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Sehe keine Lösung

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  • Sehe keine Lösung

    Hallo Zusammen,

    im August 2019 verstarb mein Ehemann an Krebs. Er war meine große Liebe. Er war in vielen Dingen bewandert und vermittelte mir Sicherheit und Geborgenheit. Für (fast) alles hatte er eine Lösung. Mit ihm war der Alltag interessant, weil wir immer wieder Dinge fanden, über die wir reden konnten und die wir unternahmen. Wir waren quasi uns selbst genug. Es war ein ausgefüllter Alltag.

    Zwei Jahre nach dem Tod meines Mannes fühlte ich mich sehr einsam (mein Sohn starb 2008). Familie und Freunde gab und gibt es in meinem Umfeld kaum. Dazu kommt noch, dass wir 2 Jahre zuvor in eine andere Stadt gezogen sind und neue Bekanntschaften nicht dazukamen.

    Also schrieb ich im Herbst 2021 auf eine Annonce und lernte einen lieben, netten Mann kennen. Schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass ich mit ihm keine zielführenden Gespräche führen kann. Konzentrations- und Merkdefizite verhindern dies. Auch ist sein Interessenfeld sehr begrenzt und unsere Gespräche haben sehr häufig Kindergartenniveau.
    Von Sicherheit und Geborgenheit bin ich nun weit weg. Im Gegenteil, er bringt reichlich Probleme mit, die aufgrund seiner Art natürlich nicht lösbar sind. Außerdem stellte sich heraus, dass er wohl an Depression leidet.

    Seit Ende 2022 wohnen wir in einem Haushalt. Ich dachte immer, ich lerne, mit seiner Art umzugehen und mich einzustellen. Jedoch ist es nicht so. Zunehmend werde ich sehr häufig wütend und flippe verbal aus, wenn er wieder etwas vergisst oder nicht zuhört. Er fällt dann richtig in sich zusammen und springt einfach auf ein anderes Thema um. Ich kann mich quasi auch nicht auf ihn verlassen, weil ich nicht einschätzen kann, was er sich merkt. Ein totaler "Kopfchaot".

    Ich würde sehr gern eine wohnliche Trennung wollen, aber das ist aus finanziellen und logistischen Gründen kaum realisierbar. Außerdem will er das nicht und kriegt Panik, wenn ich das Thema anspreche. Einmal hatte ich schon eine Wohnung für ihn herausgesucht, da drehte er durch.

    Im Rahmen einer Covid-Erkrankung Anfang 2021, aufgrund derer er vermutlich diese Konzentrations- und Merkdefizite hat, wurde er in einer psychiatrisch-neurologischen Klinik durchgecheckt. Das Ergebnis war nicht eindeutig. Die Bewertung insgesamt war nicht auffällig, außer die Depression eben.

    Nun bekomme ich seit einiger Zeit Panikzustände, weil ich keine Lösung für mein Problem finde. Er kann sehr gut verdrängen. Wartet geduldig und erträgt meine Wutanfälle. Hauptsache, er kann bei mir bleiben. Das halte ich kaum aus.

    Grüße von Tine


  • Re: Sehe keine Lösung

    Liebe Tine,

    nach recht kurzer Zeit des Kennenlernens bist du mit deinem jetzigen Partner zusammengezogen - war das auch dein Wunsch?
    Irgendetwas an ihm muss dich ja so angezogen haben, dass du dich auf den gemeinsamen Haushalt eingelassen hast. Was war es? Hat er sich verändert seither oder nicht? Was schätzt du an ihm?

    Gegen Vergesslichkeit kann es helfen, Dinge aufzuschreiben, die zu erledigen sind.
    Gegen Depressionen gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden.
    Ist er in Behandlung?

    Die Tatsache, dass er "durchdreht", wenn du eine wohnliche Trennung vorschlägst, ist kein Grund für dich, nicht auszuziehen. Oder ist das deine Wohnung/dein Haus?

    Seid ihr vielleicht einfach noch nicht "fertig" miteinander? Überlege mal, was du von ihm lernen willst - oder ihn lehren willst?
    Was sollen die Wutanfälle, ist das eine Form der Verarbeitung der Trauer um deinen Mann und/oder etwa "Rache" am neuen Partner, dass er eben anders ist als dein verstorbener Mann? Fühlst du dich ermächtigt durch deine Wut oder eher beschämt oder traurig?
    Kann es sein, dass du den Verlust deines Mannes noch gar nicht ausreichend verarbeitet hast?

