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Subventionen / Petronius

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  • Subventionen / Petronius

    Hallo Petronius.

    Weil schon so weit nach hinten gerutscht, beziehe ich mich hier auf Deine Stellungnahme zu den Subventionen in der Landwirtschaft im Beitrag http://m-ww.de/foren/read.html?num=2...5&thread=22223.

    Zuerst einmal vielen Dank für Deine Einführung in die rudimentären Grundzüge der (Welt)Marktwirtschaft.
    Ich glaube zwar nicht, dass die Subventionen in den USA den Milchpreis in Europa drücken, doch ist dieser Ansatz vollkommen richtig. Ich möchte das Zahlenverhältnis aber gerne noch ein bisschen relativieren: In den 70ern hatte ich einen Nachbarn, der aus verschiedenen Gründen seine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft reduzieren wollte. U. a. bestand einer der Gründe darin, dass in Deutschland die Milchquote eingeführt würde. Er konnte seine Quote sehr gut verkaufen, allerdings danach seine produzierte Milch bis zum abgeschlossenen Verkauf seiner Kühe nur noch zum unsubventionierten Preis an die Molkerei verkaufen. Hatte er vorher einen Erzeugerpreis von 69 Pfennigen pro Liter erhalten, erhielt er ab sofort nur noch 13 Pfennige.
    So viel zur damaligen Höhe der aus Steueraufkommen finanzierten Subvention.


    > so wird zwar das agrarsystem für den steuerzahler immer teurer<
    ---------------------------------------------------
    Stimmt. Aber passiert ohne Subventionen?
    Die Agrarprodukte werden für große Bevölkerungsteile unbezahlbar. Damit sinkt die Nachfrage dramatisch. Die Folge wäre, landwirtschaftliche Betriebe sterben mit epidemischen Auswirkungen. Dadurch verteuern sich die Produkte noch weiter. Bis hin zur gehobenen Mittelschicht könnte sich die Bevölkerung keine landwirtschaftlichen Produkte mehr leisten. Andere >künstliche< Nahrungsquellen müssten erschlossen werden. Durch den immensen Preisanstieg würden die Menschen weniger Geld für andere Dinge zu Verfügung haben, deren Produktionsrate müsste zurück gefahren werden, Arbeitsplätze gingen verloren etc. etc.
    Dieses Szenario würde nicht wirklich eintreten, weil andern Orts weiter subventioniert, oder preiswerter produziert würde. Für unsere Landwirte käme das einer Katastrophe gleich. Damit komme ich auch zum zweiten Teil Deines Satzes:

    >der einzelne landwirt hat aber nichts davon<
    -------------------------------------------------
    Dem ist nicht so. Direkt kommt die Subvention ausschließlich dem einzelnen Landwirt zu Gute. Oder hat jemand eine Idee, wer sonst der Nutznießer sein könnte?

    Lohnt sich die Ausgabe für den Steuerzahler?
    Ich finde ja! Die Grundnahrungsmittel werden damit auf ein akzeptables Niveau gedrückt. Sogar eine Sozialkomponente wohnt daher dieser Subvention inne. Weniger Subventionen würde rechnerisch eine niedrigere Steuerbelastung zu Lasten höherer Lebensmittelpreise bedeuten.

    Warum werden aber dennoch landwirtschaftliche Betriebe eingestellt?
    Da mir persönlich noch kein Landwirt über den Weg gelaufen ist, der nach der Aufgabe zum Sozialamt musste (wie im Handwerksbetrieb allgemein üblich), kann das nur bedeuten, dass er in anderen Bereichen eine Gelderwerbsquelle gefunden hat, die seinem persönlichen Lebensstil mehr zusagt. Sicherlich ist die Landwirtschaft (wie viele andere Berufe auch) nicht jedermanns Sache. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass es sich um eine selbstständige Unternehmensform mit beamtenähnlichen Sicherheiten handelt. Kein Produzent erhält vom Staat garantierte Mindestpreise ohne Berücksichtigung der Angebotsmenge.
    Und zuletzt: Es gibt für einen Landwirt keine optimale Ernte. Das die Ernte bestimmende Wetter erweist sich als zu trocken/nass, oder zu warm/kalt. Der goldene Mittelweg ist dem Landwirt leider versperrt.

