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Verhalten

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  • Verhalten

    Hallo,
    ich hab ein großes Problem. Mein Opa hat große Einschränkungen im Kurzzeitgedächtnis sowie in der Orientierung. Er bringt Sachen durcheinander z.b. Geschichten von früher oder auch aktuelle.
    Wie soll ich mich da verhalten? Soll ich zu allem immer ja sagen was er sagt?


  • Re: Verhalten


    Hallo Uta,

    es kommt darauf an, was er sagt und wie er bei Ablehnung reagiert. Meistens empfiehlt es sich, recht zu geben. Man kann auch etwas in die Welt des Kranken eintauchen. Als mein Vater mal meinte, sein Auto sei durch ein Doppel ausgetauscht worden, habe ich schließlich gefragt, ob das Auto denn in Ordnung sei. Das hat er bejaht und gut war es (mitterweile fährt er nicht mehr).

    Gruss
    Egon-Martin

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    • Re: Verhalten


      Hallo,
      ich meine, wenn möglich nicht widersprechen, auch wenn man sich da manchmal auf die Zunge beißen muss. Um das ganze aber für einen selber interessanter zu machen, könnte man ja manchmal an einem Punkt anknüpfen und z.B. damit das Gespräch auf einen anderen Weg bringen. Wir haben ehrlich gesagt in der Phase in der mein Vater immer wieder mit den gleichen Geschichten aus seiner Kindheit anfing, manchmal schon die Augen verdreht, ihn aber nur selten wirklich unterbrochen bzw. wenn dann auf eine lockere Art, damit er sich nicht zu doof vorkommt.
      Wenn Sie darauf anspielen ob es einen Sinn macht, seine Erinnerungen zu korrigieren, um seine Sinne anzuregen bzw. ihn damit zum Überlegen zu bringen... das hilft wohl gar nichts. Schöner ist es für ihn, wenn er in Ihren Augen Interesse irgendwelcher Art an ihm erkennen kann, jeder Mensch ist mehr oder weniger egozentrisch veranlagt. Mein Vater, der leider inzwischen fast gar nicht mehr kommunizieren kann, versucht seitdem durch Deuten in andere Richtungen etc. die Aufmerksamkeit unseres Besuches vom Gespräch mit uns wegzulenken, vor allen Dingen wenn in den Gesprächen unsere Blicke bzw. unsere Ansprache gar nicht mehr in seine Richtung gehen. DAs ist mitunter ziemlich lustig, weil die Leute natürlich alle rätseln, was er ihnen denn nun zeigen wollte, dabei will er einfach auch was mitreden... denn denken tut er ja, er kann sich bloß anderweitig nicht einbringen.

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      • Re: Verhalten


        Hallo Flieder,

        Du schreibst "...denn denken tut er ja, er kann sich bloß anderweitig nicht einbringen."

        Es ist interessant, sich zu fragen, WAS ein Demenzkranker denkt.
        Meiner Erfahrung nach, versucht er v.a., seine Orientierung aufrecht zu erhalten. Eine "normale" Orientierung setzt ein halbwegs intaktes Abbild der Umwelt im Gehirn voraus (ein mit der Umwelt ausreichend stimmiges Hirnkonstrukt, denn wir rekonstruieren unsere Umwelt und bilden diese nicht wie in einem Spiegel ab). Die Voraussetzungen für das Erzeugen eines stimmigen Hirnkonstruktes sind aber beim Demenzkranken nicht mehr gegeben, so dass sein Bild von Welt immer mehr von unserem Bild von Welt abweicht. Das Ich aber ist auch ein Hirnkonstrukt und ändert sich ebenfalls. Es ist also nicht so, dass da irgend ein oberstes Wahrnehmungszentrum (OWZ) existiert, dass immer tadellos funktioniert und bei neurodegenerativen Erkrankungen lediglich seine materielle Schnittstellen zur Umwelt einbüßt. Es wäre schön, wenn dem so wäre und wer an derlei glaubt, dem sei dieser Glaube auch von Herzen gegönnt. Dann aber bräuchte man nur dieses OWZ zu finden und andere Wege zur Kommunikation - ggf. elektronische Substitutionen - zu schaffen.