    Noch eine Sache: du beschreibst die Beziehung mit deinem verstorbenen Mann als symbiotisch (ihr wart einander genug, keine Freunde etc.). Nun ist das nicht das passende Modell für jeden. Wenn du mit deinem aktuellen Partner nicht alle deine Interessengebiete teilst, macht es Sinn, dafür jeweils passende Freunde zu finden. Das ist im übrigen eher "normal" als der Fall, dass eine Person wirklich alles abdeckt. Es kann durchaus belastend sein, wenn man die eine Person "für alles" sein soll. Mein Noch-Ehemann ist so ein Fall, und das ist einer der Gründe, weshalb ich mich von ihm getrennt habe. Ich habe ein sehr weites Interessenfeld und auch einen entsprechenden Freundeskreis, er dagegen hat einen Freund und ansonsten musste ich für wirklich alles "herhalten". Das ist wahrhaftig nicht nur berührend und interessant, sondern auch anstrengend und einigermaßen rücksichtslos.

    Mein aktueller Partner kann mir auf "meinen" Themenfeldern auch nicht auf gleichem Niveau begegnen (was ich natürlich schön finden würde!), aber es gibt dennoch viele Berührungspunkte, und er ist einfach unfassbar liebevoll, hält meine Launen aus, ist aber nicht unkritisch mir und der Welt gegenüber. Ich lerne von ihm, er lernt von mir. Zusammenziehen mit ihm würde ich aber nur, wenn wir dann sehr viel Platz hätten, damit man sich auch mal aus dem Weg gehen kann. Freiheit in einer Beziehung ist auch wichtig, finde ich, Abhängigkeiten, auch und besonders finanzieller Art sind mMn echte Beziehungskiller. Es gibt aber immer Wege aus solchen Situationen! Wenn du dazu mehr ins Detail gehen willst, können wir im Forum bestimmt gute Tipps geben.

    Ich hoffe, am Ende sieht es bei dir aus wie Marcel Duchamp mal sagte: "Es gibt keine Lösung, weil es kein Problem gibt".

    Liebe Grüße
    "Venus"


    Kommentar


    • Re: Sehe keine Lösung

      Liebe Venus,
      vielen Dank, dass du dich mit meinem Text auseinandergesetzt und dir Mühe gemacht hast, mein Thema zu beleuchten.

      Unser Zusammenzug war für mich tatsächlich überstürzt. Die Konstellationen dafür waren eigenartig. Er wohnte in einer größeren Wohnung ziemlich weit weg "vom Schuss" - wie man so sagt. Ich wohne im Herzen einer Großstadt und fühlte mich in meiner kleinen Dreiraumwohnung mit Balkon ins Grüne sehr wohl, auch alleine.
      Als wir uns das 1. Mal begegneten - und natürlich auch jetzt noch - war er mir sofort sympathisch. Er hat etwas an sich, was anziehend ist. Ein bisschen hilflos, ungeschickt, zerstreut, aber auch sehr empathisch. Was mich positiv erstaunte, dass wir keine Berührungsbeklemmungen hatten. Es fühlte sich gleich vertraut mit ihm an. Irgendwie normal. Wenn man nicht mehr so jung ist, ist das nicht so einfach.

      Da sein Arbeitsweg von mir aus weit näher zu erreichen ist, war er schon ziemlich häufig von Anfang an bei mir in der Wohnung zugange. Gut, ich war ja einverstanden. Dann hatte er gesundheitliche Probleme und seine Familie (Bruder und 2 Kinder) juckte das gar nicht. Man klinkte sich dezent aus und überließ mir die Verantwortung. Ich bin sowieso ein "Kümmerer", würde nie jemand Leidenden im Stich lassen. Dann ergab es sich, dass in seiner Wohnung ein Heizungsschaden mit Wasseraustritt auftrat. Das Mobiliar war dadurch unbrauchbar geworden und wir entsorgten es. Nun war die Wohnung so gar nicht mehr wohnlich, so dass sich unser Zusammensein ab dem Zeitpunkt schon in meiner Wohnung abspielte.
      Schon von Anfang an stellte er klar, dass er nicht allein sein kann und eine feste Beziehung möchte. Seine Psychotherapeutin redete ihm gut zu, dass er doch zu mir ziehen solle. Das wollte ich jedoch nicht. Und immer wieder wurde ich "beackert", warum wir nicht zusammenziehen. Wir würden uns doch gut verstehen, sowieso schon zusammen wohnen und Kosten können auch minimiert werden. Das führte dann dazu, dass ich mich nach einem Jahr des Zusammenseins quasi breitschlagen ließ und dem Zusammenzug in meine Wohnung zustimmte.

      Und daraus resultiert meine Wut. Dass ich mich breitschlagen ließ. Ich war noch nicht bereit für eine richtige Partnerschaft auf engem Raum. Ich hätte noch Zeit gebraucht. Ich kann gut allein sein. Durch den Verlust meines Sohnes habe ich viele Kontakte abgebrochen und kam/komme besser damit klar. Er wiederum würde gern mehr Kontakte haben, aber da fehlt es an Interessenlagen. Wir sind 60 und Mitte 60, da ist es schwierig, neue Kontakte zu knüpfen. Es geht bei mir schon los, wenn von Kindern und Enkeln erzählt wird ...