    Gespannt auf Deine Meinung zu diesen Thesen bleibt
    Frodo


  • RE: Subventionen / Petronius


    lieber frodo,

    du hast mich anscheinend völlig falsch verstanden

    ich habe davon gesprochen, daß die einzelnen nahrungsmittel subventioniert werden anstatt der landwirtschaft an sich. meine ausgangsthese ist, daß der weltmarkt die preise bestimmt, und das so bleiben wird. die weltmarktpreise werden derzeit durch heftigste agrarsubventionen niedrig gehalten, das wird auf absehbare zeit auch so bleiben

    sodaß (ich nenne hausnummern, die zahlen sollen lediglich das prinzip illustrieren) der deutsche landwirt weizen für 10 ¤ produktionskosten produziert, diesen die eu für 11 ¤ abnimmt und für 4 ¤ auf dem weltmarkt verkauft. die differenz, 7 ¤, zahlt der steuerzahler

    macht das sinn? der weizen kann überhaupt nur deshalb so billig sein, weil eine überproduktion besteht. um dem landwirt ein einkommen von 1 ¤ zu geben, finanzieren wir die produktion einer ware, die eigentlich gar keiner haben will, mit 7 ¤

    ist es nicht sinnvoller, dem landwirt 2 ¤ dafür zu geben, daß er sein feld überhaupt bestellt, anstatt dem 1 ¤ dafür, daß mit enormem einsatz an mineraldünger und pestiziden etwas produziert wird, was sowieso keiner haben will?

    der nach meinem modell existenz-subventionierte landwirt kann ja immer noch weizen anbauen, wenn er das möchte. er kriegt halt nur noch den weltmarktpreis dafür. er muß ja auch nichts daran verdienen, sein geld hat er ja sowieso, unabhängig davon, was er produziert. er kann sich also auf die produktion dessen stützen, was ihm spaß macht, wo er marktchancen sieht - ohne sklave des weltmarkts zu sein

    für die verbraucherpreise ändert das gar nichts - die bäckerei, in der wir unsere brötchen kaufen, zahlt für den weizen nur den weltmarktpreis. und sogar wenn dieser sich verdoppeln würde - beim brötchenpreis wäre das kaum zu spüren

    Kommentar


    • RE: Subventionen / Petronius


      Lieber Petronius.

      Ich muss leider gestehen, mir fehlen die Kenntnisse und Einsichten in den agrarpolitischen Weltmarkt, um qualifizierte Ratschläge zu geben.
      Sicher wird (Deinem Beispiel folgend) kein Weizen produziert, den keiner haben will, denn dann würde der Marktpreis bei Null liegen. Sicher ist auch, dass der Preis durch die Überproduktion in den Industrieländern infolge der Subventionen so niedrig liegt. Ebenso sicher ist, dass damit in den Drittländern Menschen die Existenzgrundlage entzogen wird, So unsinnig das klingt, verhungern Menschen infolge dieser Überproduktion.
      Theoretisch könnte das mit einem Radikalschnitt geändert werden. Doch sehe ich auch die Katastrophe, die dann auf unsere Landwirte zukommt, wenn Subventionen komplett entfallen. Faszinierend ist da die Idee mit der generellen, alsoProduktionsmengen unabhängigen Subvention. Aber, wie soll das real durchgeführt werden? Eine bestimmte Summe pro Hektar? Was muss der Landwirt dafür tun? Bleibt es egal, ob, was und wieviel er anbaut? Wie siehr es in anderen Zweigen aus? Denekn wir an kleine Händler (Tante-Emma-Läden), die durch übergroße Märkte verdrängt wurden, als in Deutschland die Preisbindung fiel. Warum hat nur der Landwirt ein Anrecht auf staatliche Zuschüsse aus Steuermitteln?
      Viele Fragen, und leider keine Antworten. Ich halte mich nicht für kompetent genug, eine persönliche und begründete Empfehlung zu geben. Daher bin ich für Deine Hinweise und Vorschläge natürlich wie immer sehr dankbar.
      Einen schönen dritten Advent wünscht Dir
      Frodo

      Kommentar


      • RE: Subventionen / Petronius


        hi frodo,

        lassen wir mal die kirche im dorf. was ich hier verkünde, ist ja nicht meine private weisheit. an diesen produktionsmengenunabhängigen subventionen bastelt ja die eu-agrarkommission (fischler) schon seit längerem, und auch frau künast ist das ganze nicht unbekannt

        es geht also nicht um meine hinweise und vorschläge


        du sprichst schon die richtigen fragen an:

        wie soll der verteilerschlüssel aussehen? rein auf betriebsgröße bezogen (hektar), würde er die agrarischen großunternehmen bevorzugen. nun ist großbetrieb nicht gleich massentierhaltung und intensiv-landbau (es gibt auch große biobetriebe) und bieten großbetriebe (z.b. in ostdeutschland) natürlich auch arbeitsplätze. deshalb scheint mir hier die einbeziehung der beschäftigtenanzahl erforderlich

        die existenzsubvention soll nicht den überschweren mähdrescher finanzieren, sondern den landwirt (und seine mitarbeiter), der das land bestellt und für uns als kulturlandschaft erhält. entsprechende vorschläge für einen gemischten verteilerschlüssel existieren (auch wenn ich das jetzt aus dem gedächtnis nicht belegen kann)

