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Sorge um Chef

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  • Sorge um Chef

    Hallo,

    vielleicht kann mir hier jemand einen Rat geben?
    Ich mache mir große Sorgen um meinen Chef. Er ist Ende 50 und baut seit 6 Monaten massiv und intensiv in seiner Gedächtnisleistung ab.
    Sein intellektueller Verfall ist beängstigend und hat mittlerweile große Auswirkungen auf die geschäftlichen Abläufe. Für mich als medizinischem Laien ist nach Lesen der einschlägigen Internet-Seiten und meinen Erfahrungen im privaten Bereich schon fast eine Diagnose klar...
    Das Problem ist, dass er sich standhaft weigert, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Er führt das Geschäft zusammen mit seiner Frau, die unter der Bürde der zusätzlich von ihr (und mir) zu erledigenden Aufgaben und der "auszubügelnden" geschäftlichen und privaten Aussetzer von ihm langsam zusammenbricht. Mit ihr habe ich intensive Gespräche, wir sind uns einig: er muss zum Arzt und sich zumindest untersuchen lassen.
    Aber er weigert sich. Er hat Angst, weil schon seit Vater an Alzheimer litt und früh daran starb und er die ärztliche Diagnose fürchtet. Jeglichen Hinweis von ihr lehnt er ab, von ihr vereinbarte Termine beim Arzt nimmt er nicht wahr (und in diesen Fällen auch nicht aus Vergessen, sondern er weigert sich, mit ihr zusammen hinzufahren.)
    Da bin ich in einer blöden Situation und weiss nicht, was ich machen soll.
    Ich mag die beiden als Arbeitgeber sehr und habe ihn mit "Gut-Zureden" auch schon mal ins Krankenhaus "komplimentiert" wegen einer anderen Sache. Mich hatte er damals ernst genommen, obwohl seine Frau ihn schon monatelang "bearbeitet" hatte...
    Was soll ich machen?
    Mein Rat an seine Frau war, einfach einen erneuten Termin beim Neurologen zu vereinbaren und ihn "zur Not gefesselt und geknebelt" da hinzubringen.
    Ich mache mir große Sorgen und wenn er weiterhin ohne Behandlung bleibt stehen Filial-Schließungen an mit Entlassungen usw. Wenn die Diagnose klar ist können wir zumindest planen, geschäftlich und seine Frau privat. Dann ist vielleicht zumindest ein Teil des Geschäfts zu retten....
    Ich weiss nicht, ob und wie ich mich als Angestellte in diesen schlimmen Verlauf engagieren kann.
    Immerhin geht es um meinen Arbeitsplatz und um mehrere weitere mehr und immerhin habe ich ihn schon mal zum Arzt bewegt. Aber in diesem Fall... Wie drückt man das aus? Wie kann es gelingen, ihm die Angst zu nehmen? Kuz gesagt: wir sind ja alle nicht blöd - er selber, seine Frau und ich - und der Verlauf der Krankheit in den letzten Monaten stimmt uns alle sehr ängstlich und wir sind uns alle drei den Konsequenzen einer eindeutigen Diagnose bewusst. Aber immerhin wäre dann vielleicht noch was zu machen, zumindest könnten wir planen. ihm zielgerichtet helfen und so...
    Was kann ich tun?
    Kann ich was tun?