      Was mir hilft ist, dass ich mir sage, ich lebe mit einem sehr guten Freund zusammen. In einer Wohngemeinschaft. Das ist somit quasi kein Ersatz für eine "typische" Partnerbeziehung.

      Letztendlich bin ich für meine Lage selbst verantwortlich. Ich habe JA zum Zusammenzug gesagt. Und ich darf es nicht an ihm auslassen. Das ist unfair. Aber die Wut siegt eben (noch) oft über den Verstand.

      Liebe Grüße von Tine

      Kommentar


      • Re: Sehe keine Lösung

        Liebe Tine,

        ich erkenne da ein Muster - ich kenne mindestens 3 Fälle, wo es genauso passiert ist wie bei dir (auch mir ist es einmal so ergangen): frau lässt den Partner aus Fürsorge bei sich einziehen und wird ihn dann nicht mehr los. Jedesmal hat auch die Umgebung mit hinein gespielt, den Frauen wurde suggeriert, dass sie sich doch hier kümmern müssten...das ist mMn perfide! Als ob die Partnerin sich zu fügen habe, als sei das Gesetz, die "natürliche" Rolle der Frau - und das im 20. bzw. 21. Jahrhundert in unserer ach so zivilisierten westlichen Welt...!
        Du willst nun, dass er wieder geht, er will das nicht... dann kann es ihm ja wohl nicht um dich gehen! Wäre da Liebe im Spiel, wäre es ihm auch wichtig, dass es dir gut geht! Das ist aber nicht mehr der Fall in der aktuellen Wohnsituation.
        Deine Wut ist nicht nur nicht fair, sie ist "unproduktiv" und damit wirklich schädlich für euch beide.
        Rede doch offen mit ihm über deine innere Not, das wäre fair und kann auch zu einem guten Ausweg für euch beide führen. Du bist nicht verantwortlich für seine Depression (wenn er denn eine hat). Du bist überhaupt nicht verantwortlich für ihn - aber für dich selbst und dein eigenes Wohlergehen!

        Ich bin zwar noch etwas jünger als du, aber ich bin überzeugt, dass man in jedem Lebensalter neue Freunde oder gute Bekannte gewinnen kann, wenn man möchte. (Auch passende Lebenspartner!) Die müssen nicht in deinem Alter sein - in meinem Freundeskreis sind jüngere und ältere Menschen. Du darfst mit deinem Verlust auch offen umgehen, wenn Enkel etc. mal zur Sprache kämen. Andere sind vielleicht dankbar für deine Offenheit, gerade auf diese Weise kommt man einander auch näher.
        Gemeinsame Interessengebiete finden sich, wenn du dich auf dem Terrain bewegst, wo deine Interessen liegen. Besonders in einer Großstadt gibt es doch für alle möglichen Bereiche passende Angebote.
        Mit wenigen Kontakten zurecht zu kommen, geht natürlich auch klar. Hauptsache, es geht dir gut damit.

        Du bist nun also 60 (oder Mitte 60) - findest du nicht, du hast es endlich verdient, ein Leben zu leben, das dir gefällt? Du hast viel Schmerz hinter dir und noch viele (potenziell gute!) Jahre vor dir - überlege dir, wie du gerne leben möchtest, und zieh es durch!

        Ich wünsche dir alles Gute!

        GLG
        "V"

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        • Re: Sehe keine Lösung

          Liebe Tine,
          deine Offenheit bezüglich deiner komplizierten Situation ist wirklich bewundernswert. Du stehst vor einer schwierigen Entscheidung, wünschst dir eine Veränderung und sehnst dich nach emotionaler und räumlicher Unabhängigkeit. Eine mögliche Lösung könnte eine professionelle Beratung oder Therapie sein, die dir helfen könnte, die Beziehungsdynamik besser zu verstehen und zu navigieren – dies könnte eine EInzel- oder auch eine Paartherapie sein. Es ist klar, dass du in einer Zwickmühle steckst, vor allem wegen der finanziellen und logistischen Hindernisse. Aber es ist ungeheuer wichtig, deine eigenen Bedürfnisse und dein Wohlbefinden nicht aus den Augen zu verlieren. Denke bitte daran, dass das Setzen von Grenzen und das Streben nach Eigenständigkeit für deine persönliche Gesundheit absolut unersetzbar sind. Ich hoffe, du findest einen Weg, der sowohl für dich als auch für deinen Partner tragbar ist, und sende dir viel Kraft und positive Gedanken für die kommenden Herausforderungen.
          Herzliche Grüße,
          Dirk

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