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