  • Re: Sorge um Chef


    Noch eben eines dazu:
    wir sind uns sehr sicher, dass der geistige und intelektuelle Verfall, die enorme Vergesslichkeit meines Chefs wirklich krankheitsbedingt ist, weil wir im wissenschaflichen und pädagogischen Bereich tätig sind. Und weil der Verfall seiner Fähigkeiten so arg schnell fortschreitet. Sein langjährig erworbenenes Fachwissen ist präsent, fachlich ist er fit. Und ein ganz lieber und geduldiger Mensch. Aber er erinnert mehr und mehr Sachen aus dem Kurzzeit-Gedächtnis nicht mehr. Obwohl gerade die für ihn sehr interessant und spannend sind... Da hilft kein Kalender, keine Absprache mehr: mittags hat er vergessen, was morgens abgesprochen und von ihm sogar notiert wurde. Und mehr und mehr scheut er Neuerungen und baut Angst auf, hat immer wieder Panik in den Augen, wenn es um Alltags-Sachen geht. Und er vergisst seit ein paar Wochen sogar das Essen, das macht uns große Sorge.
    Körperlich ist er fit, ist Trainer mehrerer Sportgruppen, in der Bewegung ist er nicht eingeschränkt.
    Kurz gesagt: wäre er mein Familienangehöriger und ich dementsprechend mit Kompetenzen ausgestattet: ich würde ihn zum Neurologen zwingen.
    Aber als Angestellte: was kann ich da machen?

    Kommentar


    • Re: Sorge um Chef


      Liebe Sophia01!

      Was bei Ihnen an der Firma passiert, ist für alle Beteiligten schrecklich traurig. So, wie Sie es schreiben, ist es besonders berührend, weil der Chef, um den es hier geht, ein ganz lieber, gescheiter Mensch zu sein scheint.

      In Ihrer Beschreibung ist von drei Menschen (von Ihnen, dem Chef und seiner Frau) und zwei Problemen (der Firma und der Krankheit) die Rede. Der Lösungsansatz, den Sie sehen, ist, den geschätzten älteren Herrn mit Gewalt zum Neurologen zu schleppen. Sie erhoffen sich von dieser Aktion wirklich eine Verbesserung für alle drei Beteiligten und beide Probleme???

      Ich meine, ob Ihr Chef zum Arzt geht oder nicht, ist immer noch seine Sache. Der Arztbesuch wird ihn nur mit kleiner Wahrscheinlichkeit von seinen Sorgen befreien können. Größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in einer Diagnose enden wird, von der der Chef weiß, dass er sie (noch (?)) nicht verkraften kann. So, wie Sie diesen Menschen beschreiben, wird er den Besuch beim Arzt wohl nicht aus Dummheit oder Sorglosigkeit verweigern. Könnte es sein, dass seine Angst Todesangst ist?

      Sie schreiben: „Wenn die Diagnose klar ist, könnten wir doch geschäftlich planen ….“.
      Ich verstehe nicht ganz, warum ein Umkrempeln im geschäftlichen Bereich das Vorliegen der medizinischen Diagnose voraussetzt. Soll diese als Argumentationsgrundlage dienen, als „verbale Waffe“, die den kranken Mann in die Knie zwingen soll?
      Der Chef scheint ja seine Probleme selbst zu erkennen. Könnten nicht Sie und seine Frau ihm vorerst einmal für einen vereinbarten Zeitraum in ausgesuchten Bereichen „Entlastung“ anbieten? Wie würde er reagieren, wenn Sie ihm vorschlagen, gewisse Befugnisse – fürs Erste einmal nur vorübergehend - anders zu verteilen? Vielleicht bedrückt den Chef seine Überforderung durch seine nachlassende Hirnleistung sowieso so, dass er um eine Auszeit froh wäre. Er könnte sie zum Nachdenken nützen, um mit sich selbst ins Reine kommen, Bilanz zu ziehen und eigenständig zu entscheiden, wie es mit ihm weiter gehen soll. Vielleicht würde er dann von sich aus und ohne Druck nach einem Arzt suchen, dem er vertrauen kann.

      Leider ist es nicht so, dass sich jedes Problem dadurch lösen lässt, dass eine geeignete Person daherkommt und durch eifrige Aktivität alles richtet. Die Angst Ihres Chefs ist ja nicht irreal und unberechtigt. Wie sollten Sie ihm diese Angst nehmen können?