        Manchmal denke auch ich - naturwissenschaftlich geprägt - an solche Möglichkeiten. Man ertappt sich in seiner Verzweiflung manchmal in den eigenartigsten Gedanken. Als Vater mal am Abendbrottisch plötzlich von sich aus wieder die Initiative ergriff und ein ganz normales Gespräch wie in alten Zeiten anfing, war ich schier baff. Ich wollte schon fast an ein Wunder glauben. Etwa eine Stunde später ergriff dann wieder die Krankheit von ihm Besitz. Auch heute grüble ich manchmal noch über solche spontanen Leistungen nach und frage mich, wo diese wohl herkommen. Die Antwort liegt in der Plastizität unserer Hirne. Es können intakte Bereiche durchaus Aufgaben von geschädigten Bereichen übernehmen. D.h., wenn hoffentlich bald wirksame Mittel zur Verfüging stehen, welche die Krankheit zum Stillstand bringen, könnte etwas Restauration vielleicht möglich sein. Die für mich allerdings unbeatwortete Frage bleibt: Wie war es möglich, Informationen aus degenerietren Breichen wieder verfügbar zu machen? Offensichtlich wird an viel mehr Stellen gespeichert, als man denkt. Karl Pribram, ein amerikanischer Neurowissenschaftler, hat mal in den 80iger Jahren die umstrittene (!) Hypothese aufgestellt, unsere Hirne würden holographisch arbeiten. Wenn dem so wäre, müßten alle Informationen, wenn auch z.T. in "verdünnter" Form an vielen Stellen im Gehirn enthalten sein - so wie ja auch unser Körperbauplan in jeder unserer Zellen steckt.

        Gruss
        Egon-Martin

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        • Re: Verhalten


          Hallo Egon-Martin,
          im Fall von meinem Vater ist es ja so, dass er noch nicht so weit fortgeschritten ist in seiner Demenz, so dass er uns überhaupt nicht mehr folgen kann oder versteht was um ihn herum geschieht.. das kommt leider wohl noch allzubald. Sehr stark habe ich oft das Gefühl, dass es an der Konzentrationsfähigkeit mangelt, oder wie du auch sagst, daran dass er für die Einordnung all seine Konzentration benötigt und nicht mehr genug Aufmerksamkeit übrig hat für gezielte Gedanken.

          Aber deine Zeilen sind sehr interessant, und ich frage mich oft, wieviel "noch da" ist, also wieviel schon abgestorben ist, und wieviel theoretisch noch abrufbar wäre. Das würde aber bedeuten, dass es ein für allemal weg wäre, und theoretisch nur wieder neu erlernt werden könnte.

          Zu dem Thema
          "Dann aber bräuchte man nur dieses OWZ zu finden und andere Wege zur Kommunikation - ggf. elektronische Substitutionen - zu schaffen", es geht ja tatsächlich darum, dass die Zellen absterben, weil sie nicht mehr angesprochen werden können. D.h. wenn man die Information jeder Zelle von aussen abrufen könnte, dann wäre ja alles gespeicherte da, nur... der Mensch würde nicht leben, sondern wäre ein "Informationszentrum", das gesteuert werden muss.
          Wie auch immer, vor allem interessant finde ich, dass die Forschung sich zwar sehr stark mit Methoden beschäftigt, das Hirn wieder zum laufen zu bringen, aber mir scheint (fast) überhaupt nicht, was die Ursachen für den Defekt sind..
          Und alles was zukünftig passiert an Erfindung von evtl. erfolgreichen Abhilfen, befürchte ich ist für die ganz akut Betroffenen wie in unserem Fall wohl einen Tick zu spät.
          Aber interessant bleibt es trotzdem und eine Hoffnung für andere
          Grüße
          Flieder

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          • Re: Verhalten


            Hallo Flieder,

            ja, es ist traurig, dass die Zeit wohl nicht ausreichen wird, damit jetzt akut Erkrankten noch geholfen werden kann. Dennoch weigere ich mich, die Hoffnung gänzlich aufzugeben, auch wenn sog. Spontanremissionen (plötzliche und unerwartete Heilung) wie sie - wenn auch sehr selten - bei Krebspatienten schon vorgekommen sind, hier wohl noch weniger zu erwarten sind.