        somit sind wir bei der gegenleistung, die zu fordern wäre. ich denke schon, daß im gegenzug zur existenzsicherung auflagen an die landwirtschaft gerechtfertigt wären. aber ich würde hier erst mal versuchen, es dem markt zu überlassen, daß die landwirte in sinnvollere nischen ausweichen, als es das intensive weiterprozieren von lebensmitteln wäre, die auf dem lokalen oder weltmarkt keinen profit erbringen. sollte das nicht klappen, hätte die allgemeinheit, deren geld es ja kostet, durchaus das recht, durch entsprechende auflagen mitzubestimmen, was zu ihrem wohl ist

        gerechtigkeit für tante emma - ein sehr schöner, plakativer vergleich. geht nur leider völlig an der realität vorbei. tante emma ist noch nie von uns subventioniert worden - so ungerecht das auch sein mag. die landwirtschaft zu subventionieren, haben wir uns aber schon vor langem entschlossen. daß der großteil des eu-budgets in die agrarsubventionen fließt, ist seit jahrzehnten fakt und auch sattsam bekannt. der versuch, hier für eine sinnvollere mittelverwendung zu sorgen, kann nur richtig sein. gerechtigkeit für tante emma wäre der sofortige stopp jeder subventionierung und damit der zusammenbruch der landwirtschaft. davon hat sie auch nichts

        ich glaube also schon, daß es sich lohnt, weiter in diese richtung zu denken. auch wenn natürlich die profiteure der derzeitigen situation (in erster linie kapitalintensive, massenproduzierende großbetriebe) sich gegen jede reform stellen. die traurigste rolle spielt dabei der bauernverband (wie heißt es so schön? nur die dümmsten kälber suchen sich ihre metzger selber)

        grüße

        vom arbiter

        Kommentar



        • RE: Subventionen / Petronius


          Hallo Petronius.

          >an diesen produktionsmengenunabhängigen subventionen bastelt ja die eu-agrarkommission (fischler) schon seit längerem, und auch frau künast ist das ganze nicht unbekannt <
          ----------------------------------------------
          Hast Du eune Erklärung dafür, dass mich das eher nervös macht als zu beruhigen? ;-))

          >tante emma ist noch nie von uns subventioniert worden<
          ---------------------------------------------
          Ja, das war sicher ein dummer Vergleich. Ich hatte nur noch so den Gedanken im Hinterkopf, einmal etwas von Gleichbehandlung gehört zu haben. Und die Alte ist ja selber schuld, wenn sie jetzt weit ins Grüne fahren muss, um dort einen Supermarkt zu finden. Hätte sich eben bei Zeiten um eine Lobby bemühen sollen...............

          So ist nunmal das Leben.

          VG Frodo

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          • RE: Subventionen / Petronius


            lieber frodo,

            worauf willst du eigentlich hinaus?

            man kann natürlich an allem rummäkeln. und das umso freier, je weniger interesse man daran hat, auch positive alternativen zu entwickeln

            ich hatte dich eigentlich nicht als miesmacher eingeschätzt

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            • RE: Subventionen / Petronius


              Hi Petronius.

              >ich hatte dich eigentlich nicht als miesmacher eingeschätzt <
              -------------------------------------------------
              Ich hoffe natürlich sehr, dass das auch so bleibt :-))

              Ich wollte nur anregen, einmal darüber nach zu denken, ob es sinnvoll und richtig ist, einen einzelnen Berufszweig in derartigem Umfang entgegen jedem Markttrend zu stützen, wärend alle anderen weiterhin mehr oder weniger sich selbst überlassen bleiben.
              Auch ich finde die derzeitge Diskussion über eine Änderung der Subventionsmodi spannend. Allerdings erwarte ich keine großen und vor allem erforderlichen Änderungen. Seit ich mich auf Butterberge retten musste, um nicht in Milchseen zu ertrinken, hat mein Vertrauen in die Wirtschaftspolitik der EU etwas gelitten. Auch das derzeitige Mautchaos ist nicht geeignet, Vertrauen neu her zustellen.
              Noch einmal: Ich möchtge hier nichts schlecht reden. Im Gegenteil, ich würde mich sehr freuen, wenn vernünftige und gehbare Wege gefünden würden. Mein Magendrücken ist auch nicht personenbezogen. Generell, wenn Politiker mit Blick statt auf den Markt auf Wählerstimmen schielen und dann massiv in die Wirtschaft eingreifen, beschleicht mich immer ein etwas ungutes Gefühl.
              Da ich aber leider keine Komplettlösung anbieten kann, bitte ich Dich nur um den weihnachtlichen Frieden.

              VG Frodo

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