      Sie sind voller Energie und haben den Blick auf die Zukunft gerichtet. Meiner Meinung nach, sollten Sie Ihre Kräfte einsetzen, um für das Bestehen bleiben der Firma gangbare Wege auszutüfteln. Auch scheint es, als ob die Frau des Chefs Sie noch sehr dringend brauchen würde.

      Ihr Chef hat das schwerere Los: Er muss sich mit den Gedanken an den Verlust seines Verstandes und seiner Persönlichkeit auseinandersetzen. Der Weg, den er vor sich hat, ist wahrscheinlich von Abbau und Verfall gekennzeichnet. Wenn er Ärzte beizieht, wird der Verfall vielleicht hinausgezögert wahrscheinlich aber nicht aufgehalten. Könnte es sein, dass Ihr Chef fürchtet, dass Leiden und Demütigung dadurch nur verlängert werden? Ich sehe es so, dass Teile der Demenzmedizin dem Sammeln von medizinischen Erfahrungen dienen. Sie helfen der Weiterentwicklung des Wissens über die Krankheiten mehr als der betroffenen Person. Andere Teile dienen dazu, den Kranken pflegeleichter zu machen und die Betreuer ein bisschen zu entlasten. Natürlich sind beide Aspekte notwendig und sinnvoll……… aber sie sind keine Antwort auf die wirklich großen Ängste einzelner Betroffener. Für manchen Kranken könnte der wirkliche „Gewinn“ einer früh getroffenen Demenzdiagnose darin bestehen, dass er zu diesem Zeitpunkt noch in der Lage ist, Handlungen erfolgreich durchzusetzen, die sein Leben beenden.
      Ihr Chef scheint ein Mensch zu sein, der in seinem Leben viel zu sagen gehabt hat, einer, auf den andere mit Respekt gehört haben. Es muss für ihn furchtbar schwer sein, sich vorstellen, dass dieses Leben in hilfloser, ausgelieferter Fremdbestimmung enden soll. Vielleicht muss er für sich selbst erst herausfinden, ob er eine ärztliche Begleitung und Verlängerung seiner Krankheit haben will? Respektieren Sie, dass für Ihren Chef nicht (mehr) dasselbe wichtig ist, wie für Sie. Drängen Sie ihm nicht Ihre gegenwarts- und lebensbezogene Wahrheit auf! Lassen Sie ihm vielmehr die Würde, seinen möglicherweise letzten, schweren Weg auf seine Art zu gehen!

      Ich weiß schon, man kann das medizinische Problem und die geplante Lösung „Arztbesuch“ auch optimistischer sehen. Was ich geschrieben habe, entspricht vermutlich nicht den Intentionen dieses Forums. Es ist halt meine Meinung …..vielleicht kriegen Sie von anderen ohnehin Tipps, wie man das mit dem Fesseln und Knebeln am besten handhabt!

      Alles Gute und liebe Grüße
      Maria

      Kommentar


      • Re: Sorge um Chef


        Liebe Maria,

        vielen Dank für die Denkanstösse.
        Ich habe in den letzten Tage viel über die Problematik nachgedacht.
        Der Gedanke mit dem "Fesseln und Knebeln" entspringt glaube ich einerseits der - wenn auch unwahrscheinlichen - Hoffnung, dass es eben doch kein Alzheimer ist, sondern irgendwas anderes, heilbares. Und andererseits meiner Hoffnung, dass die beiden sich bei feststehender Diagnose anders verhalten könnten. Bisher ist einfach ein stetig wachsender Kampf: er WILL und kann nicht mehr, gibt ungern Sachen ab und dadurch entwickeln sich so viele Probleme, die SIE dann ausbügeln muss und dadurch an den Rand ihrer Belastungsgrenze gerät. Dieses ständige Mitdenken, Geradebiegen, zusammen mit den Sorgen. Deshalb meine Intention zu einer Diagnose, mit der wir bzw. die beiden dann irgendwie umgehen können...
        Sicher: ich gebe Dir Recht, seine Gründe für die Verweigerung resultieren sicher aus einer Angst, zumal er den Verfall bei seinem Vater gesehen hat. Aber vielleicht wäre es einfacher für ihn, Arbeitsabläufe abzugeben, wenn er eine Diagnose hat? Ich weiß es nicht...
        Ich bin einfach entsetzt, wie schnell er verfällt. Und wie sehr sein geistiger Verfall Konsequenzen hat: für seine Angehörigen, für die Firma, für ihn selber. Ich wünsche ihm von Herzen, dass ihm genug Zeit mit wachem Verstand für ihn selber und seine Angehörigen bleibt und dazu gehört dringend Entlastung in der Firma. Aber dagegen wehrt er sich ja eben. Er kann nicht erkennen, welche Konsequenzen seine Krankheit für seine Umwelt hat.
        Das Problem an dieser Krankheit ist eben, dass es nicht nur SEIN letzter, schwerer Weg ist sondern dass so viele andere davon betroffen sind, mehr oder weniger intensiv.