            Andererseits ist es ein Irrtum, zu glauben, man bräuchte ganz viel Gehirn, um gut mit Intelligenz leben zu können (Großsäuger wären dann ja die Intelligenzbestien unseres Planeten - andererseits erkennen sich Krähen im Spiegel). Es konnte z.B. gezeigt werden, dass kleine sog. künstliche neuronale Netze sehr gut funktionierten und besser waren als große Systeme. Natürlich besteht ein Riesenabgrund zwischen solchen künstlichen Gebilden und den sehr viel feineren Strukturen in unserem Gehirn.

            Man müßte einen Weg finden, auf andere noch intakte Systeme umzuschalten. Wie weit könnte man z.B. das Kleinhirn nutzen? Was ist mit den Gliazellen - das ist doch nicht nur Stützgewebe?
            Leider bin ich da kein Experte und kann wohl kaum mit meinem alten Lichtmikroskop, ähnlich Paul Ehrlich oder Robert Koch mit den Bakterien, methylenblau gefärbte Neuronengeflechte aus einem Rattenhirn nach Amyliodplaques absuchen und Mixturen an ihnen ausprobieren oder Wege finden, die Zellteilung von Neuronen anzufachen. Da könnte eher Krebs bei herauskommen. Wenn wir - was verrückt klingt - den Krebs beherrschen könnten, dann würde das vielleicht sogar gehen. Oder man geht quasi in die Vergangenheit - klont den Kern einer Zelle des Patienten, manipuliert das Genom um gezielt Neuronen zu züchten, die man danach in das kranke Gehirn implantiert. Wenn man z.B. wüßte, welche genetischen Schritte zum Aufbau eines Hippocampus führen, könnte man einen solchen herstellen. Natürlich müßte der Patient dann neu lernen - aber das ist das kleinere Problem.

            Ich bin von Haus aus Ingenieur und kann kaum anders, als so zu denken. Möchte all mein Wissen in die Waagschale werfen, irgendwas tun und bin doch hilflos. Es ist ein Elend.

            Gruss
            Egon

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            • Re: Verhalten


              Guten Abend Egon,
              das ist ja auch richtig, dass man die Hoffnung nicht ganz verliert, siehe z.B. die Meldung von heute: "Alzheimer-Schutz liegt im Blut,
              Forscher entdecken natürliche Antikörper gegen Abeta-Oligomere"

              Und es ist auch folgerichtig, denn soweit ich es verstanden habe, ist dein Vater sehr plötzlich dement geworden; das läßt einen noch eher glauben, dass nicht einfach alles zerstört ist, sondern dass einfach etwas nicht mehr so funktioniert wie es soll. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass es wohl weniger Sinn hätte, neue Neuronen oder Hirnstämme zu züchten, sondern sie am weiteren Untergang zu hindern; lernen könnte man mit dem was da ist wie du schon sagst wohl immer noch.
              Kann dein Hilflosigkeitsgefühl gut nachvollziehen. Bin auch immer so, dass ich das Gefühl habe, ich muss irgendwas tun; es bringt mich auch immer aus den größten Krisen, wenn ich etwas eher aktiv angehe, als dass ich mich vor der Problematik vollkommen verschanze und einfach geschehen lasse.
              Eine Idee wäre, mal alle derzeitigen hoffnungstragenden Forschungsrichtungen in deutscher Sprache zusammenzutragen, damit man mal sieht, woran noch geforscht wird, und welche Ansätze eingeschlafen sind. Es gibt da eine Seite aus den USA, in der alle Ansätze zusammengetragen werden, auch in welcher klinischen Phase sie sich befinden. Wenn ich Zeit habe suche ich die nochmal. Auf deutsch habe ich sowas noch nicht gefunden..
              Gruss
              Flieder

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