        Kommentar



        • Re: Sorge um Chef


          Hallo,
          ich mache gerade eine Fortbildung und arbeite auch mit Alzheimer erkrankten Personen. Aus eigener Erfahrung weis ich das solche VErläufe wie von Ihnen beschrieben nicht immer auf Alzheimer zurück zu führen sind.
          Sie sollten versuchen Ihren Chef in eine Memory Klinik, Gedächtnissprechstunde oder ähnliches zu bekommen. Hier wird versucht eine genaue Diagnose zu treffen. Besonders wichtig ist hier der möglichst schnelle Besuch einer solchen Einrichtung, denn durch entsprechende Therapie lassen sich selbst Alzheimer und andere Krankheiten zumindest Zeitlich verzögern.

          In den Sitzungen (zunächst vermutlich eine) werden erst mit Tests die Kognitiven Fähigkeiten überprüft und später auch wenn nötig Untersuchungen wie ein CT gemacht.

          Für eine solche Memorieklinik reicht eine Überweisung vom Hausarzt, nach Rücksprache habe ich aber auch teilweise von Untersuchungen ohne Überweisung gehört.

          Schöne Grüße

          menj03

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          • Re: Sorge um Chef


            Sehr geehrte Sophia,

            zunächst einmal ist es so, daß Sie Ihren Chef zu nichts zwingen können. Weder zu einer diagnostischen Abklärung noch zu einer Therapie, obgleich insbesondere erstere dringend geboten wäre, da es in der Tat eine Vielzahl von behandelbaren Demenzerkrankungen gibt, darunter auch ursächlich behandelbare. Es wäre somit von erheblicher prognostischer Bedeutung eine genaue Zuordnung zu treffen, hier bin ich in der Tat einer entschieden anderen Auffassung als Maria, obgleich ich vieles von dem, was sie schreibt nachvollziehen kann. Sowohl sie als auch ich haben sich eben vermutlich eine Meinung auf der Basis der eigenen Erfahrungen gebildet.
            Sollte die Ehefrau vermuten, daß ihr Ehemann krankheitsbedingt Fehlhandlungen begeht oder Fehlentscheidungen trifft, und daß davon eine existenzielle Gefahr für die gemeinsame Firma ausgeht, kann sie, wenn alle Stricke reißen und alle Überzeugungsversuche, ihn dazu zu bewegen Verantwortung abzugeben fehlschlagen (möglicherweise auch krankheitsbedingt, weil er sich nicht krank fühlt) beim Amtsgericht die Betreuung beantragen. Es würde dann durch einen Gutachter die Geschäftsfähigkeit des Patienten geprüft. Der Beziehung der beiden wäre dies sicher nicht gerade zuträglich, so daß zunächst alle Versuche der Überredung, z.B. auch durch den Hausarzt, unternommen werden sollten.

            Mit freundlichen Grüssen,

            Spruth

            Kommentar

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